Von Siegfried Weischenberg
Erst spät machte er die Entdeckung, zum Journalisten ›geboren‹ zu sein – nach einem abenteuerlichen Leben in jungen Jahren, das dem Wiener Juden durch die Zeitläufte aufgezwungen worden war. Zur ›Medienlegende‹ wurde er dann vor allem durch Porträts von Personen, die er auf den Straßen von Paris entdeckte hatte. Georg Stefan Troller, der so das Hörfunk- und später Fernseh-Interview zu einem eigenen Stilmittel entwickelte, ist dort im Alter von 103 Jahren gestorben.
Der ›Flaneur‹ ist als historische Figur sozusagen eine Pariser Erfindung. Damit ist die landläufige Vorstellung von einem Menschen verbunden, der ziellos durch die Straßen und insbesondere die vielen Passagen der französischen Hauptstadt streift, mal hier, mal dort guckt, ohne besondere Absichten und eigentlich ohne den Ehrgeiz, mehr als ein paar zufällige Eindrücke aufzuschnappen (vgl. Mönninger 2004: 73f.). Doch damit wird er unterschätzt, werden seine möglichen Intentionen unterschlagen, nämlich, ohne Raum- und Zeitdruck eine Großstadt und ihre Bewohner kennenzulernen und Dinge zu entdecken, die sich dem gehetzten Passanten verschließen. »Der Flaneur ist der ultimative Bewohner der Passagen, die Stadt und ihre Bewohner analysierend«, heißt es in einem Aufsatz, der Walter Benjamin als sozial-und kulturwissenschaftlichen Entdecker dieser Figur identifiziert und hervorhebt, dass er bei seiner Beschreibung des Flanierens als Kunstform neben dem Detektiv auch den Journalisten erwähnt hat (Hartmann 2006: 299). Bei ihm selbst liest man dazu: »Der Journalist verhält sich als flâneur so, als ob auch er es wüßte.« Und weiter: Er lasse »es sich angelegen sein, Mußestunden auf dem Boulevard als einen Teil von ihr [der Arbeitszeit] erscheinen zu lassen.« (Benjamin 1991: 559)
Die Chance, als journalistischer ›Flaneur‹ die Pariser Welt mit Hilfe von Personen-Porträts zu erschließen, hat aus deutscher Sicht niemand so genau erkannt und dann in ein überaus erfolgreiches Fernsehformat umzusetzen verstanden wie Georg Stefan Troller, der bis ins sehr hohe Alter seiner Berufung als Beobachter von Menschen und Entdecker ihrer Geheimnisse nachging. Dabei stand stets im Vordergrund, so hat er immer wieder hervorgehoben, etwas über sich selbst herauszufinden; als Selbstbeschreibung hat er seine Erinnerungen präsentiert. Was seinen ›persönlichen Journalismus‹ unterscheidbar machte, beschrieb er in der ergänzten Neuauflage, die zwei Jahrzehnte später erschienen ist, sehr drastisch als »Menschenfresserei«, bei der »wir uns vom warmen Blut unserer Beute« ernähren, »um uns selbst damit zu stärken«. Dies sei »der psychologische Vorgang, welches Schutzmäntelchen immer wir ihm umhängen mögen: das der Aufklärung, des Mitleidens oder auch der Sozialreportage« (Troller 2009: 343).
Die französische Hauptstadt Paris war für den damaligen Mittzwanziger nach dem Zweiten Weltkrieg nur widerwillig zu seiner zweiten Heimat geworden; eigentlich wollte er ganz zurück in die österreichische Hauptstadt Wien, wo er als zweiter Sohn eines jüdischen Pelzhändlers, der aus Brünn stammte, auf die Welt gekommen war. »Nie werde ich, in Berlin, Paris oder New York, anders fühlen können denn als Wiener«, bekennt er in seiner Autobiographie gleich zu Beginn. Aber: »Wie alle Wiener, habe ich Wien jederzeit ebenso glühend geliebt wie gehaßt, was zweifellos fruchtbar ist. Gleichgültig ließ mich die Stadt nie, aus der ich mit siebzehn hinausmußte.«[1] Als er nach seinen drei Jahren als ›Schlachtenbummler‹ in der US-Army, die sich mit ihm als ›Private Troller‹ (»ohne einen Schuß abzufeuern«) von Italien nach Frankreich und dann ins besiegte Deutschland hochkämpft, auf den Spuren seines Idols B. Traven ohne Geld in Lateinamerika unterwegs ist, trifft er einen ehemaligen Hautarzt, der ebenfalls aus der Heimat seines Vaters kommt, und berichtet dann in seinen Erinnerungen: »Brünn ist zwar eine Kleinstadt, aber eine voller Genies.« Konkret nennt er zwei Beispiele – und dies ist nicht untypisch für Trollers grundsätzlich ironische Erzählweise: »Einer war neapolitanischer Volkssänger in London. Ein anderer Cowboy in Wyoming.« Und diese Zufallsbekanntschaft nun arbeitet als ›Hygiene-Inspektor‹ in Guatemala.
Karl Troller, der Vater, scheitert mit dem Versuch, aus seinem Sohn ebenfalls einen Pelzhändler zu machen – später dann noch einmal, als beide in den USA im Exil leben. Immerhin hatte der Sohn aber als kleiner Dichter auf die Rückseite von Vaters Visitenkarte den Reim geschrieben: »Kaufst Du nicht die Troller-Felle, so erfrierst du auf der Stelle.« Für so etwas liebten sie das ›Nestküken‹ in der Familie. Der begabte Knabe wird von den Eltern gelobt und »von den diversen Tanten zärtlich in die Wange gekneipt … die Vorbedingung so vieler jüdischer Erfolgsstories«, schreibt der später berühmte Fernsehmann. Allerdings sehe er ›prononciert‹ jüdisch aus, meint die Verwandtschaft – und das in einer Zeit, da die höchste Anerkennung, die Wiener zu vergeben hatten, lautete: »Er sieht nicht aus wie ein Jud.«
Doch aus dem dummen Gerede wird bald auch in Österreich bitterer Ernst. Gerade war der Heranwachsende zum ›Krausianer‹ geworden, der so ein Künstler werden wollte wie Karl Kraus, da hingen auch die Österreicher an den Lippen ihres Landmanns Adolf Hitler und jubelten ihm am Ring und am Heldenplatz zu Hundertausenden zu, und da liefen auch die Poeten »mit fliegenden Hosenträgern« zum ›Dritten Reich‹ über. Und er hört im Radio den Sprechchor: »Lieber Führer, sei so nett und zeige dich am Fensterbrett!« Nun erkennt er, was ihn von den ›Ariern‹ trennt. Das war nicht Religion oder Rasse: »Was mich anders machte, war einfach, dass ich aus irgendeinem unfindlichen Grund diese Sprache nicht konnte. Dieses wollüstige, knechtselige Speichellecken, Katzbuckeln, Parieren, Duckmäusern, Beweihräuchern, Beflissensein, Positivsein, Einer-Meinung-Sein, Dabeiseinwollen, Mittunmüssen, Mitmarschieren, Mitbrüllen, Mitstrafen, Mitmorden …« Darin war all das enthalten, was schließlich zur Katastrophe führte. »In der Leopoldstraße, dem Getto der ärmeren Juden, wütete das goldene Wienerherz«, berichtet er. »Die Hetz wandelte sich zur Hatz, auch das stand schon bei Karl Kraus«, weiß er. Sein ganzes Leben änderte sich dann schlagartig mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. »Es war der 11. März 1938, das Ende meiner Kindheit«, hält er lakonisch fest.
