Von Olha Harmatiy
Abstract: Die Sensibilisierung der ukrainischen Bevölkerung für Umwelt-Themen ist notwendig, um den zunehmenden Gefährdungen der Natur zu begegnen. Nachrichtenmedien als Hauptquelle des Umweltwissens und als soziales Forum für die Bildung eines allgemeinen Umweltbewusstseins sind dabei von großer Bedeutung. Forschungsergebnisse belegen, dass Ukrainer*innen ihre Informationen über Umweltthemen hauptsächlich aus den Nachrichten beziehen. Dabei priorisieren die Medien die Berichterstattung über Unfälle, Katastrophen und Unterhaltendes. Daten aus einer Befragung von Mediennutzer*innen unterschiedlicher Altersgruppen (n = 200) sowie eine Analyse von Nachrichten- und Populärmedien belegen, dass grundlegende Veränderungen in ukrainischen Medien bezüglich der Behandlung von Umweltthemen notwendig sind. So ist Wissenschaftskommunikation zu Umweltthemen in Nachrichtenmedien zentral. Notwendig wären zudem ein höheres wissenschaftliche Niveau der Umweltberichterstattung sowie ein Angebot an wissenschaftlich korrekten und gesellschaftlich relevanten Informationen über existierende Umweltprobleme. Die erheblichen Folgen für die Umwelt – die bereits existierenden und die sich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nun noch verschärfenden – können Anstoß für eine bessere Wissenschaftskommunikation und Umweltberichterstattung sein.
Einleitung
Die Menschheit sieht sich heute mit noch nie dagewesenen Umweltbedrohungen konfrontiert. Daher ist es notwendig und von zentraler Bedeutung, dass die Gesellschaft ihr Bewusstsein schärft und ihr Wissen erweitert, um Maßnahmen zur Wiederherstellung der Umwelt zu unterstützen. Die Umweltberichterstattung umfasst ein breites und wachsendes Spektrum von Themen und Fragen zum Leben, zur Gesundheit, zur Sicherheit und zum Wohlbefinden aller. Obwohl Umweltthemen über verschiedene Kommunikationskanäle an spezifische Zielgruppen gelangen, sind es weltweit zumeist Nachrichtenmedien, die über Ökologie berichten (vgl. Takahashi et al. 2021: 17). Zu ihren Aufgaben zählt, Umweltthemen Raum zu geben, Wissen über Ökologie zu verbreiten und eine Medienkultur zu entwickeln, die Fragen der Ökologie einschließt.
Umweltprobleme stehen in direktem Zusammenhang mit dem mangelnden Umweltbewusstsein und -wissen der Bevölkerung. Eine Lösung lautet daher, das Umweltbewusstsein der Menschen zu steigern (vgl. Tilwankar/Rai/Bajpai 2019: 117). Eine Umfrage von 2019 (vgl. UNDP Ukraine 2019) bestätigt diesen Ansatz: Ein Drittel der Ukrainer*innen (29,7 %) ist der Meinung, dass ein geringes Bewusstsein sowie fehlendes Wissen über Umweltprobleme und -risiken die Gründe dafür seien, dass sowohl Bürger*innen als auch Unternehmen keine umwelterhaltenden Maßnahmen ergreifen. Darüber hinaus meint ein Drittel der Bevölkerung (30 %), dass besser über den Zustand der Umwelt, ihre Gefährdung sowie Schutzmaßnahmen informiert werden sollte. Einer anderen Umfrage zufolge (vgl. Balyuk et al. 2021: 6) ist die Mehrheit der Ukrainer*innen (56,3 %) unzufrieden mit dem Grad der Aufmerksamkeit, der der ökologischen Situation in ihrem unmittelbaren Umfeld entgegengebracht wird.
Diese Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass eine gesellschaftliche Nachfrage nach Umweltbewusstsein und der Verbreitung von Wissen über ökologische Zusammenhänge besteht. Die Rolle der Medien und des Journalismus bei der Vermittlung von Umweltthemen sollten daher gestärkt werden, um dieser Nachfrage gerecht zu werden.
Methodisches Vorgehen
Deswegen untersucht dieses Forschungsprojekt, inwiefern ukrainische Medien zu stärkerem Umweltbewusstsein beitragen können. Ziel ist zu ermitteln, welche Umweltinformationen Mediennutzer*innen erhalten, zu untersuchen, welche Medien Ukrainer*innen dafür nutzen und herauszufinden, wie die Umweltberichterstattung verbessert werden kann.
Die Studie greift dafür auf verschiedene Methoden zurück, so auf die Sammlung relevanter Daten, die Prüfung theoretischer Ansätze und die Auswertung der Forschungsliteratur. Zusätzlich wurden Nachrichten und populärwissenschaftliche Medien ausgewertet und eine Befragung unter zufällig ausgewählten Teilnehmer*innen durchgeführt. Alle Interessierten konnten an einer Online-Befragung per Google Forms teilnehmen, die öffentlich auf der Facebook-Seite der Autorin verlinkt wurde. Facebook zählt zu den meistgenutzten Social Media Diensten in der Ukraine (vgl. Statcounter 2022). Befragt wurden 200 Personen unterschiedlichen Geschlechts und Alters, die in mehrere Altersgruppen eingeteilt wurden (18-25 Jahre, 26-40 Jahre, 41-60 Jahre und über 60 Jahre). Der Fragebogen enthielt offene, geschlossene und gemischte Fragen. Die Fragen betrafen das Interesse der Teilnehmer*innen an Umweltberichterstattung, die Medienauswahl mit dem Ziel, Informationen über Umweltthemen zu erhalten, sowie wahrgenommene medienspezifische Charakteristika der Umweltberichterstattung. Die Teilnehmer*innen der Online-Befragung hatten darüber hinaus die Möglichkeit, ihre Antworten mit einem Kommentar zu versehen. Durchgeführt wurde die Befragung im Zeitraum September bis Dezember 2021.
