Trennung von Anzeigengeschäft und Journalismus Wie aktuell ist Karl Büchers Konzept für eine Pressereform von 1919?

Von Horst Pöttker | Der Beitrag soll für Grundprobleme der journalistischen Qualitätssicherung sensibilisieren, indem er Karl Büchers weitgehend vergessenes Reformkonzept von 1919 vor dem Hintergrund der aktuellen Medienentwicklung heute auf seine gesellschaftspolitische Sinnhaftigkeit, seine Vor- und Nachteile im Vergleich zu anderen, großenteils von Bücher damals bereits erwähnten Konzepten der journalistischen Qualitätssicherung, seine Anwendbarkeit auf verschiedene Medien sowie auf seine politische, rechtliche und ökonomische Durchsetzbarkeit hin analysiert. Am meisten Durchsetzungschancen, so die These, hat die Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Organisationsprinzips vom Rundfunk auch auf andere Medienbereiche.

Echt jetzt?! Sophie Scholl auf Instagram Eine Analyse des journalistischen Diskurses

Von Martina Thiele und Tanja Thomas | Knapp achtzig Jahre nach ihrer Hinrichtung lässt das Projekt @ichbinsophiescholl die Widerstandskämpferin Sophie Scholl (1921-1943) medial auferstehen: Eine fiktionalisierte Version von Sophie Scholl, verkörpert von der Schauspielerin Luna Wedler, lässt im Jahr 2021 ihre Follower:innen auf ihrem Instagram-Account @ichbinsophiescholl ›live‹ an den letzten Monaten vor ihrer Verhaftung und Ermordung teilhaben. Nahezu alle deutschen Medien berichten über das gemeinsame Projekt von Südwestrundfunk und Bayerischen Rundfunk. @ichbinsophiescholl ist exemplarisch für einen sich verändernden Umgang mit Geschichte und für neue Formen der Vergegenwärtigung von Vergangenheit in digitalen Medienkulturen. Die Analyse rekonstruiert diskursive Muster, Diskursstränge und Diskurspositionen in der Berichterstattung über das Projekt vom 1. Mai 2021 bis 30. Juli 2022 und diskutiert, inwieweit ›der‹ Journalismus seiner öffentlichen Aufgabe und den verschiedenen ihm zugewiesenen Funktionen gerecht geworden ist.

Repräsentativität in Rundfunk- und Fernsehrat Eine vergleichende Analyse der Diskrepanz von Besetzung und Demografie

Von Jasmin Koch, Sabine Schiffer, Fabian Schöpp und Ronja Tabrizi | Die Rundfunkräte sind eine wichtige Kontrollinstanz der öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Zusammensetzung soll die Gesellschaft abbilden. Doch welche Gruppen und Interessensvertretungen sind derzeit gesellschaftlich relevant – und sind diese in den Räten vertreten? Der Beitrag untersucht auf Basis bundesweiter Demografiedaten die Zusammensetzung der Kontrollgremien von ARD und ZDF im Hinblick auf ihre Repräsentativität.

Medieneigentum und Journalismus Eine Diskursanalyse zur Medienberichterstattung über Eigentum am Beispiel von Kevin Kühnerts Enteignungsdebatte

Von Silas Ketels | Im Jahr 2019 trat Kevin Kühnert, damals noch Vorsitzender der Jusos, durch ein Interview, in dem er mit der Zeit über Eigentumsverhältnisse und Enteignungen sprach, eine mediale Debatte los. Mithilfe einer wissenssoziologisch fundierten Diskursanalyse zeichnet der Beitrag nach, welche Diskurspositionen diese Debatte dominierten, und überprüft, ob die Eigentumsform des publizierenden Mediums im Zusammenhang mit der eingenommenen Diskursposition steht.

Wie das Internet in Russland unschädlich gemacht wird Chronik der staatlichen »Versicherheitlichungs«-Maßnahmen

Von Yulia Belinskaya | Immer restriktivere Mediengesetze schränken die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland ein. Yulia Belinskaya zeigt, wie der russische Staat mit Manipulation und Zensur die »Versicherheitlichung« der Öffentlichkeit vorantreibt und diese legitimiert, und geht der Frage nach, ob (digitaler) Aktivismus und Widerstand derzeit überhaupt noch möglich sind.