Bald schon stellt sich für ihn und seine Familie die Austrittsfrage aus dem großdeutschen Reich. Zunächst geht es zu Verwandten nach Brünn (in seinem Gepäck nur ein Buch – des verehrten Karl Kraus’ Letzte Tage der Menschheit) und dann schon bald weiter nach Paris. Doch auch die französische Hauptstadt erweist sich als schwieriges Pflaster. Bald, nach Kriegsbeginn, werden Vater und Sohn interniert. Als es nach dem deutschen Einmarsch zum Waffenstillstand kommt, droht der Abtransport in ein Konzentrationslager. Doch der Familie gelingt es, sich nach Südfrankreich abzusetzen. Vater und Mutter konnten später über Portugal entkommen; sie gehörten zu den Letzten, denen die Flucht aus Europa gelang. Auch der Sohn schaffte es in Marseille, ein Visum für die USA zu ergattern. Eigentlich standen seine Chancen dafür schlecht, denn er gehörte nicht zu den Personen, die für das von Varian Fry vermittelte ›Künstlernotvisum‹ in Frage kamen, das vielen bekannten deutschen Schriftsteller:innen und Journalist:innen zum Lebensretter wurde (vgl. Wittstock 2024). Doch auch diesmal helfen Georg Stefan Troller Glück und die persönlichen Kontakte des Vaters. Außerdem ist der zuständige Vizekonsul der Auffassung: »Amerika braucht Soldaten.« Vorher hatte er ihn gefragt, ob er Kommunist sei. »›Yes, yes!‹ schrie ich begeistert, weil ich kein Wort verstand. Der Vizekonsul besaß die schönste aller Tugenden: Humor. Er lachte und drückte den Stempel auf das paradiesische Papier, dazu das Datum: 12. Mai 1941.« (Troller 1988: 126f.)
Erst nach mehr als zwei Monaten landet er in New York, nachdem er zuvor mit einem Seelenverkäufer namens Wyoming in Casablanca ›gestrandet‹ war – wo aber weder Humphrey Bogart noch Ingrid Bergman in Rick’s Café warteten. Nach dem Zwangsaufenthalt in einem Hüttenlager der Fremdenlegion geht es schließlich nach Wochen mit einem anderen Schiff weiter. Im Hafen war Troller von einem Schwarm von Reportern empfangen worden, die sich jedoch nur für Berühmtheiten wie Albert Einstein oder Arturo Toscanini interessierten, ersatzweise Golo Mann, den Sohn des Literatur-Nobelpreisträgers, und Heinrich, den Bruder. Schnell findet er einen Job, landet dann aber im Krankenhaus, weil er sich in Marokko Paratyphus eingefangen hat. Immerhin gibt es dort »ein paar weißgekleidete Karbolgirls«, wie er berichtet.
Nun macht er die Bekanntschaft von Emigranten, die in Deutschland eine große Nummer waren, hier beruflich aber deutlich kleinere Brötchen backen müssen. Natürlich gibt es darunter auch Hochstapler, die mit folgender Anekdote vorgeführt werden: »Zwei Dackel treffen sich auf der Amsterdam Avenue. Sagt der eine zum andern: Wissen Sie, drüben in Europa war ich Bernhardiner.« Auf dieser Linie versucht er nun sein Glück bei der berühmten Exilzeitung Aufbau, die am liebsten Aufsätze berühmter deutschsprachiger Autoren wie Thomas und Heinrich Mann, Feuchtwanger, Werfel, Mehring, Kesten und Polgar druckt. Doch da er »noch nie eine Zeile Journalismus ausgebrütet hatte«, wurde er dort schon vom Türsteher abgewimmelt. Auch ein Versuch bei dem Nachmittagsblatt PM scheitert, dem Leib- und Magenblatt New Yorker Intellektueller, das ohnehin nur eine kurze Zeit erscheint, so dass er mal erst als »Buchbinder an der Maschine« arbeitet, »ungefähr der schäbigste Job, den New York zu vergeben hatte«. In der Rolle eines Exilanten sieht sich der Zwanzigjährige nicht, und er behauptet, dass er das Wort niemals benutzt hat: »Eine viel zu hochgestochene Vokabel für unseren würdelosen Rausschmiß«, findet er. Im Unterschied zu bekannten Figuren wie etwa Bertolt Brecht hätten Leute wie er die Vertreibung als etwas Endgültiges und Unwiderrufliches empfunden, »ohne daß uns das bei der Identitätsfindung viel weitergebracht hätte«. Einerseits findet er schon, dass er eigentlich »vor Seligkeit bersten« müsste, »gerettet und in den USA zu sein«. Andererseits aber fremdelt er mit der Neuen Welt, in der »so etwas wie der Totalitarismus der Konformität« herrscht.
Etwas Englisch will er zu diesem Zeitpunkt nur für den Broterwerb lernen. Wie die anderen Emigranten mit jüdischen Wurzeln bekennt er: »Meine Sprache blieb Deutsch.« Das Deutsch der Letzten Tage von Karl Kraus – das er freilich so verinnerlicht hatte, bis er »aus lauter verbaler Aggressivität« seine wenigen Freunde los war. »Danach habe ich Kraus mit Gewalt auf Jahre beiseite gelegt«, berichtet er, »und wurde fast ein verträglicher Mensch!« Offen gesteht er: »Ich kann mich nicht erinnern, daß ich mich in New York um das Schicksal der europäischen Judenheit sehr gesorgt hätte.« Durch ›Pearl Harbour‹, den Angriff der Japaner auf die in Hawaii stationierte amerikanische Pazifikflotte, änderte sich dann auch für Georg Stefan Troller alles – drei Tage vor seinem zwanzigsten Geburtstag. Damit werden ihm lange hinausgeschobene Entscheidungen, die sein weiteres Leben betrafen, abgenommen: »Die bequemste Lösung und einer der Gründe für die allseitige Beliebtheit von Kriegen«, stellt er nüchtern fest. Der junge Mann ist sich sicher, »daß die U. S. Army auf die Dauer nicht ohne mich auskommen konnte«.
Doch ehe es zu seiner Einberufung kommt, vergeht noch ein weiteres Jahr. Nach Vermittlung der Grundlagen des Kriegshandwerks durch einen der typischen Schleifer und Bewährung beim Küchendienst wird er aber immer noch nicht an die Front geschickt. Was ist da los? Man misstraut ihm, weil er einem Kameraden im Scherz gesteckt hatte, er sei ein persönlicher Freund von Adolf Hitler; das steht nun in seiner Akte. Nachdem das geklärt ist, wird er von einem Colonel »überseetauglich geschrieben« – und geht zunächst in Casablanca an Land, das ihm ja von seiner Reise ins Exil vertraut ist. Doch: »Als Kafkas Mistkäfer hatte ich die alte Welt verlassen, als Gary Cooper kehre ich wieder.« Seine »höchstpersönliche Rückeroberung« hatte begonnen. In der US-Armee lernt er nun zunächst auch, welche Rolle die Schwarzen hier spielen dürfen. Sie werden grundsätzlich nur als Köche, Fahrer und Nachschub eingesetzt, denn, so merkt er ironisch an, »Amerika sieht sie als die geborenen Dienstleister«.