Diskussion
In der Medien- und Kommunikationswissenschaft besteht Einigkeit darüber, dass Medien entscheidend sind für die Identifizierung und Aufbereitung von Umweltthemen. Je nachdem, wie solche Umweltinformationen präsentiert, vermittelt und interpretiert – oder aber bewusst zurückgehalten werden – bestimmen sie das gesellschaftliche (Umwelt-)Bewusstsein und die Reaktionen auf die Informationen (Zamith/Pinto/Villar 2013: 335). Populäre, medial verbreitete Stories und Narrative zu Umweltthemen sind ein wirksames Mittel, den soziokulturellen Kontext für mehr Umweltschutz zu schaffen; sie beeinflussen auch die Politik und tragen wesentlich zum Verständnis der Mediennutzer*innen bei (vgl. Christensen et al. 2018: 1).
Umweltkommunikation erfüllt wichtige Funktionen, wie z. B. Information (Medien berichten über die Umwelt, bestehende oder potenzielle Risiken), Bildung (Medien machen das Publikum mit der Funktionsweise von Ökosystemen, der Natur und den Folgen anthropogener Einflüsse sowie der Beziehung zwischen Phänomenen und Prozessen vertraut), Organisation (Medien ermutigen die Öffentlichkeit, bestimmte Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen) und Kontrolle (Massenmedien berichten über die Aktivitäten von Regierungen, Organisationen und Unternehmen in diesem Bereich, sie fördern die Umsetzung und den Schutz des Rechts der Menschen auf eine saubere und sichere Umwelt) (vgl. Belyakov 2001: 149).
Medien haben somit nicht nur eine Informationsfunktion, sondern tragen auch dazu bei, das Bewusstsein der Menschen für Umweltthemen zu schärfen, sie für diese Themen zu sensibilisieren und sie so zu ermutigen, sich an der Lösung von Umweltproblemen zu beteiligen (Klinger/Metag 2021: 31). Je häufiger und besser Medien über Umweltthemen berichten, desto mehr Aufmerksamkeit und Interesse erhalten sie. Maria Teresa Mercado (2012: 193-209) geht davon aus, dass mehr und/oder genauere Informationen zu einem besseren Verständnis von Umweltproblemen beitragen, das Bewusstsein der Bürger*innen schärfen und einen Wandel ihrer Werte, Standpunkte und Verhaltensweisen fördern.
Einerseits sind Journalist*innen in der Lage, überzeugende Lösungen für ökologische Probleme weit oben auf der öffentlichen Agenda zu platzieren (vgl. Borth et al. 2022: 443). Andererseits ist es hochkomplex, der Gesellschaft Umweltthemen nahezubringen. Mehrere Faktoren sind dabei zu berücksichtigen.
Erstens: Trotz der weit verbreiteten Auffassung, dass die Besorgnis über die Umwelt und damit die Berichterstattung über Umweltfragen in den Medien zunimmt (Al-Zaman/Khan 2022: 98), ist diese Vorstellung nicht immer zutreffend. So hat sich beispielsweise in der Ukraine die Zahl der Bürger*innen, die an wirtschaftlichem Wachstum interessiert sind, selbst wenn es der Umwelt schadet, in den letzten Jahren verdoppelt. Es besteht also die Tendenz, den Stellenwert der Umwelt im Vergleich zum Stellenwert der Wirtschaft zu relativieren (vgl. Ukrainian Center for European Policy 2020: 89). Laut einer aktuellen Umfrage (vgl. Balyuk et al. 2021: 45) räumt nur ein Viertel der Ukrainer*innen Umweltfragen Priorität ein. Erklären lässt sich das dadurch, dass Probleme wie der Klimawandel und die globale Erwärmung zwar langfristig schwerwiegende Folgen haben, für die Durchschnittsbürger*in jedoch nicht unmittelbar wahrnehmbar scheinen und im Alltag noch nicht konkret genug sind. Ähnlich wie in der Ukraine verhält es sich in den USA. Aufgrund mangelnder persönlicher Betroffenheit und eines Gefühls der zeitlichen und räumlichen Distanz, wird Umweltthemen mehrheitlich eine geringe Priorität eingeräumt (vgl. Leiserowitz 2006).
