Informationsvorsorge Überlegungen zu einer überfälligen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland

Von Horst Pöttker | Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist in eine Legitimitätskrise geraten, die seine Zukunft gefährdet. Aus einer Außenperspektive wird an seinen rechtlich verankerten Sinn der Vorsorge für verlässliche Informationen sowie entsprechende Beratung, Bildung und Unterhaltung erinnert. Vor dem Hintergrund, dass die Krise an der Verknöcherung seiner Strukturen und an mangelnder Erkennbarkeit des öffentlich-rechtlichen Profils liegt, wird eine Reform mit vier Maßnahmen diskutiert: Zusammensetzung der Aufsichtsgremien nach den Kriterien Kompetenz und Unabhängigkeit; Staffelung der Pflichtabgaben nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; Werbefreiheit der Programme; und Reduktion der Programmanzahl. Am Ende wird überlegt, wie solche Reformmaßnahmen durchzusetzen sind und welche gesellschaftlichen Chancen und Risiken damit verbunden wären.

Die »Klimakrise« beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kommunikationsprozesse, Führungskultur und ihre Bedeutung für den Output – Zur neuen Diskussion um die Rundfunkpolitik aus Anlass des NDR-»Klimaberichts«

Von Hans Peter Bull | In einer Umfrage bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Norddeutschen Rundfunks, bei der mehr als tausend Beschäftigte aller Ebenen angehört worden sind, ist ein schlechtes Betriebsklima festgestellt worden, und den Leitungsorganen des Senders ist von denen, die sich geäußert haben, überwiegend ein schlechtes Zeugnis ausgestellt worden. Von den Vorgesetzten aller Ebenen wird insbesondere eine bessere »Führungskultur« erwartet. Viele Führungskräfte seien durch die gegenwärtig stattfindenden großen Veränderungsprozesse im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überfordert und daher nicht in der Lage, klare Richtlinien für den notwendigen Wandel der Organisation zu entwickeln. In dem folgenden Artikel wird die Kritik näher analysiert. Insbesondere wird gefragt, was »Führung« in einer Rundfunkanstalt angesichts der gegebenen äußeren Rahmenbedingungen überhaupt bewirken kann. Die gewonnenen Einsichten werden auf die allgemeine rundfunkpolitische Diskussion und speziell den Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der gedruckten Presse bezogen.

Echt jetzt?! Sophie Scholl auf Instagram Eine Analyse des journalistischen Diskurses

Von Martina Thiele und Tanja Thomas | Knapp achtzig Jahre nach ihrer Hinrichtung lässt das Projekt @ichbinsophiescholl die Widerstandskämpferin Sophie Scholl (1921-1943) medial auferstehen: Eine fiktionalisierte Version von Sophie Scholl, verkörpert von der Schauspielerin Luna Wedler, lässt im Jahr 2021 ihre Follower:innen auf ihrem Instagram-Account @ichbinsophiescholl ›live‹ an den letzten Monaten vor ihrer Verhaftung und Ermordung teilhaben. Nahezu alle deutschen Medien berichten über das gemeinsame Projekt von Südwestrundfunk und Bayerischen Rundfunk. @ichbinsophiescholl ist exemplarisch für einen sich verändernden Umgang mit Geschichte und für neue Formen der Vergegenwärtigung von Vergangenheit in digitalen Medienkulturen. Die Analyse rekonstruiert diskursive Muster, Diskursstränge und Diskurspositionen in der Berichterstattung über das Projekt vom 1. Mai 2021 bis 30. Juli 2022 und diskutiert, inwieweit ›der‹ Journalismus seiner öffentlichen Aufgabe und den verschiedenen ihm zugewiesenen Funktionen gerecht geworden ist.