Bald geht es nach Italien. Man landet in Neapel, wo es zu einem ›Engagement‹ mit Langzeitfolgen für Troller kommt: Er wird auf Grund seiner Sprachkenntnisse in das Team berufen, das deutsche und österreichische Kriegsgefangene im ›Prisoner Cage‹ befragt. Hier lernt er, was man aus Menschen herausholt, die etwas verbergen wollen. »›Na, rücken Sie schon raus, Mann,‹ sage ich, und er schenkt mir unverdrossen alles, was er in sich hat.« Mit einiger Erfahrung findet er heraus, welche Methode die erfolgreichste ist. »Diese ›Interviewtechnik‹, basierend auf dem einfühlsamen, vielleicht weiblicheren Teil meiner Natur, wird mir noch gut zustatten kommen«, weiß er im Rückblick. Er lernt dabei freilich auch, wie gut die Reduktion kognitiver Dissonanz bei den geschlagenen Feinden schon funktioniert: »Es gibt keine Nazis. Es gibt keine KZ. Es gibt keine SA, keine SS, keine Gestapo, auch keine Partei mit Rängen und Gliederungen. Alles Mumpitz.« Solche Ignoranz empört den Juden Troller, der seine Heimat verlassen musste: »Ich fühle mich um meinen Haß betrogen.« Was er da erlebt, sei »nicht nur blamabel für die Krauts« gewesen, findet er, »sondern auch für mich« – seit er gelernt hat, dass er es mit »willfährigen Kriechern« zu tun hatte. Nach Monaten gelingt der amerikanischen Armee dann endlich im Frühjahr 1944 der Durchbruch am Monte Cassino, ungefähr gleichzeitig mit der Invasion in der Normandie. Allmählich ist ein Ende des Zweiten Weltkriegs absehbar, auch wenn sich die deutsche Armee weiterhin verbissen wehrt. Troller landet nun in Frankreich und erobert dort zunächst den Badestrand von Saint Tropez, wo diesmal niemand Stempel und Visum von ihm verlangt, wie er erleichtert vermerkt. Geändert hat sich inzwischen sein ›Sprachgefühl‹: »Ich brauche eure verfluchte Sprache nicht mehr«, schreibt er den Deutschen ins Stammbuch, »oder doch nur für den Hausgebrauch, um euch fertigzumachen«, fügt er hinzu. »Denn ich gehöre zur Sprache der Sieger! Ja, das ist es. Amerikanisch siegt gegen Deutsch, das wird der Nettogewinn des Krieges sein. Diese geschmeidige, demokratische Einsilbersprache über euer sprödes, verbogenes und verlogenes Idiom.«
Dann geht es »im Blitzkriegstempo« weiter nach Norden, wo, wie immer, Frauen seinen Weg säumen. Also wird nicht nur Straßburg erobert. Und schließlich erobert er auch eine Leica, die ein eingeschlafener deutscher Gefreiter um den Hals trägt. Dadurch wird Georg Stefan Troller zum Bildmann, der, wie stets, ironisch gesteht: »Wie viele Soldaten, wenn sie nicht unmittelbar mit Sterben befaßt sind, liebte ich den Krieg. Krieg ist die Fortsetzung der Jugend mit anderen Mitteln.« Der Zeitung PM schickt er nun eine Kurzgeschichte über einen von ihm angeführten Spähtrupp, für die er einen Scheck erhält. Doch das Blatt macht dicht, ehe die Story erscheint: »Das verzögerte mein erstes Druckerlebnis um unerträgliche Monate …« Trotz der Kamera, die er dem Feind entrissenen hat, ist es für eine Karriere als Kriegsfotograf zu spät. Doch Troller zieht umher, um ziemlich abstrakt wirkende Bilder von den Folgen des Krieges zu schießen, wie zum Beispiel »vertwistete Eisenbahnschienen«. Auch ein Job als Newsfilmer ist nicht zu ergattern, aber immerhin der eines Dolmetschers für ein amerikanisches Wochenschau-Team. Dadurch hat er sogar einen kurzen Auftritt in einem Dokumentarfilm.
Zufällig trifft er seinen Schulwart aus Wiener Gymnasiums-Zeiten, der, Nazi durch und durch, damals einen seiner Lehrer schikaniert hatte. Dafür lässt er ihn nun ein verdrecktes Klo reinigen. Erneut macht er bei einer Vernehmung die Erfahrung, wie bereitwillig Informanten in den letzten Tagen des Krieges mit dem Wissen über ihre Aktionen herausrücken. »Das war die Kehrseite des deutschen Herrenmenschentums«, urteilt er. »Die Pedanterie des wohlgetanen Werks wurde zum Selbstzweck.« So erklärt er sich auch »die Reuelosigkeit so vieler verantwortlicher Machthaber«. Konkret nennt er Generäle, Parteibonzen, Industrielle, Juristen sowie Ärzte »bis hin zu den Barbies und Eichmanns«. Vervollständigt wird seine Liste durch die Journalisten. Als er dann, unvorsichtig, in einer Vorhut bei Worms im Schlauchboot den Rhein passieren will, wird er doch noch in den Krieg hineingezogen. Vom anderen Ufer schießt man auf ihn. »Auf mich! Wo ich doch gar nicht an der Kriegshandlung beteiligt war, ein unschuldiger Schlachtenbummler!«
Zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung seiner Autobiographie stellt ihm ein Journalist die listige Frage, ob ohne diese harte Schule des Lebens, die er durchlitten und nun aufgearbeitet hat, »vielleicht nur ein unauffälliger 08/15-Journalist« aus ihm geworden wäre. Troller reagiert darauf sehr ernst und holt dabei weiter aus: »Es ging doch immer darum, dass Emigration Identitätsverlust bedeutet. Dass man nach den Jahren des Identitätsverlusts und des Herumgetriebenwerdens gar nicht mehr weiß, wer man selber ist. Was einem zusteht auf dieser Welt. Das Gefühl, zu nichts berechtigt zu sein… Lebensangst, Isolation, sich zurückziehen – das war die total negative Voraussetzung für das, was ich später geworden bin. Weil ich diese ungeheure Leere, dieses Manko an Selbstgefühl irgendwie füllen musste.« (Mischke 2009)
Mit dem schwierigen Geschäft der ›Entnazifizierung‹ will Troller, nun Mitte Zwanzig, nichts weiter zu tun haben und heuert bei Radio München an, »wo ich Gründungsmitglied Nummer sieben des späteren Bayerischen Rundfunks wurde, wie Hitler der Deutschen Arbeiterpartei.« Den Job bekommt er, weil er beim Einstellungsgespräch die Fangfrage nach dem Namen des amerikanischen Vizepräsidenten beantworten kann. Die ›Umerziehung der Deutschen‹, das große Alliierten-Projekt jener Tage, beschränkte sich auf politische Kurzkommentare, berichtet der journalistische Newcomer. Ihm missfällt, dass sich Radio München schnell zum populären Unterhaltungssender »mit Musik und Remmidemmi« wandelt; deshalb sucht er nach einer anspruchsvolleren Alternative. Die findet er bei der Neuen Zeitung in der Schwabinger Schellingstraße, dem früheren Druckort des Völkischen Beobachters. Eigentlich wollte er ins Feuilleton zu dem berühmten Schriftsteller Erich Kästner, aber dahin seien damals nur »gewiefte Schreiber« gekommen. So bleibt er Reporter, »wozu ich mangels präziser Beobachtungsgabe wenig Eignung besaß«, stellt er sein Licht unter den Scheffel. Bei der renommierten Zeitung hält er es aber nicht allzu lange aus. Obwohl es ihm eigentlich an nichts fehlt, wartet er auf das, was er »einen Ruf« nennt. Wie wohl so mancher Ex-Emigrant vermisst er jetzt das »satte Gefühl der Heimkehr. Der Wiederkehr. Des Neuanfangs, nein, der Neugeburt«. Noch anspruchsvoller: »Aus dem neuen Deutschland mußte prinzipiell ein neuer Troller entstehen.« So nimmt er einen Monat Urlaub und fährt mit einem Freund per Anhalter dahin, wo er niemals wieder sein wollte: in die Heimatstadt Wien, das damals von den Sowjets kontrolliert wird. Doch in Österreich fällt er in »ein bodenloses Regressionsloch«. In Wien findet er den Stephansdom ausgebrannt, ebenso Oper und Burgtheater. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit streift er durch die Stadt, an die Plätze seiner Jugend.