Zweitens ist die Umwelt kein vorrangiges Thema für Nachrichtenmedien. Laut ukrainischem Medienmonitor (vgl. International Renaissance Foundation 2021) machten Umweltprobleme im Zeitraum 2019-2021 nur 2,3 Prozent der nationalen Medieninhalte und 3 Prozent der regionalen Medieninhalte aus. Das sind sehr geringe Werte und diese vergleichsweise spärlichen Informationen reichen nicht, um einschätzen zu können, wie es um die Umwelt steht. Ukrainische Journalist*innen sind sich einig, dass der Hauptgrund für die Vernachlässigung ökologischer Themen ein Mangel an Ressourcen, Wissen, Informationen und Expert*innen ist. Viele von ihnen geben auch an, dass Umweltthemen für das Publikum deswegen keine Priorität haben, weil es wichtigere Themen gibt, oder dass Umweltthemen halt nicht so interessant sind wie beispielsweise Notfälle (Malkova/Tsaryk 2018: 15-16). Auch in Georgien berichten die Nachrichtenmedien trotz großer ökologischer Herausforderungen kaum über Umweltthemen: E. Freedman (2021: 166) nennt als Gründe Unzulänglichkeiten bei Nachrichtenagenturen, Medienunternehmen und Journalist*innen, unzureichenden Zugang zu Informationsquellen, fehlende Prioritätensetzung und die zu geringe gesellschaftliche Nachfrage.
Angesichts der Tatsache, dass andere Themen wichtiger erscheinen, verlieren Umweltthemen den Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums. So hat die Berichterstattung über den Klimawandel als einem der drängendsten ökologischen Probleme weniger Aufmerksamkeit erhalten als der Ausbruch der COVID-19-Pandemie. Auch Schweizer Kommunikationswissenschaftler halten fest, dass COVID-19 sehr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und dadurch zu wenig Kapazität blieb, sich anderen Problemen wie der Klimakrise zu widmen (vgl. Rauchfleisch/Siegen/Vogler 2021).
Eine Untersuchung schwedischer Fernsehnachrichten über drei Jahrzehnte (1979 bis 2009) zeigt, dass Umweltnachrichten in Krisenzeiten von Wirtschaftsnachrichten und von Nachrichten über Kriege und bewaffnete Konflikte verdrängt werden (vgl. Djerf-Pierre 2012: 499). Dementsprechend ist anzunehmen, dass seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 das Thema Krieg die Bedeutung aller anderen Themen »herabgestuft« hat und der Krieg seitdem die nationalen Schlagzeilen bestimmt. Opfer des Krieges sind neben den Menschen in all ihrem Leid, den zahlreichen Getöteten und Verletzten, aber auch die Natur, die Tiere und Pflanzen, das gesamte Ökosystem. Die russische Aggression hat die Umwelt in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zerstört: Die Ukraine leidet schon jetzt unter einer Reihe immenser Umweltschäden und ihr drohen zahlreiche weitere, hochkomplexe und andauernde Katastrophen. Militäroperationen zerstören funktionierende Ökosysteme; sie wirken sich aus auf den Erhalt der Biosphäre, den Zustand der natürlichen Ressourcen und ihre Wiederherstellung. Daher ist die Kriegsberichterstattung unweigerlich verbunden mit der Berichterstattung über Umweltverbrechen.
Drittens wird die Umweltberichterstattung durch die Tatsache erschwert, dass Umweltjournalist*innen unmittelbar von den Veränderungen in der Medienbranche betroffen sind. Aus Befragungen von Umweltjournalist*innen in den USA, im Vereinigten Königreich und in Irland schließen David Robbins und Dawn Wheatley (2021: 1289), dass sie beispielhaft für die Herausforderungen stehen, denen sich der Journalismus gegenübersieht. Ebenso zeigt die Studie von Thomas Chase (2020: 2249), dass politische Restriktionen den Umweltjournalismus beeinflussen und dass wirtschaftliche sowie technologische Probleme die Zukunft der Nachrichtenmedien als Fürsprecher der Umwelt bedrohen.
Abschließend weisen Timothy A. Gibson et al. (vgl. Gibson et al. 2016: 417) auf die Komplexität des Themas Ökologie als eine der Herausforderungen für den Umweltjournalismus hin. Die überwiegende Mehrheit der Umweltthemen ist für Journalist*innen selbst nur schwer verständlich und einem Laienpublikum nicht ohne weiteres zu vermitteln. Zwar besteht eine der grundlegenden Kompetenzen von Journalist*innen darin, Fachwissen zu vermitteln (vgl. Donsbach 2014: 667), doch erfordert die journalistische Arbeit Kenntnisse, die oft erst über einen längeren Zeitraum erworben werden.
Einer Umfrage zufolge haben 83 Prozent der Medienschaffenden in der Ukraine ein Wissensdefizit in Bezug auf die Umwelt (vgl. Civil Space 2021). Am häufigsten geben sie an, dass sie Wissen über den Klimawandel (70 %), die Luftqualität (65 %), die Auswirkungen von Landwirtschaft und Agrarindustrie auf die Umwelt (61 %) sowie über Energie, erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz (59 %) benötigen. Fast die Hälfte der befragten Journalist*innen (49 %) gibt an, keine Expert*innen zu kennen, die bei der Erläuterung komplexer Umweltthemen behilflich sein könnten, und 57 Prozent von ihnen bemängeln die fehlende Zusammenarbeit mit Expert*innen, die sich zu solchen Themen äußern könnten.