Innere Pressefreiheit revisited Aktueller Regulierungsbedarf zu Eigentümermacht aus Sicht deutscher Medienjournalist*innen

Von Uwe Krüger, Pauline Köbele, Mascha Leonie Lang, Milena Scheller und Henry Seyffert / Der Fall Ippen/Reichelt brachte 2021 das Thema innere Pressefreiheit, das zuletzt in den 1960er und 1970er Jahren breit und kontrovers diskutiert worden war, wieder in das öffentliche Bewusstsein. Eine erneute Debatte über Kompetenzabgrenzungen zwischen Verlagen und Redaktionen und eine Regulierung von Eigentümermacht im Journalismus steht jedoch noch aus. Dieser Artikel zeichnet die Konfliktlinien in der Hochzeit der Statutenbewegung nach und konstatiert über die letzten Jahrzehnte ein Re-Framing der inneren Pressefreiheit vom Instrument der Demokratisierung der Medienhäuser hin zur journalistischen Qualitätssicherung.

Digitale Gegenrevolution, Desinformation und journalistische Einschränkungen in den arabischen Medien

Von Sahar Khamis und Khalid Al-Jaber / Dieser Beitrag zeigt auf, wie autoritäre Regime neue Medien und entsprechende Gesetze und Vorschriften ausnutzen, um gegen Oppositionelle, Aktivist:innen und Journalist:innen vorzugehen, oft unter dem Deckmantel der Desinformationsbekämpfung und unter Einsatz einer Vielzahl von Techniken. Er veranschaulicht auch, wie staatlich orchestrierte Kampagnen mittels neuer Kommunikationsmittel Desinformation rasant verbreiten können, was schwerwiegende politische Folgen und hohe Risiken für Aktivist:innen und Journalist:innen birgt und zugleich Gegenrevolutionen befördert.

Umweltberichterstattung in ukrainischen Medien Ökologie-Wissenschaftskommunikation zur Steigerung des Umweltbewusstseins

Von Olha Harmatiy / Die Sensibilisierung der ukrainischen Bevölkerung für Umwelt-Themen ist notwendig, um den zunehmenden Gefährdungen der Natur zu begegnen. Nachrichtenmedien als Hauptquelle des Umweltwissens und als soziales Forum für die Bildung eines allgemeinen Umweltbewusstseins sind dabei von großer Bedeutung. Forschungsergebnisse belegen, dass Ukrainer*innen ihre Informationen über Umweltthemen hauptsächlich aus den Nachrichten beziehen.

»Radiofrauen in seltsamen Jobs« Die Konstruktion von Frauen in Radioberufen in der U.S.-amerikanischen Fachzeitschrift Broadcasting 1931-1939

Von Stine Eckert / Seit mehr als 90 Jahren ist Broadcasting (heute Broadcasting+Cable) eine der einflussreichsten Fachzeitschriften für die U.S.-amerikanische Radioindustrie. Eine qualitative Textanalyse der Berichterstattung der Zeitschrift von 1931 bis 1939, als das Radio kommerzialisiert wurde, hat ergeben, dass in der Zeitschrift kaum über Frauen geschrieben wurde, die in Radioproduktion und -management arbeiteten. Wenn über Frauen in solchen Rollen berichtet wurde, so wurden sie als Sonderfälle markiert.

Neutralität und Werte im Journalismus Ein theoretisches Konzept aus der Wertesoziologie für die Journalistik

von David Muschenich / Neutralität im Journalismus ist ein häufig gefordertes Ideal und etabliertes Qualitätskriterium. Doch der Begriff wird zurecht als unscharf kritisiert, selbst viele Studien arbeiten mit ungenauen Definitionen. Dabei lässt sich Neutralität sehr wohl von verwandten Begriffen abgrenzen und als eine wertfreie Präsentation der selektierten und recherchierten Themen verstehen.