Nun rechnet er mit seiner alten Heimat ab, zählt Landsleute auf, die »in der Nazipartei reichlich überrepräsentiert waren. Auch in der SS. Auch in der Gestapo. Und unter den Gauleitern und Reichskommissaren.« Leute wie Kaltenbrunner und Höß, der Kommandant von Auschwitz, sowie Seidl, der von Theresienstadt, und Brunner, der die letzten Wiener Juden dorthin geschafft hat. Schließlich »der Wahl-Österreicher Eichmann, der ›Endlöser der Judenfrage‹«. Für das, was da passiert ist, findet Troller die Formel: »Die Deutschen, so hieß es, seien Antisemiten geworden, weil sie Nazis waren. Bei den Österreichern umgekehrt.« Nun stellt er fest, dass man dabei ist, das alles unter den Teppich zu kehren: »Eine Koalition des Totschweigens.« Sie hat dann jahrzehntelang funktioniert. Bald geht es zurück nach München zur Neuen Zeitung, deren Chefredakteur Hans Wallenberg das Verdienst zukommt, ›den‹ Troller entdeckt zu haben. Wallenberg will von ihm ›Personality-Stories‹ haben, weil er darin die besondere Stärke des jungen Kollegen erkannt hat. Bei diesem Genre ist er dann sein ganzes Journalistenleben lang geblieben. »Ich berichtete über jeden Menschen, als sei er eine Dramen- oder Filmfigur. Sie ›stimmten‹, sie ›gingen sich aus‹«, schreibt er im Rückblick. »Meine Interviews stellten sich als Dialoge dar, meine Reportagen als Drehbücher.« Selbstbewusst fügt er hinzu: »Ob die Betroffenen sich darin wiedererkannten, kümmerte mich wenig.«
Doch schon bald unterbricht er die so aussichtsreich begonnene journalistische Karriere und kehrt in die USA zurück, zunächst zwecks Ausmusterung. Nun präsentiert ihm der Vater, der in New York geblieben ist, seine alte Lieblingsidee für die Zukunft des Sohnes: sein Glück in der Pelzbranche zu versuchen (ersatzweise in der ›Konfektion‹). Da sucht Georg Stefan Troller schnell das Weite und investiert die 10.000 Dollar, die ihm als Kriegsveteran zustehen, in ein Hochschulstudium im fernen Kalifornien. Beim Trampen gen Westen wird er einmal vom Filmstar Hedy Lamarr mitgenommen, die damals als schönste Frau der Welt gilt. Natürlich wusste er, dass sie durch ihren Nacktauftritt in dem Stummfilm Ekstase berühmt geworden war, aber eigentlich kannte er sie schon aus Wien, als sie noch Kiesler hieß und er bei ihr drei Autogramme erbettelte, die er gegen eines des von ihm verehrten österreichischen Fußballgotts Matthias Sindelar eintauschen konnte. Doch an diese Jahre will sie nicht mehr erinnert werden: »Filmstars hatten damals keine Vergangenheit, schon gar keine jüdische!« Troller lernt jetzt ein ganz anderes, leichteres Leben kennen, und er liebt es, »dieses hedonistische Narrenparadies«. Seinen Nachkriegsplan, ein ganz neuer Mensch zu werden, hat er längst aufgegeben und folgt nun dem Mantra »Sei, der du bist«. In der kalifornischen Sonne geht es ihm darum, ›sich leben zu lassen‹ – am besten mit Filmsternchen, die sich freilich als Kellnerinnen entpuppen. Zur vollen Glückseligkeit fehlt dann nur noch ein offenes Cabriolet. Davon träumt Troller, nach all den Traumata der vergangenen Jahre.
Gierig saugt er das Wissen auf, das die ›Liberal Arts‹ zu bieten haben, genießt das Leben und wechselt dann noch in den Norden an die Berkeley University in San Francisco. Dorthin gelangt er mit dem Greyhound Bus über Carmel, das viele Jahre später durch seinen Bürgermeister Clint Eastwood Berühmtheit erlangte. Unterwegs nimmt er die wunderschöne Landschaft kaum wahr, weil er den Roman Radetzkymarsch von Joseph Roth liest. »Ein Autor«, gesteht er, »dem ich leicht in Wien, in Prag und später in Paris hätte begegnen können, von dem ich aber weiter nichts wußte.« Nach dem Examen macht er sich dann fast ohne Geld (80 Dollar) auf den Weg in den Süden, ein Trip, den Troller fast in der Form eines Road-Movies beschreibt. Vorbereitet hat er sich durch ein Uni-Seminar über D. H. Lawrence, was sich insofern auszahlt, als er später in New Mexiko dessen schillernde Witwe Frieda, geborene von Richthofen, trifft und in ihrer ganzen Schrulligkeit erlebt. Und durch die Beschäftigung mit dem legendären Autor B. Traven, dessen Buch Der Schatz der Sierra Madre gerade in Mexiko von John Huston mit Humphrey Bogart als Hauptdarsteller verfilmt wird. Traven will er dort aufspüren, weil dieser angeblich als Berater an dem Filmprojekt beteiligt ist. Doch die Jagd nach seinem Idol gibt er bald auf, weil er erkennt: »Ich war kein ›gottbegnadeter Rechercheur‹ wie der Traven-Forscher des ›stern‹ (und Erfinder seiner Hitler-Tagebücher) Gerd Heidemann.« Jahre später besucht er dann Travens Witwe in Mexico City. Weiter geht es stattdessen nach Guatemala, wo ihm von einem falschen Freund die Leica mitsamt den Filmen gestohlen wird. Doch diesen Verlust empfindet er schnell als Erlösung, weil er nun die Augen wirklich öffnen kann für sein Reise-Abenteuer und nicht durch die Manie gehemmt wird, »nur ja alles zum Beweis meiner Weltläufigkeit abzulichten und dabei Schärfentiefe und Parallaxe nicht zu vergessen«.
