Innere Pressefreiheit revisited Aktueller Regulierungsbedarf zu Eigentümermacht aus Sicht deutscher Medienjournalist*innen

Von Uwe Krüger, Pauline Köbele, Mascha Leonie Lang, Milena Scheller und Henry Seyffert

Abstract: Der Fall Ippen/Reichelt brachte 2021 das Thema innere Pressefreiheit, das zuletzt in den 1960er- und 1970er-Jahren breit und kontrovers diskutiert worden war, wieder in das öffentliche Bewusstsein. Eine erneute Debatte über Kompetenzabgrenzungen zwischen Verlagen und Redaktionen und eine Regulierung von Eigentümermacht im Journalismus steht jedoch noch aus. Dieser Artikel zeichnet die Konfliktlinien in der Hochzeit der Statutenbewegung nach und konstatiert über die letzten Jahrzehnte ein Re-Framing der inneren Pressefreiheit vom Instrument der Demokratisierung der Medienhäuser hin zur journalistischen Qualitätssicherung. Schließlich stellt er Ergebnisse einer qualitativen Befragung von zwölf deutschen Medienjournalist*innen über ihre politischen Wunschvorstellungen bezüglich der Macht von Medien­eigentümer*innen und -manager*innen dar. Die Befragten stellen fast einmütig fest, dass im digitalen Strukturwandel der Öffentlichkeit die Eigentümermacht erodiert. Daraus werden jedoch unterschiedliche Schlüsse für die innere Pressefreiheit gezogen: Manche sehen Redaktionsstatute und Redakteursvertretungen als überflüssig oder kontraproduktiv an, manche als wünschenswerte Mittel entweder zur Verteidigung von Arbeitneh­mer*innen-Rechten oder sogar zur Stärkung der Verleger*innen, da so die Beschäftigten stärker in die Mitverantwortung für das eigene Haus genommen werden. Ein Eingreifen der Medienpolitik wünschen sich nur wenige Befragte. Konkret wird vor allem die Forderung nach Abschaffung des Tendenzschutzes und die Vision einer Medienlandschaft ohne Privateigentum an Medien artikuliert.

1. Einführung

Es war ein medienjournalistischer Paukenschlag, mit dem die Plattform Über­medien im Oktober 2021 das Thema »Innere Pressefreiheit« ins öffentliche Bewusstsein (zurück-)holte: Das Rechercheteam von »Ippen Investigativ« hatte monatelang brisante Details zu Julian Reichelts Führungsstil als Bild-Chefredak­teur zusammengetragen und einen veröffentlichungsreifen Beitrag erstellt, der hausintern bereits juristisch geprüft worden war – doch dann hatte Verleger Dirk Ippen die Publikation gestoppt. Begründung: Er wolle den Anschein vermeiden, mit der Veröffentlichung dem Wettbewerber Springer aus wirtschaftlichen Interessen heraus schaden zu wollen. Die vier Rechercheur*innen protestier­ten in einem Brief an Ippen: Dessen Veto, so zitiert Über­medien daraus, »widerspricht allen Regeln der unabhängigen Berichterstattung. Die Entscheidung ist eine absolute Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Redaktion und Verlag« (Niggemeier 2021). Wenig später nahmen die Rechercheur*innen Daniel Drepper, Marcus Engert, Juliane Löffler und Katrin Langhans die Auszeichnung als »Journalistinnen und Journalisten des Jahres 2021« vom Medium Magazin entgegen und suchten sich neue Jobs – beim Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung sowie beim Spiegel.

In dieser Causa mit überregionaler Strahlkraft hatte die durch Medienjournalismus hergestellte Transparenz offenbar einen ausreichend reinigenden Effekt; die vier mutigen Aufständischen gingen gestärkt aus dem Konflikt mit ihrem Arbeitgeber hervor. Auf regionaler und lokaler Ebene aber dürften, das lässt eine Correctiv-Recherche erkennen, ähnliche Fälle eher zulasten der abhängig Beschäftigten und der Öffentlichkeit gehen: Nach dem Fall Ippen habe man Dutzende Kolleg*innen aus dem Lokaljournalismus befragt,

»die über vielfältige Konflikte mit ihren Verlegern und weiteren Verantwortlichen in Verlagen sprechen. Sie berichten von Verlegern, die Einfluss auf ihre Geschichten nahmen. Verleger, die nicht geplante Geschichten verlangten oder fertige Texte stoppten. Sie erzählen von Reporterinnen und Reportern, die aus vorauseilendem Gehorsam bestimmte Themen nicht mehr angingen« (Sachse 2021).

