Reform oder Reparatur Hilferufe als Klopfzeichen aus dem Maschinenraum der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

Von Peter Welchering | Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) in der Kritik steht, ist nicht neu. Zu große Regierungsnähe, parteipolitische Einseitigkeiten, mangelnde Ausgewogenheit des Programms, Überbürokratisierung und selbstherrliche Führungskräfte, teilweise mit ausgeprägter Selbstbedienungsmentalität – diese Themen begleiten mich, seit ich vor 40 Jahren meinen ersten Beitrag für den WDR produzierte. Doch bis zur Affäre Schlesinger galt, was Johannes Ludwig im Februar 2009 eine ehemalige Führungskraft des Öffentlich-Rechtlichen sagen ließ: »Das wird an denen abprallen«. Und: »Die Öffentlich-Rechtlichen glauben es sich leisten zu können.« (Ludwig 2009: 6) Die Causa Schlesinger hat für Erschütterungen gesorgt, die an den öffentlich-rechtlichen Hierarch*innen nicht einfach mehr so abprallten. Zumindest konnten sie sich der Reform-Diskussion nicht mehr verweigern wie bisher. Eine Gruppe allerdings kommt in dieser Debatte kaum zu Wort: die der festen-freien Mitarbeiter*innen. Also diejenigen, die den größten Teil des täglichen Programms der Sender herstellen, in einer gesetzlich legitimierten Scheinselbständigkeit arbeiten und nicht selten in prekären Verhältnissen leben. Und das liegt nicht daran, dass sich diese Mitarbeiter*innen nicht artikulieren könnten. Nein, die Klopfzeichen aus dem Maschinenraum werden ignoriert, weil Rundfunkpolitiker*innen wie Hierarch*innen tatsächlich einen Neuanfang für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wagen müssten, wenn sie die Hilferufe aus dem Maschinenraum ernst nähmen. Davor schrecken viele zurück.

Informationsvorsorge Überlegungen zu einer überfälligen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland

Von Horst Pöttker | Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist in eine Legitimitätskrise geraten, die seine Zukunft gefährdet. Aus einer Außenperspektive wird an seinen rechtlich verankerten Sinn der Vorsorge für verlässliche Informationen sowie entsprechende Beratung, Bildung und Unterhaltung erinnert. Vor dem Hintergrund, dass die Krise an der Verknöcherung seiner Strukturen und an mangelnder Erkennbarkeit des öffentlich-rechtlichen Profils liegt, wird eine Reform mit vier Maßnahmen diskutiert: Zusammensetzung der Aufsichtsgremien nach den Kriterien Kompetenz und Unabhängigkeit; Staffelung der Pflichtabgaben nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; Werbefreiheit der Programme; und Reduktion der Programmanzahl. Am Ende wird überlegt, wie solche Reformmaßnahmen durchzusetzen sind und welche gesellschaftlichen Chancen und Risiken damit verbunden wären.

Die »Klimakrise« beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kommunikationsprozesse, Führungskultur und ihre Bedeutung für den Output – Zur neuen Diskussion um die Rundfunkpolitik aus Anlass des NDR-»Klimaberichts«

Von Hans Peter Bull | In einer Umfrage bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Norddeutschen Rundfunks, bei der mehr als tausend Beschäftigte aller Ebenen angehört worden sind, ist ein schlechtes Betriebsklima festgestellt worden, und den Leitungsorganen des Senders ist von denen, die sich geäußert haben, überwiegend ein schlechtes Zeugnis ausgestellt worden. Von den Vorgesetzten aller Ebenen wird insbesondere eine bessere »Führungskultur« erwartet. Viele Führungskräfte seien durch die gegenwärtig stattfindenden großen Veränderungsprozesse im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überfordert und daher nicht in der Lage, klare Richtlinien für den notwendigen Wandel der Organisation zu entwickeln. In dem folgenden Artikel wird die Kritik näher analysiert. Insbesondere wird gefragt, was »Führung« in einer Rundfunkanstalt angesichts der gegebenen äußeren Rahmenbedingungen überhaupt bewirken kann. Die gewonnenen Einsichten werden auf die allgemeine rundfunkpolitische Diskussion und speziell den Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der gedruckten Presse bezogen.

Was sagen Sie Ihrer Tochter, wenn sie Journalistin werden will? Zur Zukunft des Journalismus und der journalistischen Berufsbildung in den USA

von Kenneth Starck / Ihre Tochter wohnt noch zu Hause, aber die Schule hat sie bereits hinter sich. Jetzt denkt sie ernsthaft über den nächsten wichtigen Schritt im Leben nach. Es ist nicht überraschend, dass sie beschließt, das Lernen an einer Universität fortzusetzen. Dann folgt die nächste Frage: Was studieren? Sie liest viel und kann gut schreiben. Vielleicht etwas überraschend sucht sie Rat bei mir, einem früheren Zeitungsjournalisten, dann Journalistik-Professor und über 20 Jahre Leiter einer akademischen Ausbildungsstätte für Journalisten. Da mir die tiefgreifenden Veränderungen bewusst sind, die die Massenkommunikation und besonders den Journalismus heute erschüttern, fällt es mir schwer, enthusiastisch das Universitätsstudium der Journalistik zu empfehlen. Dieser Essay ist ein Versuch, eine vernünftige und realistische Antwort auf die Frage Ihrer Tochter zu finden: Soll ich Journalistik studieren? Weiterlesen

Mehr beitragen, weniger senden Zur Rolle von Feedback und Artikulation im Journalismus

von Sebastian Köhler / Der Beitrag diskutiert, inwiefern Journalismus die Artikulationfunktion im Rahmen seiner öffentlichen Aufgaben ernster nehmen und besser erfüllen sollte. Dafür werden Aspekte eines Modells von „aufgehobenem Journalismus“ entwickelt. Dialektische Kritik an wichtigen Tendenzen des etablierten Journalismus ist Bestandteil dieses Herangehens. Das Arbeiten mit Rückmeldungen der Nutzer, als tatsächliche oder auch als antizipierte, dürften künftig wichtiger werden, um Journalismus in sich weiter modernisierenden Gesellschaften in verschiedener Hinsicht gut aufgehoben zu wissen. Weiterlesen

Mut-Journalismus Warum wir unseren Berufsstand nicht einfach abschaffen lassen sollten

Von Peter Welchering / Hat die Profession, die wir „Journalismus“ nennen, überhaupt noch eine Zukunft? Es wird Zeit, dass Journalisten endlich wieder die ihnen übertragene Wächterfunktion wahrnehmen. Kritischer Journalismus stellt Machtstrukturen in Frage. Dieser Beitrag fordert einen den Werten der Aufklärung verpflichteten, verantworteten Journalismus. Weiterlesen

Quo vadis Journalismus? Über Perspektiven des Öffentlichkeitsberufs in der digitalen Medienwelt

von Horst Pöttker / Kostendruck, Outsourcing, Entlassungen, Auflagenrückgang, rapide sinkende Anzeigeneinnahmen: Es herrscht Konsens, dass die Printmedien in einer Krise stecken und dass deren tiefere Ursachen im digitalen Medienumbruch zu suchen sind. Einig unter Journalismusforschern, aber neuerdings auch unter demokratischen Politikern ist man sich weiterhin in der Sorge, dass die Krise zu einer Deprofessionalisierung des Journalismus führt. Welche Perspektiven hat der Journalismus angesichts dieser Herausforderungen? Weiterlesen