Nun kann er seinem Drang, als Flaneur die Welt zu erkunden, freien Lauf lassen. Doch diese Reise ist auch ein Selbsterfahrungstrip, nachdem er sich eingestehen muss, dass ihm bisher eigentlich nur das Überleben irgendwie gelungen ist. Er erkennt, dass ihm im Gegensatz zu den Abenteuerheroen, die er bewundert, der Mut zum Unbedingten fehlt. »Ich gab nur Gastvorstelllungen«, gesteht er sich ein, »legte Rollen hin.« Und dann folgen die entscheidenden Sätze, die sein weiteres Leben vorwegnehmen: »Was ich nie hatte werden wollen, erwies sich als mein hauptsächliches Talent. Ich war zum Journalisten geboren. Und konnte nur hoffen, diesen Beruf mit etwas zu verbinden, dass meinen schweifenden Sehnsüchten und Einbildungen gerecht wurde.« Diese Hoffnung ging schon bald in Erfüllung. Zunächst muss er, der außer seiner Studienkarte keine Papiere besitzt, erst einmal aus Guatemala herauskommen. Er erfindet eine Geschichte und schafft es, dass ihm der »kreuzbiedere US-Konsul« in der Hauptstadt ein Papier für die Ausreise stempelt und zwanzig Dollar leiht, »gegen das heilige Versprechen, sie umgehend zurückzuzahlen. Dazu hatte ich die feste Absicht und habe sie noch heute«, versichert er. Zurück in New York, erfährt er, dass es nun ein Fulbright-Stipendium gibt, mit dem man in England oder Frankreich bequem studieren kann. Er bewirbt sich für Paris, »aber im Grunde wollte ich woanders hin«. Nämlich in die Heimatstadt Wien, »weil ich offenbar diese Stadt noch nicht ausgestanden hatte«. Dafür führt er eine sozusagen philosophische Begründung ins Feld: »Es ist immer das Unausgelebte, und das Unausgeliebte, das uns am verführerischsten umstrickt.«
In Southampton sieht er nach Jahren seinen älteren Bruder Herbert wieder, der die Nazi-Ära in England überlebt hatte. Natürlich hat der Jüngere viel zu berichten. »Ich erzähle überpointiert Schnurriges aus meiner laufenden Biographie, was er leicht geistesabwesend belacht.« Nur manchmal habe der Bruder moniert, so ganz könne das ja wohl nicht stimmen, was er ihm da als Wahrheit verkaufe. Seine Reaktion: »Da bin ich verstimmt, denn ich lasse mich doch nicht auf idiotische Details festnageln.« Immerhin hat er seit seinen Soldatentagen an der Front Tagebuch geführt, wie er viele Jahre später in einem Interview verrät. Solche Notizen, die der U.S.-Soldat auf Deutsch niederschrieb, waren damals wegen der Gefahr von Geheimnisverrat streng verboten. Das Fulbright-Stipendium wird genehmigt, aber nicht für Wien, sondern für Paris. Widerspruch zwecklos. Das verändert alles – zu seinem Glück. Auch, weil er in den Österreicherinnen und Österreichern im Grunde immer noch die schlimmeren, auf jeden Fall unbelehrbaren und unbekehrbaren Nazis sieht.
An der Pariser Sorbonne findet er dann ganz schnell einen Doktorvater. Einziger Haken: Der Germanist erwartet einen Dissertationstext von eintausend Seiten und zudem eine ›Kleine These‹ von ca. 300 Seiten. Dafür sind drei bis vier Jahre zu veranschlagen. Troller rechnet aus, dass er bei der Abgabe des Manuskripts, das ohnehin kein Mensch je lesen wird, über 30 ist. »Danach betrat ich die Sorbonne nicht wieder.« Die Universität sieht ihn nur noch, wenn er die Anweisung der Stipendien-Dollars sicherstellt. Nun widmet er sich ganz dem Journalismus und den Frauen – auch denen, die damals zwischen Oper und Madeleine promenieren. »Bald kannte ich das ganze Linke Ufer, ohne daß mich einer zurückkannte: ein Zaungast in Paris.« Das ›Zurückkennen‹ wird sich später ändern; was nun erst richtig virulent wird und bleibt, ist der ›Flaneur Troller‹. Am Anfang steht dabei das Medium Radio und das aus den USA übernommene und dort beliebte Programm Answer Men, wobei er die Version für österreichische Hörerinnen und Hörer betreuen muss. Diese sollten alle möglichen Fragen liefern, die dann am Mikrophon beantwortet wurden. So weit die Theorie. In der Praxis kam von den realen Fragen so gut wie nichts ins Programm, berichtet Troller. »Die realen Fragen befaßten sich zur Gänze mit den Ewigkeitsthemen Geld, Liebe und Haarausfall«, ergänzt er. Außerdem gab es fiktive Fragen nach Markenartikeln, um den Interessen der Sponsoren gerecht zu werden. Das ist auf Dauer kein Renner. Hinzu kommt: »Womit die Besitzerin des Programms, Mrs. Madison – eine amerikanische Lesbe von Catcherausmaßen – nicht gerechnet hat, ist die europäische Sprachverwirrung. Statt eines Programms hat sie ein Dutzend auf dem Hals.«
Die Sendung taugt im Grunde nichts, aber führt bei ihm doch zu einer Verwandlung – nicht in einen Käfer, wie bei Kafka, sondern in einen Medienprofi, der er vielleicht immer schon sein wollte: »Letzte Spuren des wehleidigen Emigranten fielen von mir ab, und ein anderer begann sich herauszuschälen: der zupackende, weltbezogene Reporter.« Doch er schränkt gleich ein: »Halb eine Bluffgestalt, halb schon authentisch.« Nun kauft er sich, inzwischen finanziell solide ausgestattet, das seit langem erträumte Cabrio, einen zweisitzigen Chrysler von 1932, der wie ein Ferrari aussah und auch einen ähnlichen Lärm machte. Und nun traut er sich auch zu heiraten: eine Engländerin. Sportwagen bleiben die Konstante in seinem weiteren Leben: »Wenn ich erst mal einen viertürigen Wagen chauffiere, bin ich endgültig im Ausgedinge«, ist er sich bewusst. Beruflich kommt ihm entgegen, dass sich Amerika mehr und mehr für Europa interessiert (genauer: für seine dort wieder entstehenden Märkte), so dass es für die neue Radiosendung Report from Europa schnell viele Abnehmer in den USA gibt: hundert Radiostationen.
Georg Stefan Troller ist jetzt wirklich in seinem Element – und entdeckt das Interview als eigentliche Domäne. »Ich lernte«, berichtet er, »daß es sich anhand von Recherche, Einfühlung und einem Sinn für Rhythmus und Theatralik zum kleinen Kunstwerk gestalten ließ.« Und er lernte, »auf dem Umweg über andere auch über mich selber reden. Das war eigentlich verboten, Objektivität hieß das Gebot der fünfziger Jahre.« Sein Motto lautet nun: »Zur Hölle mit der Objektivität! Und überhaupt allen Regeln, die man uns als unumstößlich darstellt.« An dieser Stelle seiner Autobiographie enthüllt er so gut wie alle Geheimnisse seines (Interview-) Schaffens, das schon bald sein Markenzeichen wird. Dazu gehört das, was er »verkehrte Eitelkeit« nennt: »Ich machte das Ereignis, aber tat so, als wäre ich ganz zufällig darauf gestoßen. Ich machte das Interview, aber schob alles auf die Brillanz meines Gegenübers.« Doch sofort schränkt er ein: »Daß ich mit Leib und Seele Journalist war, kann ich allerdings nicht behaupten. Immerhin mußte der Leib leben.« Deshalb steht er mit dem Mikrophon vor dem Elysée-Palast und vor dem Promi-Lokal Elysée-Matignon, nimmt wahr, verbrät und verkauft: »Politiker, Couturiers, Chansonsänger, Cineasten, Schauspieler, Nutten und den ›Mann auf der Straße‹.« Im Grunde ist dies dieselbe Klientel, die er später, nun mit Unterstützung der Kamera, in seinem Pariser Journal porträtiert.
Nach dem Ungarn-Aufstand, »der mich umpolte«, bezieht er jedoch die politischen Ereignisse stärker in seine journalistische Arbeit ein. Er denkt dabei an die österreichisch-ungarische Vergangenheit seiner Heimat und die Verwandten, die aus dem Ostteil der damaligen Donaumonarchie stammten. Er erkennt, dass der Journalismus nur dann ein befriedigender Beruf sein kann, wenn man sich engagiert. Aber wofür? Dies war gerade in den 1950er-Jahren keine einfache Frage. Auf jeden Fall sollte er »irgendwie Teilnehmer werden statt Beobachter«, beschließt er. »Wieder Enthusiasmus finden. Etwas, das (aber gab es dergleichen?) den Journalismus mit meinem Innenleben verband.« Die französische Politik und ihr Protagonist kamen als Projektionsfläche dafür nicht in Frage, soviel war ihm klar. »De Gaulle erregte mein Mißbehagen, im Gegensatz zum Kollegen Scholl-Latour«, dem späteren Studioleiter in Paris. »Bis heute mißtraue ich allen Sammel- und Erweckungsbewegungen«, fügt er hinzu. »Ich sah in ihm einen Dollfuß, einen autoritären Maxi-Metternich.« De Gaulle habe außerdem die Medien verachtet.