Schon zuvor ließen zwei wissenschaftliche Befragungen von Tages­zeitungsredak­teur*innen aus den Jahren 2004 und 2013 darauf schließen, dass der Einfluss der Eigentümer*innen auf die redaktionelle Arbeit in den (jeweils) letzten Jahren größer geworden war, dass in der Berichterstattung mehr Rücksicht auf Werbekunden genommen wird und dass die Angst der Redakteur*innen vor Arbeits­platzverlust – und damit die Anpassungs­bereitschaft – gewachsen ist (vgl. Kepplinger et al. 2004; P-Magazin.de 2013). Es ist naheliegend, diese Befunde mit dem Anzeigen- und Auflagenschwund der Zeitungsbranche und verstärktem Ökonomisierungsdruck seit Beginn der 2000er-Jahre in Beziehung zu setzen[1] – und zu fragen, warum es keine öffentliche Debatte über medien­politische Möglichkeiten zur Sicherung der inneren Pressefreiheit (mehr) gibt.

2. Innere Pressefreiheit: Begriff, Diskursgeschichte und Entwicklung der Regulierung

Der Begriff der Pressefreiheit (ebenso wie der der Rundfunkfreiheit und – gattungsübergreifend – der Medienfreiheit) meint im traditionellen Sinn ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat. Er bezieht sich meist auf die Freiheit von Medienorganisationen von externen Einflüssen, garantiert in der Bundes­republik etwa durch das Zensurverbot, das Zeugnisverweigerungsrecht oder das Redaktionsdurchsuchungsverbot; Pressefreiheit ist in diesem Sinne eine »äußere« Freiheit. Der Begriff der inneren Pressefreiheit nimmt dagegen die interne Verfasstheit von Medienorganisationen in den Blick und fragt danach, wie »die öffentliche Aufgabe, eine unabhängige Publizistik zu machen […], von abhängigen Journalisten« (Skriver 1970: 7) erfüllt werden kann, die in einer Redaktionshierarchie und unter bestimmten Eigentumsverhältnissen arbei­ten. Dahinter steht ein Gedanke, den der britische Journalist Neal Ascherson so ausgedrückt hat: »Massenmedien können kein Glied der Demokratie sein, ohne selbst demokratisch zu sein« (zitiert nach Skriver 1970: 20).

Die Wurzeln der Debatte um die innere Ordnung von Presseunternehmen lassen sich in der Weimarer Republik finden, damals allerdings meinte innere Pressefreiheit nur die Unabhängigkeit von kommerziellen Einflüssen. In der Nachkriegszeit erweiterte sich das Begriffsverständnis in Richtung Autonomie der Journalist*innen von Hierarch*innen im eigenen Haus. Diese Debatte begann Ende der 1950er-Jahre mit einer in der Publizistik abgedruckten Antrittsvorlesung des Rechtswissenschaftlers Walter Mallmann, der kritisierte, dass Pressefreiheit weithin nur als Verlegerfreiheit verstanden und »in den Schatten der Gewerbefreiheit und des Eigentumsrechts« (Mallmann 1959: 330) gedrückt werde. »Erster Träger dieses Grundrechts [der freien publizistischen Meinungsäußerung – d. Aut.] ist der, dessen Aufgabe es ist, durch das Medium der Presse Meinungen zu äußern: der Journalist« (ebd.: 328). In der Folge ging »es nun um Kompetenzabgrenzungen zwischen Verlag und Redaktion sowie Informations-, Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte für die Journalisten« (Holtz-Bacha 1998: 73).

Im Zuge der 68er-Unruhen mit der Idee der Demokratisierung aller Lebensbereiche (symptomatisch: Willy Brandts Slogan »Mehr Demokratie wagen« von 1969) erwachte das Autonomiebestreben auch im Journalismus. Sichtbarste Zeichen waren die Verabschiedung von Redaktionsstatuten, die das Zusammenspiel von Eigentümern und Redaktion regeln sollten, und die Gründung von Redakteursausschüssen bzw. Redaktionsvertretungen in etwa 20 Zeitungs- und Zeitschriftenhäusern zwischen 1969 und 1974 (vgl. Stock 2001: 21). Doch diese »Statutenbewegung«, die auf freiwillige Übereinkünfte zwischen den jeweiligen Verlagen und Redaktionen setzte, verlor bald an Kraft und erlahmte am zuneh­menden Widerstand der Verleger, welche oft auch getroffene Arrangements aufkündigten. Über das besonders weitreichende Statut im Stern, das 1969 verabschiedet und zum Jahresende 1979 von Verlegerseite gekündigt wurde, urteilte Stern-Mitarbeiter Erich Kuby (1983: 87) damals:

»Das Statut steckte eine Arena der Demokratie ab, in der die zum Kampf entschlossenen Parteien zuweilen aufmarschierten, aber nicht kämpften. Kam es aber zum Kampf, drei­mal im Ganzen, dann stand der Gewinner von vornherein fest, und das Statut war das Papier nicht wert, auf dem es verbreitet worden ist.«

Dreißig Jahre nach Beginn der Statutenbewegung, 1998, waren noch in zwölf deutschen Print-Redaktionen Statute in Kraft (vgl. Stock 2001: 21). Längst hatten sich da auch Hoffnungen auf ein bundesweites Presserechtsrahmengesetz mit entsprechenden Mitbestimmungsregelungen, die in Regierungserklärungen von Willy Brandt und Helmut Schmidt und durch Gesetzentwürfe genährt worden waren, zerschlagen (vgl. Holtz-Bacha 1997: 288); und auch die Energie ostdeutscher Akteur*innen aus Journalismus und Medienpolitik, denen nach der friedlichen Revolution die innere Pressefreiheit ein besonderes Anliegen war, verpuffte weitgehend in den Realitäten des bundesdeutschen Verlegerlobbyismus (vgl. Tröger 2021; Stock 2001: 25; Holtz-Bacha 1998: 79). Den Kampf gegen den Tendenzschutzparagrafen im Betriebsverfassungsgesetz, der Medienunternehmen von der betrieblichen Mitbestimmung ausnimmt, haben die Journa­list*innen und ihre Gewerkschaften grosso modo verloren.[2]

Anders entwickelte sich die Sache im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo die betriebliche Mitbestimmung zwar nicht durch den Tendenzschutzparagrafen, wohl aber durch das Intendantenprinzip und die besondere Rolle der Rundfunkräte bei der Programmverantwortung eingeschränkt ist (vgl. Holtz-Bacha 1998: 76). Hier wurden seit 1987 in fast jeder Anstalt Redaktionsstatute verabschiedet und Redaktionsvertretungen installiert, die wiederum untereinander in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA) vernetzt sind. Die Strukturen in den einzelnen Anstalten sind meist vom jeweiligen Landesgesetzgeber vorgeschrieben (Pionier war NRW mit dem WDR-Gesetz von 1985, eine ältere Übersicht bietet Stock 2001: 68). Ein Statut und ein Redaktionsausschuss fehlen noch im Bayerischen Rundfunk sowie im Mitteldeutschen Rundfunk, der sich bislang nur einen im Konfliktfall schwachen »Beirat der Intendantin zur Lösung publizistischer Konflikte« leistet (dessen Rechtsgrundlage eine Dienstanweisung der Intendantin ist).

3. Paradigmenwechsel in der Begründung:
Von der Demokratisierung zur Qualitätssicherung

Das Thema innere Pressefreiheit hat von den späten 1960er- bis Ende der 1970er-Jahre einen erstaunlichen Korpus an nuancenreicher Fachliteratur hervorgebracht: Dissertationen (vgl. Keller 1971; Branahl 1979), juristische Gutachten und Abhandlungen (vgl. Kübler 1972; Weber 1973; Hoffmann-Riem 1979), Umfragen (vgl. Noelle-Neumann 1977), Streitschriften (vgl. Skriver 1970), Sammelbände (vgl. Wilfert 1968) und Tagungsdokumentationen (vgl. Loccumer Protokolle 1970). Liest man heute in diesen Texten, erscheinen die Fronten klar und die Positionierungen von Wissenschaftler*innen meist der schwarz-rot-gelben Farben­lehre im Drei-Parteien-Bundestag zuzuordnen: Wie Branahl (1979) herausgearbeitet hat, lag den Positionen zur inneren Pressefreiheit meist entweder die »liberale Doktrin« (»Pressefreiheit als individuelles staatsgerichtetes Abwehrrecht«), die »konservative Deutung« (»Verbürgung der Pressefreiheit als Garantie der privatwirtschaftlichen Struktur des Pressewesens«) oder die »sozialstaatliche Deutung der Grundrechte« (»Pressefreiheit als Teilhaberecht«) zugrunde.