Unter Berücksichtigung der Forschungsliteratur und der Erkenntnisse zur Verbesserung der Umweltberichterstattung muss die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation von Umweltthemen hervorgehoben werden. Sie sollte so gestaltet sein, dass sie journalistisch brauchbare Informationen vermittelt zu gesellschaftlich relevanten Themen wie dem Funktionieren der Natur, dem Einfluss des Menschen auf die Umwelt und den Folgen seines Handelns. Zwar sind Medien eine wichtige Quelle wissenschaftlichen Wissens (Harmatiy 2021: 97), aber auch wissenschaftliches Wissen wird medial rekonstruiert und nicht nur widergespiegelt (vgl. Carvalho 2007: 223).
Wissenschaftskommunikation speziell zu Umweltthemen ist ein interdisziplinäres akademisches Gebiet, das verschiedene Konzepte umfasst und Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Umweltwissenschaftler*innen befassen sich mit verschiedenen Themen und möglichen Lösungen, unter anderem mit der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, mit Artenvielfalt und Artensterben, dem globalen Klimawandel und seinen Folgen, dem Kampf gegen Umweltverschmutzung, mit alternativen Energien, mit Umweltsicherheit, Morbidität und Mortalität aufgrund von Umweltfaktoren u.v.m. Diese Themen sind für die Nachrichtenberichterstattung relevant.
Medienforscher*innen konstatieren eine anhaltende Präsenz wissenschaftlichen Wissens bei jeglichen Umweltthemen (vgl. Nisbet/Fahy 2015), sie bestätigen den hohen Stellenwert wissenschaftlicher Expertise für die mediale Darstellung von Umweltthemen (vgl. Taylor/Nathan 2002: 331) und sie behaupten, dass sich Wissenschaftler*innen ihrer verantwortungsvollen Rolle bei der Vermittlung von Erkenntnissen an ein breites Publikum bewusst sind (vgl. Getson et al. 2021: 171). Heutzutage bestehen durch das Internet und zahlreiche Informationsquellen weitaus bessere Möglichkeiten, Kontakte zwischen Journalist*innen und Wissenschaftler*innen herzustellen, sie zu pflegen und auszubauen. Die scientific community kann aktiv Medien nutzen und die Zusammenarbeit mit Journalist*innen suchen. Studienergebnisse und Daten fließen ebenso in die Umweltberichterstattung ein wie Kommentare und Meinungen einzelner Wissenschaftler*innen und Forscher*innengruppen.
Richard D. Besel (2011: 132) hält die Veröffentlichung von Wissenschaftler*innen-Statements für einen guten Ansatz, verschiedenen Publika Tatsachen nahezubringen. Andere betonen die Wichtigkeit der Wissenschaftskommunikation und des Journalismus für die öffentliche Meinungsbildung und unterstreichen die Bedeutung wissenschaftlich korrekter Botschaften für die Gesellschaft (vgl. Hart/Nisbet 2012: 520). Umgekehrt wirkt sich der Mangel wissenschaftlicher Expertise in den Nachrichtenmedien negativ auf die Interaktion mit dem Publikum aus (vgl. Gutsche et al. 2017: 62).
Wissenschaftler*innen sind mehr als alle anderen in der Lage, die Öffentlichkeit für Umweltfragen zu sensibilisieren, indem sie mit den Medien kooperieren und zur Klärung komplexer Themen beitragen. Die Rezipient*innen können so leichter einen logischen Zusammenhang zwischen einem Ereignis, seinen Ursachen und möglichen Folgen herstellen und ein Phänomen oder einen Prozess in seiner globalen, nationalen, regionalen und persönlichen Dimension einschätzen.
Sinnvoll scheint eine wissenschaftliche Unterstützung des Journalismus in Form von Informations- und Weiterbildungsangeboten. So könnten verschiedene Formate entwickelt werden mit dem Ziel, die Produktion wissenschaftlichen Wissens besser zu verstehen, ökologisches Fachwissen zu erlangen und es für die journalistische Arbeit zu nutzen. Die Forschung legt nahe, dass »wissenschaftlich fundierter Journalismus das Potenzial hat, die bestehende Beziehung zwischen Wissenschaft und Medien neu zu definieren« (Witsen/Takahashi 2018: 728). Eine gute Methode könnte die Zusammenarbeit in einem Pool von Journalist*innen und Wissenschaftler*innen sein, die an der Vermittlung von Umweltthemen interessiert sind. In der Ukraine wurde beispielsweise der Versuch unternommen, einen solchen Pool und eine Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Journalist*innen verschiedener Medien und Wissenschaftler*innen zu schaffen (vgl. Ukrinform 2019), aber es wurden keine detaillierten Informationen über die bisherigen Aktivitäten veröffentlicht.
Um die Rolle der Wissenschaftskommunikation im Umweltbereich in den Nachrichtenmedien zu stärken, ist es notwendig, dass Journalist*innen Zugang zu Forschungsergebnissen, Datenbanken und umweltbezogenen Dokumenten haben, die dann für Medienberichte aufbereitet werden können. Die Integration wissenschaftlichen Wissens in die Berichterstattung über Umweltthemen wäre eine große Chance für alle Beteiligten, für die Medien ebenso wie für die scientific community und die ganze Gesellschaft. Der Austausch miteinander schafft »einen Raum, in dem wissenschaftliches und nicht-wissenschaftliches Wissen nebeneinander existieren und sich gegenseitig verstärken können« (Sharma et al. 2019).