Troller produziert in diesen Jahren Radiostücke am Fließband und verdient mit der Mehrfachverwertung für verschiedene Sender viel Geld. Dabei profitiert er davon, dass sich die Nachkriegsdeutschen zunehmend mehr für das interessieren, was im Nachbarland passiert. Und der freischaffende Pariser Korrespondent liefert. Zu seinen ›Objekten‹ gehören Erfinder von privaten U-Booten, phantasievolle Architekten, poetische Wunderkinder, Freiluftmaler, deren Werke nicht direkt ›hörfunkgerecht‹ sind, und Clochards, »deren Rülpser wenigstens hörbar sind«. Er ist unterwegs in Autosalons, Kunstsalons und Wahrsager-Salons, bei Premieren, Midinettentagen und den schwarzen Nächten am Pigalle. Aber dies ist längst nicht alles: »Alle Chansonsänger habe ich drauf, von Chevalier und Piaf bis Aznavour und Brel. Alle Modemacher von Dior bis Chanel und Cardin. Alle Maler von Utrillo und Braque bis Dali und Chagall.« Aus all diesen Themen und Personen macht er inklusive Interviews Radiostücke von vier bis fünf Minuten. In diesen Jahren, so schätzt Troller, kommt er auf 2.000 Reportagen. Längst gilt er als Spezialist für ›Pariser Dinge‹. Inzwischen hält der Flaneur auch wieder das im Bild fest, was er sieht, denn er hat sich in München eine neue Leica gekauft. »Ich bin der Bildchronist eines absterbenden Paris«, weiß er, »dessen Reste (im Quartier Latin, im Marais) man zwanzig Jahre später für teures Geld in Aspik präservieren wird.«
Doch Troller realisiert erst mit Verzögerung, dass das Interesse für seine Radio-Reportagen nachlässt. »Daß ich schließlich zum Fernsehen ging, war einzig dem Umstand zuzuschreiben, daß es zu mir kam«, berichtet er. Der für Frankreich damals zuständige Südwestfunk sucht jemanden, der das Nachbarland ›covert‹ – anfangs noch ohne Budget und Büro. Troller, der sofort Feuer und Flamme ist und von Stund an seinen Fotoapparat für berufliche Zwecke nicht mehr anrührt, steigt nun total in dieses neue Medium Fernsehen ein. Hier fühlt er sich von Anfang an zu Hause, weil alles zu passen scheint. Das, was er gelernt und erfahren hat, kann er im Paket anwenden. Da kommt eine ganze vielfältige Liste zusammen: »Die Kunst. Die Plakate. Das Basteln. Das Theater und Kino. Der Journalismus. Das Radio. Das Gedichteaufsagen. Und die Fotografie. Und Paris.« Er hat das Gefühl, dass er mit seiner »gemischten Vorbildung« für dieses »Mischmedium Fernsehen« wie geschaffen ist. Was er unter neuen Normen für das Bildmedium versteht, demonstriert er sofort anhand einer Pressekonferenz von de Gaulle mit Ausschnitten, die nur aus Mimik und Gesten sowie konstruiertem Text bestehen. Mit der Produktion ist sein erster Live-Auftritt im Fernsehen verbunden, aber da geht so ziemlich alles schief. Danach macht er jedoch eine entlastende Erfahrung mit dem ›TV-Publikum‹. Draußen vor dem Studio in Baden-Baden, von wo aus gesendet wurde, kommt ein Mann auf ihn zu und sagt: »Aber Sie sind doch der … wir haben Sie doch gerade am Fernseher … nein, so ein Zufall, nein so ein Glück!«
Er lernt aber nun nicht nur, wie schnell man durch dieses Medium populär werden kann, sondern auch, dass dadurch ungewohnter Druck entsteht – zumal, wenn private Probleme hinzukommen. Eine frühe Midlife-Krise: »Frustrierter Ehrgeiz. Eine Ehe, die auseinanderbröckelte. Jetzt überfiel mich auch noch der ›grünäugige Dämon‹, die sexuelle Eifersucht.« Er schluckt ein ganzes Röhrchen Schlaftabletten, schreibt vorher, wie anderthalb Jahrzehnte zuvor Stefan Zweig im brasilianischen Exil, einen Abschiedsbrief. Doch Georg Stefan Troller wird gerettet, wacht, nachdem ihm der Magen ausgepumpt worden ist, in einem Pariser Krankenhaus auf, »umnebelt, aber bester Laune«, erinnert er sich. »Natürlich ging dann vieles erst richtig los. Man braucht dem Leben nur die Kehrseite zu zeigen, schon kommt es gekrochen.« Und zwar tatsächlich in Form des Pariser Journals, das der inzwischen für Frankreich zuständige Westdeutsche Rundfunk auf den Weg gebracht hatte. Nach den ersten offenbar mäßig erfolgreichen Sendungen bot man ihm die Übernahme an. Das ist sein Ding. »Ich war unermüdlich. Ich wurde zum Pariser Journal.« Einiges muss er aber noch dazu lernen, um das ›bunte Allerlei‹ zu gestalten, das ihm vorschwebte: »Leute mit Geschichten, die alle irgendwie mit Paris zu tun hatten. Pariser Geschichten. Endlich konnte ich das Paris loswerden, das mir in den Eingeweiden rumorte.« Das zündete und schlug ein, »mit einer Vehemenz, die mir heute unbegreiflich ist«, meint er mit zeitlichem Abstand.
Was er da zustande brachte und wie es zustande kam, wen er alles interviewte und was sein ›französisches Gefühl‹ ausmachte, hat Troller schon nach einigen Jahren in einem »Buch für Liebhaber und Eingeweihte« zusammengetragen, das den Titel der Sendung übernahm und danach mit kundigen Tipps vielen frankophilen Menschen auch als Pariser Stadtführer diente (vgl. Troller 1966). Für das Pariser Journal erhielt er die erste von rund vierzig Auszeichnungen, darunter zweimal die Goldene Nymphe von Monte Carlo und diverse Adolf-Grimme-Preise sowie die Oscar-Nominierung für Welcome in Vienna, den dritten Teil seiner Fluchtgeschichte, die auf einer Zusammenarbeit mit dem Wiener Regisseur Axel Conti beruhte. Der Film lief achtzehn Monate in den Kinos seiner zweiten Heimat Paris und wurde dort geradezu zum Kultfilm, erzählt Troller mit berechtigtem Stolz. »Ich war also berühmt«, stellt er zufrieden fest. Manchmal wird er freilich mit seinem Studioleiter »Doktor Scholl-Latour« verwechselt, der viel häufiger im Fernsehen sichtbar ist, während sich Troller bei seinen Interviews grundsätzlich nur von hinten filmen lässt. Auch bei seinen rund 170 Dokumentarfilmen hat er sich dann nur bemüht, thematisch im Bilde zu sein, ohne selbst im Bild zu erscheinen. Troller sucht offensichtlich nicht das Scheinwerferlicht, will kein »Dünser für Intellektuelle« sein, auch wenn er zunächst als ›Prominentenjäger‹ gegolten hatte. Doch gerade auf diesem Gebiet hält er sich für eine Null, überlässt das ›Anbaggern‹ seinem umtriebigen und brillant vernetztem Assistenten, einem Pariser, weil er sich dafür auch viel zu schüchtern findet. Es kommt hinzu, dass er sich aus Berühmtheiten eigentlich nie viel gemacht hat, wie er behauptet, denn sie seien meistens für Interviews ziemlich unergiebig.
Auf Dauer macht es ihm auch immer weniger Spaß, »als Erfinder des Fernsehfeuilletons gepriesen zu werden«. Deshalb sucht er nach neuen Herausforderungen und findet sie beim Zweiten Deutschen Fernsehen in Mainz, das er bis dahin nur von Postkarten kannte. Personenbeschreibung heißt dann seine neue Sendung, die er weiterhin von Paris aus produziert, wo erneut Peter Scholl-Latour, nun für das ZDF, als Studiochef wirkt. Neu ist dort auch die dafür zuständige Sekretärin Kirsten (»ein blondes gestiefeltes Wesen aus Hamburg«), die seine zweite Ehefrau wird. Bei diesem Format kann er nun sein Fernsehen als Gemeinschaftsarbeit praktizieren und Sendungen zustande bringen, die ihm selbst Freude bereiten. »Man hat sie ›positiv‹ genannt«, berichtet er, »was wahrscheinlich daran liegt, daß ich ziemlich negativ eingestellt bin.« Und dann wiederholt er ihren Zweck, wie später noch in zahlreichen Interviews: »Man hat auf ihre ›Lebenshilfe‹ hingewiesen, und die scheint mir darauf zu beruhen, daß sie meine private Überlebenshilfe darstellen.« Dabei frage er nur »Dinge ab, die ich selber wissen muß«, wie schon beim Pariser Journal, an das er sich nun aber mit gemischten Gefühlen erinnert. In einem Interview sagt er darüber viele Jahre später sogar: »Mit dem ›Pariser Journal‹ kamen dann viele Briefe, auch Zuneigungen. Und dann habe ich mir gesagt, dann kann ich ebenso gut Qualität produzieren. Und nicht diesen Scheiß des ›Pariser Journals‹.« (Smoltczyk/Gros 2021)
Dies war aber wohl nicht so ganz ernst gemeint, denn in seinem letzten Buch mit dem Titel Meine ersten 100 Jahre, das »Neue Geschichten und Berichte« (Untertitel) enthält, widmet er den fünfzig Sendungen in rund zehn Jahren noch einmal einen anekdotisch angelegten Rückblick. Dabei verrät er, dass er das Angebot, das schon einige Monate existierende Format zu übernehmen, damals nur besonderen Umständen verdankte, denn der bis dahin dafür zuständige Filmemacher habe »einmal über die Handkasse seiner Sendung etwas zu persönlich verfügt (ich glaube, er brachte sie in einer Nacht am Pigalle durch)«. Nun vertraute der WDR das als »filmische Stadtbeschreibung« konzipierte Journal einem Korrespondenten an, der sich seit seinen Radiotagen als Flaneur in Paris einen Namen gemacht hatte und sofort, »aus dem Bauch heraus« beschließt, »nicht das Postkarten-Paris zu zeigen, sondern das wahre Leben seiner Bewohner«.
Das erschien als ein ungewöhnlicher Ansatz in einer Zeit, als das neue Medium Fernsehen nach Trollers Beobachtung in Deutschland vor allem als »Lehrmedium« verstanden wurde, »als »eine Art Höhere Töchterschule mit verordneten Gefühlen. Wie es mir auf die Nerven ging, dieses plötzliche Strammstehen vor der Wohlgesinntheit!« Heute nennt man diesen Ansatz ›Political Correctness‹ – und auch damit hat Troller erkennbar nichts am Hut. »Mein Paris«, so berichtet er über seinen ›Gegenentwurf‹, sollte durch eine Kamera gekennzeichnet sein, »die sich überall hindrängte«. Und vor allem: »Eine Realität, die nichts verleugnete oder versteckte.« Dazu dann ein Text, »der dem damals im Fernsehen üblichen geradezu ins Gesicht schlagen mußte – feuilletonistisch, ironisch, kaustisch, selbstbezogen, weltmännisch. Mit anderen Worten: ›jüdisch‹«. (Troller 2021: 84f.) Dieses Programm trug in jeder Beziehung die Handschrift des Flaneurs Georg Stefan Troller.
Wohl keiner der journalistischen Memoirenschreiben hat die Geheimnisse seines Schaffens so großzügig gelüftet wie diese TV-Berühmtheit. Wie kaum ein anderer liebte er es, über die journalistische Arbeit zu sprechen und zu schreiben, so dass es für seinen Fall kaum noch professionelle Geheimnisse zu entdecken gibt. Im Laufe der Jahre fremdelte Troller dabei erkennbar mit der Entwicklung im real existierenden Journalismus. Die Presse spiegele nicht die Volksmeinung wider, monierte er in einem Interview. Sie sehe sich inzwischen »als eine Art Volksbelehrer, aber die Massen mit ihren Vorurteilen und Ängsten vor Einwanderern und Flüchtlingen, die in der Presse kein Gehör finden, die finden sich nicht repräsentiert und schon gar nicht im Parlament oder in der Regierung.« Früher als andere erkannte er: »Da kommen schweigende Mehrheiten auf uns zu, von denen wir keine Ahnung haben, weil sie nie in der Presse auftauchten.« In seinen späten Jahren sprach Georg Stefan Troller immer mal wieder mit Journalisten – zumal, wenn er nach seinen vielen Filmen noch einmal ein Buch publizierte. Bei dieser Gelegenheit variierte er das, was er schon in seinen Memoiren ausgeführt hat: vom Menschen als Mischwesen, von Zufällen in seinem Leben, die ihn dann im Journalismus landen ließen, von der deutsch-österreichischen Vergangenheit und insbesondere auch vom richtigen Fragen bei Interviews.[2]
Die Konstruktion seiner Interviews offenzulegen, durch die er bekannt wurde, war für Troller seit seiner Selbstbeschreibung ein zentrales Anliegen geworden. Mehr als tausend davon hatte er in seiner Karriere gemacht und unterschied nun fein zwischen zwei Kategorien: »Einerseits das forsche Kreuzverhör, wo man durch scharfes Zupacken und Provozieren die Großkopfeten aus ihrer eingespielten Masche herausholt, um ihre wahren Stärken und Schwachpunkte zu fixieren.« Er selbst zieht aber eine andere Art von Interview vor: »Bei dem du deinem Partner unbewusst suggerierst, dass du ihn verstehst. Billigst. Magst, ja liebst. Von gleich zu gleich kann er auspacken. Daß du ihn so siehst, wie er sich selber sieht.« Und wenn man ihm auf Augenhöhe begegnet, besteht die Chance, dass er alles über sich verraten will. »Auch Dinge, die er eigentlich nicht unbedingt preisgeben wollte, und die vor allem.« So etwas funktioniere nicht »mit Bluff (oder nur ein bisschen), sondern du musst es tatsächlich fühlen«, wusste Troller aus Erfahrung. »Dann bist du im Geschäft. Du bist nicht nur im Geschäft, sondern hast etwas für dich selbst gewonnen, denn bei diesen Gesprächen musst auch du ja allerlei aus dir herausholen. Du bist Gangster und Nutte, Banker und Boxer, Ketzer und Mystiker in einem. Du entdeckst, dass du alle diese Dinge, und noch unendlich mehr, im Ansatz in dir trägst. Über deine Fragen findest du einiges über dich selbst heraus, nicht unbedingt Schmeichelhaftes.« So hat dieser Georg Stefan Troller auch in seinen späteren Jahren in diversen seiner Interviews beschrieben und begründet, wie das mit seiner ›Menschenfresserei‹ funktionierte und warum er die Gespräche mit mehr oder weniger Prominenten als eine Art Selbsterfahrungstrip betrieben hatte. Dadurch, dass er seine Methoden so freimütig offenlegte, die Geheimnisse seines Schaffens enthüllt hat, war er auch eine Art Edgar Alan Poe des Journalismus.