Anthony V. Witsen und Bruno Takahashi (2018: 717) verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz bezüglich Umwelt- und Wissenschaftsjournalismus. Beide Bereiche journalistischer Praxis sind jenen Einflüssen stark ausgesetzt, die insgesamt die Medienlandschaft im 21. Jahrhundert verändern. Eine erfolgreiche Kommunikation zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft verbessert die Qualität und Quantität der Medieninhalte; sie sorgt für die Verbreitung zuverlässiger und wissenschaftlich korrekter Informationen zu Umweltthemen. In einer Zeit, in der Fake News, Fehl- und Desinformationen weit verbreitet sind, ist dies von entscheidender Bedeutung. Matthew C. Nisbet und Declan Fahy (2015) wiederum argumentieren, dass wissensbasierter Journalismus dazu beitragen kann, Verfälschungen und Übertreibungen zu korrigieren. Leider ist es in vielen Fällen für normale Mediennutzer*innen schwierig und manchmal fast unmöglich, wahre Informationen von falschen oder halbwahren Informationen zu unterscheiden. Dies hat sich in letzter Zeit verstärkt, vor allem aufgrund der über das Internet verbreiteten Fake News. Die Einbeziehung wissenschaftlicher Inhalte in den Mediendiskurs und die Zusammenarbeit mit maßgeblichen Umweltwissenschaftler*innen kann helfen, manipulativen Einflüssen und Fälschungen entgegenzuwirken und die wissenschaftliche Bildung des Publikums zu fördern. Die Vorbereitung und Erstellung von Medientexten, auch zu Umweltthemen, wäre durch die Einbeziehung von wissenschaftlichen Expert*innen zuverlässiger und qualitativ hochwertiger.
Wissenschaftskommunikation kann dazu beitragen, dass Nachrichtenmedien korrekte und nachvollziehbare Beiträge zu Umweltthemen veröffentlichen. Dies könnte das Vertrauen der Nutzer*innen in Nachrichtenmedien stärken, dem Publikum helfen, reale Umweltherausforderungen angemessen zu verstehen, Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu erkennen und Prioritäten in Sachen Umwelt-Handeln richtig zu setzen. Darüber hinaus haben Kristina Janét und Kolleg*innen (vgl. Janét/Richards/Landrum 2022) nachgewiesen, dass das Interesse an wissenschaftlicher Erkenntnis das Engagement für die Umwelt beeinflusst. Je höher das Interesse an wissenschaftlichen Themen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Artikel zu Umweltfragen ausgewählt, rezipiert und als glaubwürdig angesehen werden.
Das birgt jedoch einige Schwierigkeiten. Zunächst einmal besteht eine wichtige der Aufgaben der Medien darin, komplexe Umweltthemen so aufzubereiten, dass sie für die Rezipient*innen verständlich sind. Eine weitere Herausforderung besteht in einer Umweltberichterstattung, die sowohl die wissenschaftliche Perspektive berücksichtigt als auch journalistische Normen wie Objektivität und Ausgewogenheit erfüllt (vgl. Boykoff/Boykoff 2007; Christensen et al. 2018).
Dennoch argumentiert Anabela Carvalho (2007), dass Wissenschaftler*innen dafür verantwortlich sind, Medienkompetenz bezüglich Wissenschaft zu verbessern und Wissenschaftskommunikation kritisch zu reflektieren. Eine solche Kompetenz ist wichtig für das Verständnis der wissenschaftlichen Grundlagen von Umweltproblemen. Sie ist zudem eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines Umweltbewusstseins auf Seiten der Bürger*innen. Wissenschaftskommunikation über Umweltthemen zielt darauf ab, den Naturschutz in einer Zeit zu fördern, in der solche Bemühungen mehr denn je notwendig sind.
Umfrageergebnisse
Aus den Umfrageergebnissen geht hervor, dass die Befragten ihre Informationen zu Umweltthemen überwiegend aus Online-Nachrichtenmedien erhalten (75 %), gefolgt von Nachrichtensendungen im Fernsehen (47 %), den Webseiten etablierter Nachrichtenmedien (28 %) sowie dem Radio (25 %). Lediglich 6 Prozent der Befragten gaben an, ihre Informationen aus Printmedien zu erhalten. (Die Befragten konnten mehrere Informationsquellen nennen.) Somit gehören Online-Medien für die Ukrainer*innen zu den wichtigsten Quellen für Umweltinformationen, weit vor anderen Medien. Dabei wird angenommen, dass Online-Ressourcen umso mehr bevorzugt werden, je jünger die Befragten sind. Je älter, desto öfter nutzen sie das Fernsehen, um sich über Ökologie-Themen zu informieren.
Die Ergebnisse spiegeln die allgemeine Tendenz zur Nutzung digitaler Medien wider sowie die zunehmende Nutzung des Internets zur Beschaffung von Informationen zu Umweltthemen. Es zeigt sich auch, dass die Bedeutung von Online-Angeboten als Informationsquellen vermutlich noch zunehmen wird. Gleichzeitig ist das Fernsehen nach wie vor eine wichtige Quelle für Umweltinformationen, auch wenn es für die Befragten nicht an erster Stelle steht.
Die Umfragedaten deuten auch darauf hin, dass sich die Teilnehmer*innen hauptsächlich aus Nachrichtenangeboten über Umweltthemen informieren, was nicht überraschend ist, da Nachrichten eine der wichtigsten Informationsquellen für Zuschauer*innen sind, um sich über aktuelle Ereignisse und verschiedene Aspekte des öffentlichen Lebens zu informieren (vgl. Višňovský et al. 2019: 41).
Die Umfrageteilnehmenden wurden gebeten, Medien zu Umweltthemen zu nennen. Genannt wurden unter anderem die Online-Medien GreenPost (3 %), Expedition XXI (3 %), Ecological Bulletin (1 %) und der Fernsehsender ECO TV (4 %). Diese Medien wurden vor allem von den Befragten aus den beiden jüngeren Altersgruppen (18-25 und 26-40 Jahre) angegeben.
In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass GreenPost ein Online-Informations- und Analysemedium ist, das sich auf Umwelt-, Medizin-, Energie- und Agrarthemen spezialisiert hat. Expedition XXI ist eine populärwissenschaftliche Online-Zeitschrift über Ökologie und nachhaltigen Tourismus, das Ecological Bulletin ist eine populärwissenschaftliche Öko-Zeitschrift, die in gedruckter Form und online erscheint. ECO TV ist der erste und derzeit einzige ukrainische Fernsehsender, der sich mit Umweltthemen befasst. Das Programm besteht hauptsächlich aus ausländischen Dokumentarfilmen und eigenen Sendungen wie der Nachrichtensendung Eco News.
Nur wenige Befragte nannten andere Medien wie z. B. The Green Carpathians, The Naturalist, Nature and Society (alle online und gedruckt verfügbar) und das Forest Bulletin (Print). Sie gaben jedoch an, dass sie diese Medien nicht nutzen, sondern nur von ihnen wissen. Außerdem schrieb ein Teilnehmer, dass er früher die Zeitschrift Young Naturalist gelesen habe.
Von wissenschaftlichen Fachpublikationen kann erwartet werden, dass sie Umweltthemen ganzheitlich angehen. Diese Titel aber waren den Befragten weniger präsent. Nicht erwähnt wurden Titel wie Earth is My Breadwinner oder Ecological Newspaper sowie die Zeitschriften Bioenergy, Young Naturalist, Miracle – Earth, Humanitarian Ecological Journal und Sprout. Sie scheinen den Befragten nicht bekannt zu sein. Laut T. Bondarenko (2016: 4-5) fehlt es in der Ukraine an special-interest-Zeitschriften zu Umweltthemen. Doch die bestehenden Angebote, so die Ergebnisse der Umfrage, sind den Ukrainer*innen nicht bekannt oder nicht unterhaltend genug.
Auf die Frage, welche konkrete Umweltberichterstattung sie am häufigsten in den Medien wahrnehmen, nannte die überwältigende Mehrheit der Befragten (85 %) Nachrichten über Umweltkatastrophen und Notfälle in der Ukraine und weltweit. Die Befragten gaben an, insbesondere Berichte über Überschwemmungen, Erdbeben, Waldbrände, über unfallbedingte Luft- oder Wasserverschmutzung sowie mutierte Tiere, die an Orten von Umweltkatastrophen aufgetaucht waren, zur Kenntnis genommen zu haben. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden (61 %) erinnerte sich vor allem an unterhaltende Nachrichten, beispielsweise über Geburten von Tierbabies im Zoo, Delfinrettungen oder Berichte über auf Nachhaltigkeit setzende Modelabels und ähnliches. Ein weitaus geringerer Teil der rezipierten Medieninhalte beschäftigte sich mit Protesten von Umweltaktivist*innen und Umweltschutzorganisationen (nur 3 % der Befragten) oder mit Gedenktagsjournalismus, etwa zum Jahrestag des Super-GAU im Kernkraftwerk Tschernobyl (2 %).
Laut Umfrage bieten ukrainische Medien Umweltinformationen zumeist im Kontext von Naturkatastrophen oder wenn menschliches Versagen die Ursache ist. Auch Unterhaltendes ist stark vertreten. Bleibt zu erwähnen, dass das Alter der Befragten keinen signifikanten Einfluss auf diese Einschätzung hatte; die Befragten antworteten in allen Altersgruppen ähnlich.
Die Ergebnisse dieser Umfrage korrespondieren mit denen früherer Studien: So stellten Mohamad S. M. Saleh und Harald Heinrichs (2020: 118) fest, dass malaysische Zeitungen Themen wie Nachhaltigkeit nur wenig Aufmerksamkeit schenken und sich stattdessen eher auf Umweltprobleme wie Überschwemmungen konzentrieren. Miyase Christensen et al. wiesen nach, dass Medien über Umweltschäden oft reißerisch berichten: »Drama, spectacle and apocalypse are thus prominent features in popular environmental narratives« (Christensen et al. 2018: 3). So lösen Nachrichten über Umweltkatastrophen einerseits eine öffentliche Reaktion aus und veranschaulichen Umweltprobleme, was ein positiver Aspekt ist; andererseits kann eine Art Informationsdauerrauschen entstehen, bei dem sich Medien weniger an der Qualität und Relevanz als an der Quantität und Frequenz der Nachrichten orientieren. Darüber hinaus kann jenes Dauerrauschen dazu führen, dass Rezpient*innen Umweltthemen in erster Linie mit Katastrophen und Unglücksfällen in Verbindung bringen.