In einem Gespräch mit zwei Journalisten, das auf zwei Seiten in der Zeit abgedruckt wurde, wiederholte der nun 102-jährige dann noch einmal mit anderen Worten, was ihn bei seiner ›Menschenfresserei‹ angetrieben habe: »Einen Film über einen anderen Menschen zu drehen, hieß, mich in diesen Menschen verlieben zu dürfen. Und es war eine Aufforderung an mein Gegenüber und das Publikum, mich zu lieben.« Ob man das überhaupt laut sagen dürfe, fragt er danach seine Gesprächspartner (einer der beiden ist Harald Wieser, der einst den TV-Star Werner Höfer wegen dessen Nazi-Vergangenheit entzaubert hatte). Georg Stefan Troller wehrt sich dabei erneut gegen das Vorurteil, er habe so viel mit Prominenten gedreht: »Das ist Quatsch. Die Schwachen und Aussätzigen haben mich immer viel mehr interessiert.« Mit Misstrauen sei er den Idealisten begegnet: »Denn hinter dem Idealismus versteckt sich oft etwas völlig anderes. Ein Idealist ist immer auch ein Illusionist. Ich war ja selbst einer.« Mit der Zeit habe er lernen müssen, dass auch dies Quatsch sei. So sei er »vom blöden Illusionisten zum Realisten« geworden. Auch deshalb ist er wohl mit sich im reinen. »Ich bin ja irgendwie immer durchgerutscht«, stellt er dankbar fest. »So oft in meinem Leben.« Zum Schluss zitieren seine Interviewer Charlie Chaplin, der gesagt habe, als er auf die 90 zuging, ab einem gewissen Alter tue auch die Freude weh. Ob er dem zustimme? Trollers Antwort: »Je älter ich werde, desto positiver schaue ich auf die Welt, trotz aller Düsternisse. Im Großen und Ganzen könnte man sagen, ich bin als Pessimist gestartet und habe mich über tausend Hindernisse zum Optimisten entwickelt. Das finde ich als Fazit nicht schlecht.« (zit. n. Aisslinger/Wieser 2024: 42)
Wer diesen Georg Stefan Troller persönlich erlebte, war überrascht, wenn er einen großen Mann mit einem ausgeprägten Ego erwartet hatte – wie es viele TV-Prominente kennzeichnet. Er wirkte zierlich mit seinem Pferdeschwanz, den er in seinen achtziger Jahren trug, zurückgenommen und fast scheu, aber überaus freundlich, wobei er seine Umwelt aus neugierigen Augen beobachtete. Am 27. September 2025 ist er in Paris gestorben. Am 10. Dezember wäre er 104 Jahre alt geworden.
Dies ist die gekürzte und leicht veränderte Fassung eines Porträts, das zusammen mit weiteren 35 ausführlichen Personen-Beschreibungen im neuen Buch des Autors über ›Medienlegenden‹ enthalten ist, das in Kürze im Herbert von Halem Verlag erscheinen wird. Siegfried Weischenberg (2025): Schuld und Geheimnis. Bekenntnisse von Legenden in der deutsch-jüdischen Publizistik. Köln: Herbert von Halem.
Über den Autor
Dr. Siegfried Weischenberg arbeitete zunächst als Redakteur und Reporter, ehe er an die Hochschule wechselte, um Journalistinnen und Journalisten auszubilden. Nach einer Journalistik-Professur an der Universität Dortmund (1979–1982) wurde er auf Lehrstühle an der Universität Münster (1982–2000) und der Universität Hamburg (2000–2014) berufen, um dort Kommunikationswissenschaft und Mediensoziologie zu lehren.
Literatur
Aisslinger, Moritz; Wieser, Harald (2024): »So alt bin ich nun auch nicht«. Ein Jahrhundertleben: Der Regisseur und Schriftsteller Georg Stefan Troller entkam als Junge in Wien den Nazis. In: Die Zeit Nr. 35 vom 15.8.2024, S. 42f.
Benjamin, Walter (1991): Gesammelte Schriften. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 559f.
Hartmann, Maren (2006): Der Kulturkritiker als Flaneur. Walter Benjamin, die Passage und die neuen (Medien-) Technologien. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, 54(2), S. 289–307.
Mischke, Joachim (2009): Im Porträt: Georg Stefan Troller – Wer fragt, lebt. In: Hamburger Abendblatt vom 27.6.2009. https://www.abendblatt.de/vermischtes/journal/thema/article108517104/Im-Portraet-Georg-Stefan-Troller-Wer-fragt-lebt.html (4.11.2025)
Mönninger, Michael (2004): Das Geheimnis der Nr. 9. In: Die Zeit Nr. 11 vom 4.3.2004, S. 73f.
Smoltczyk, Alexander; Gros, Hauke (2021): Die ganzen Filme sind auch Schreie nach Liebe, in: Spiegel Nr. 37 vom 10.9.2021. https://www.spiegel.de/kultur/georg-stefan-troller-die-ganzen-filme-sind-auch-schreie-nach-liebe-a-0bc0e36b-bc71-4327-9396-858bd949f51d (4.11.2025)
Troller, Georg Stefan (1966): Pariser Journal. Ein Buch für Liebhaber und Eingeweihte. Hamburg: Marion von Schröder.
Troller, Georg Stefan (1988): Selbstbeschreibung. Hamburg: Rasch und Röhring.
Troller, Georg Stefan (2009): Selbstbeschreibung. Ergänzte Neuaufl. Düsseldorf: Artemis & Winkler.
Troller, Georg Stefan (2021): Meine ersten 100 Jahre. Neue Geschichten und Berichte. Hürth bei Köln: Edition Memoria, S. 83–114.
Wittstock, Uwe (2024): Marseille 1940. Die große Flucht der Literatur. München: C. H. Beck.
Fussnoten
1 Die nicht mit einer exakten Quellenangabe verbundenen Zitate stammen alle aus Trollers ersten Memoiren: Troller, Georg Stefan (1988): Selbstbeschreibung. Hamburg: Rasch und Röhring.
2 Vgl. Viola Gräfenstein: Ein gutes Interview ist wie eine gute Beichte. Der Österreicher Georg Stefan Troller kam durch Zufall zum Journalismus, in: DJV NRW Journal 2017/01, S. 16-18 sowie: Claudia Tieschky; Hans-Jürgen Jakobs: »In mir bleiben alle Fragen offen«. Filmemacher Georg Stefan Troller über Deutschland, Suche nach Identität, den Papst und die Kunst des Interviews, in: Süddeutsche Zeitung v. 23./24.4.2005, S. 20; Yvonne Aebersold: Dann sind wir Helden, aber erst dann. Von einem, der die Bilder liebt, seine Sprache verlor und auszieht, die Menschen, die Menschen mit Fragen zu fangen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27.5.2005, S. 40.
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Zitationsvorschlag
Siegfried Weischenberg: Der Flaneur und seine ›Menschenfresser-Interviews‹. Zum Tode von Georg Stefan Troller. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 3-4, 2025, 8. Jg., S. 384-401. DOI: 10.1453/2569-152X-3-42025-15579-de
ISSN
2569-152X
DOI
https://doi.org/10.1453/2569-152X-3-42025-15579-de
Erste Online-Veröffentlichung
Dezember 2025