Bei Unterhaltungsinhalten kann davon ausgegangen werden, dass ihr Ziel darin besteht, das Publikum zu gewinnen und zu unterhalten. Michelle. I. Seelig (2019: 45) ist der Ansicht, Medien »promote environmentalist ideals in the hopes that if audiences are entertained, then perhaps these narratives can subtly influence thinking and behavior.« Außerdem dienen unterhaltsam aufbereitete Umweltthemen der Stimmungsregulierung, insbesondere wenn es zeitgleich sehr viele schlechte Nachrichten gibt. Zu viel Unterhaltendes lenkt jedoch ab von den eigentlich wichtigen Themen und vermittelt den Eindruck, dass Umwelt nur etwas mit Blumen, niedlichen Tieren und schönem Wetter zu tun hat. Das trägt nicht dazu bei, eine verantwortungsvolle Haltung gegenüber der Natur zu entwickeln, sondern fördert im Gegenteil die Einstellung, dass sich Probleme von allein lösen und eigentlich alles in Ordnung ist.
Medieninhaltsanalysen (vgl. Mashkova 2019) bestätigen, dass ukrainische Medien nur selten reale Umweltprobleme ansprechen, eher widmen sie sich weniger wichtigen oder komplett irrelevanten Dingen. Weltweit betrachtet gibt es aber durchaus Medien, die über aktuelle Umweltthemen berichten. In Bangladesch beispielsweise haben der Klimawandel und die Luftqualität in der Medienberichterstattung bemerkenswerte Beachtung gefunden (Al-Zaman/Khan 2022: 98). In den Vereinigten Staaten berichten Journalist*innen über ökologische Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit, über erneuerbare Energien und die Verringerung von Treibhausgasen (vgl. Borth et al. 2022: 443).
Die gewonnenen Umfragedaten lassen den Schluss zu, dass die Öko-Agenda der Befragten und somit zumindest eines Teils des ukrainischen Publikums von Online-Nachrichtenmedien geprägt ist. Sie sind, neben dem Fernsehen, die wichtigste Quelle für Umweltinformationen. Medien, die sich auf das Thema Ökologie spezialisiert haben, scheinen dagegen nur eine begrenzte Zahl von Nutzer*innen anzuziehen.
Die Tatsache, dass die meisten Menschen Informationen über Umweltthemen aus den tagesaktuellen Nachrichten erhalten, zeigt, dass Umweltnachrichten Teil des allgemeinen Informationsangebotes geworden sind. Die Teilnehmer*innen an der Umfrage nannten zwei Schwerpunkte der Umweltberichterstattung: zum einen die Katastrophenberichterstattung, zum anderen die Unterhaltungsformate. Beide aber bieten kaum Hintergrundinformationen zu Umweltthemen. Eher lenken sie ab von den wichtigen Themen und tatsächlichen Herausforderungen. Dem Katastrophen- wie dem Unterhaltungsjournalismus, so die Schlussfolgerung, gelingt es nicht, in angemessener Art und Weise die Aufmerksamkeit des Publikums auf Umweltprobleme zu lenken und dem Bildungsauftrag des Journalismus gerecht zu werden.
Die vorliegenden Ergebnisse sind wichtig für ein besseres Verständnis der Umweltberichterstattung in der Ukraine. Sie weisen auf die Notwendigkeit hin, die Darstellung von Umweltthemen in den Nachrichtenmedien zu ändern. In diesem Zusammenhang ist die Wissenschaftskommunikation zu Umweltthemen entscheidend, etwa die Berichterstattung über aktuelle Wissenschaftsthemen oder Forschungsergebnisse aus den Umweltwissenschaften sowie die Entwicklung eines wissenschaftlich objektiven, umweltverantwortlichen Mediendiskurses (Giannoulis/Botetzagias/Skanavis 2010: 425).
Angesichts der Tatsache, dass Journalismus und journalistische Diskurse eine entscheidende Rolle bei der Formulierung von Umweltthemen spielen (Christensen et al. 2018:1), und dass die prognostizierten Folgen für die Umwelt immer gravierender werden, sehen Kommunikationswissenschaftler*innen »urgent need for vigorous and engaging journalism« (vgl. Gibson et al. 2016: 417). Verantwortungsvoller Umweltjournalismus kann erheblich dazu beitragen, das Umweltbewusstsein zu fördern und die Motivation zu steigern, sich ökologisch korrekt zu verhalten.
Fazit
Die Medienberichterstattung über Umweltthemen sichert die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Ökologie. Laut Studienteilnehmer*innen werde jedoch in der Berichterstattung Katastrophen und unterhaltenden Inhalten der Vorzug gegeben, so dass Rezipient*innen hauptsächlich auch nur ebensolche Meldungen über menschliches Versagen und Naturkatastrophen oder aber Kurioses und Vermischtes mit Umweltbezug wahrnehmen. Derartige Nachrichten bereichern zwar den Mediendiskurs um eine Umweltkomponente, sie führen aber eher zu einem Informationsdauerrauschen, das rein quantitativ von Interesse am Thema zeugen mag, nicht aber von Interesse an qualitätsvoller Berichterstattung und differenzierter, wissenschaftlicher Einordnung.
Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der derzeit vorherrschende Katastrophen- und Unterhaltungsjournalismus nicht viel zum ökologischen Bewusstsein und Umwelt-Engagement des Publikums beiträgt. Die von den Befragten wahrgenommene Umwelt-Berichterstattung ukrainischer Medien lenke von den wirklichen Problemen ab. Ökologische Langzeitfolgen und irreversible Umweltschäden seien nachrangig. Die Befragten berichteten über Medientexte von begrenztem Wert, die keine umfassenden Informationen lieferten und somit ein angemessenes Verständnis komplexer Umweltprozesse, -phänomene und -ereignisse eher verhinderten.
So ist es höchste Zeit, die derzeitige Situation zu ändern. Diese Studie legt nahe, die Berichterstattung über Umweltthemen in den ukrainischen Medien ernsthaft zu überdenken. Ein wichtiger Schritt wäre mehr Wissenschaftsjournalismus in ukrainischen Medien und damit einhergehend eine Verbesserung des wissenschaftlichen Gehalts der Berichterstattung über Umweltthemen. Angestrebt werden sollte die Versorgung der Öffentlichkeit mit korrekten, evidenzbasierten und gesellschaftlich relevanten Informationen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Daten.
Wissenschaftskommunikation zu Umweltthemen kann den Medien und dem Journalismus helfen, die Möglichkeiten und den Einfluss von Umweltberichterstattung auszuweiten. Sie kann ein effektives Mittel sein, das öffentliche Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen und Medien als Forum für Umweltbildung und Diskussionen über verantwortungsvolles Umweltverhalten zu nutzen.
Limitationen
Die Befragung wurde Ende des Jahres 2021 durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Autorin nicht vorstellen, dass das Land, die Menschen, die Umwelt und die Umweltkommunikation in der Ukraine vor solch beispiellosen Herausforderungen stehen würden, wie sie die russische Invasion mit sich brachte. Atomkraftwerke, Ölterminals, Chemie- und Stahlwerke und Lager mit gefährlichen Abfällen befinden sich jetzt in der Kriegszone. Die russische Armee bombardiert und beschießt diese Objekte, verbrennt Wälder und zerstört natürliche Ökosysteme. Die zahlreichen Verbrechen Russlands gegen die ukrainische Umwelt lassen sich nicht mehr aufzählen, da dieser Ökozid Tag für Tag weitergeht.
Nach den Ergebnissen der gesamtukrainischen Umfrage »Opinions and views of the population of Ukraine regarding the environmental consequences of the war«, die vom Kiewer Internationalen Institut für Soziologie im Mai 2022 durchgeführt wurde, hält nur die Hälfte der Ukrainer*innen (50 %) den Informationsstand über die Umweltfolgen des derzeitigen Krieges für ausreichend. Darüber hinaus sind 43 Prozent der Meinung, dass die bereitgestellten Informationen eher unzureichend oder völlig unzureichend sind. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) verfolgt Nachrichten über die ökologischen Folgen des Krieges in den Medien (Ministry of Ecology and Natural Resources of Ukraine 2022: 15-18). Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass Umweltkommunikation in allen Medien mehr Raum benötigt.
Danksagung
Die Autorin ist der Universität Tübingen sehr dankbar für das »Research@Tübingen Fellowship« für gefährdete Forscher*innen aus der Ukraine, das die Fortsetzung ihrer Forschung und Arbeit in Sicherheit und Frieden ermöglicht. Ich möchte mich persönlich bei Prof. Dr. Martina Thiele, Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Medienwissenschaft der Universität Tübingen, für ihre Hilfe und Unterstützung bedanken. Die Autorin bedankt sich auch bei allen Teilnehmer*innen an der Umfrage, die diese Studie unterstützt haben, indem sie sich Zeit genommen und ihre Meinung zum Thema kundgetan haben.
Über die Autorin
Olha Harmatiy, Dr. (*1969) ist Associate Professor am Department für Journalismus und Massenkommunikation der Nationalen Polytechnischen Universität Lviv in der Ukraine. Zu ihren Hauptforschungsinteressen gehören Wissenschaftskommunikation in den Medien, Wissenschaft und Medienkompetenz. Kontakt: olha.v.harmatiy@lpnu.ua
Aus dem Englischen übersetzt von Sascha Thürmann, Eberhard Karls Universität Tübingen.
Literatur
Al-Zaman, Md. Sayeed; Khan, Tamera (2022): Framing environmental news in Bangladesh. In: Media Asia, 49(2), S. 98-110. DOI: 10.1080/01296612.2021.1997526
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Zitationsvorschlag
Olha Harmatiy: Umweltberichterstattung in ukrainischen Medien. Ökologie-Wissenschaftskommunikation zur Steigerung des Umweltbewusstseins. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 3, 2022, 5. Jg., S. 269-286. DOI: 10.1453/2569-152X-32022-12673-de
ISSN
2569-152X
DOI
https://doi.org/10.1453/2569-152X-32022-12673-de
Erste Online-Veröffentlichung
Dezember 2022