Entsprechend sah Wolfgang Hoffmann-Riem (1979) es als Aufgabe des Staates an, Autonomiebereiche journalistischer Arbeit abzusichern, um Grundrechte für die Produzent*innen und die Nutzer*innen der Presse zu gewährleisten – später wurde der parteilose Jurist Justizsenator in einem SPD-geführten Hamburger Senat und schließlich auf SPD-Vorschlag Bundesverfassungsrichter. Hingegen sorgte sich der Göttinger Jurist Werner Weber (1973: 7), dass der »Umgang mit den Grundrechten […] in den letzten Jahren spürbar unbedenklicher geworden« sei und dass angedachte Regelungen der vom Grundgesetz gemeinten Pressefreiheit »einen zweifelhaften und z. T. sogar fatalen Dienst« erweisen würden, ja diese sogar »manipulieren« (Weber 1973: 8); seine Publikation ging übrigens auf ein Gutachten im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger zurück. Und Elisabeth Noelle-Neumann, bekanntlich mit christdemokratischen Politik-Eliten vernetzt, argumentierte anhand von Allensbacher Umfragedaten, dass die Journalist*innen doch eigentlich ganz zufrieden seien und die Reformbestrebungen die »innere Partnerschaft in Zeitungen« zerstören würden: »Das Tischtuch zwischen Redaktion und Verleger wird zerschnitten, der Verleger wird abgestempelt als ein auf Gewinnmaximierung bedachter Kapi­talist« (Noelle-Neumann 1977: 107). Die Drucklegung ihrer Publikation finanzierten die Stiftervereinigung der Presse und die Stiftung der konservativen Rheinischen Post.

Wenn diese diskursiven Kämpfe um innere Pressefreiheit heute als nicht mehr zeitgemäß erscheinen mögen, dann wohl deshalb, weil sie aus der Demokrati­sierungsidee der 68-er Bewegung heraus begonnen und mit (gemeinwohl­bezogener) Partizipation begründet wurden. Hierauf bezogen sich auch die meisten argumentativen Scharmützel in den damaligen Texten. Seit den 1980er-Jahren ist in der (spärlicher gewordenen) Literatur ein Paradigmenwechsel in der Begründung für innere Pressefreiheit zu sehen: Es geht nicht mehr vorrangig um die Freiheit und Grundrechte abhängig beschäftigter Journalist*innen, sondern um Qualitätssicherung. Schon zuvor schien dieses Argument dann und wann auf; die Debatte Ende der 1960er-Jahre bezog sich teilweise auf die damals galoppierende Pressekonzentration in der Bundesrepublik. Doch in den 1980er-Jahren kam die Frage der Vielfaltssicherung im Zusammenhang mit der Regulierung des neu zugelassenen Privatrundfunks wieder auf; Anfang der 1990er-Jahre brachten EU-Institutionen das Thema »Pluralismus und Medienkonzentration« auf und bedrohten kurzzeitig mit Plänen zur Sicherung innerer Medienfreiheit den deutschen Tendenzschutz (Holtz-Bacha 1998). Mehr noch: Das Bundesverfassungsgericht bestätigte 1991 in einem Urteil zum WDR-Gesetz und zum NRW-Landesrundfunkgesetz die mitbestimmungsfreundliche Düsseldorfer SPD-Medienpolitik und stellte klar, Redakteur*innen werde das Mitspracherecht »nicht im Interesse ihrer Selbstverwirklichung im Beruf oder zur Durchsetzung ihrer subjektiven Auffassung eingeräumt, sondern zur Erfüllung ihrer Vermitt­lungsfunktion. […] Die Redakteursbeteiligung bleibt an das Vielfaltsgebot rückgebunden« (BVerfG 1991).

So wie bereits die Diskussion um journalistische Ethik sich zu einer Diskussion um journalistische Qualität entwickelt hat, um praxisrelevanter zu werden und/oder zeitgeistiger zu erscheinen (Thomaß 2016: 543), so hat auch die innere Pressefreiheit eine neue argumentative Grundlage bekommen, die an die mo­di­schere Qualitätsdebatte anschlussfähig ist. Um das Thema unter diesem neuen Vorzeichen wiederzubeleben, schrieb der Jurist und Redakteursausschuss-­Berater Martin Stock in seinem Buch Innere Medienfreiheit – Ein modernes Konzept der Qualitätssicherung: Um Qualitätskriterien wie Professionalität, Relevanz und Akzeptanz einlösen zu können, komme es auf »systembestimmende Vorent­scheidungen und Weichenstellungen« und »strukturelle Prämissen« an; innere Medienfreiheit sei »wirksame Qualitätsvorsorge« (Stock 2001: 15). Das Thema hat damit ein auf den ersten Blick unpolitischeres Framing bekommen – allerdings ohne dass dies bislang seine Vitalität spürbar befördert hätte.

4. Befragung deutscher Medienjournalist*innen:
Methode und Sampling

An der Universität Leipzig begannen wir im Rahmen eines Methodenseminars im Sommer 2020 ein Projekt, das klären sollte, wie stark deutsche Medieneigentümer*innen und Medienmanager*innen Einfluss auf den Journalismus in ihren Häusern und auf die Gesellschaft insgesamt nehmen und auf welchen Wegen sie diesen Einfluss ausüben. Uns interessierte auch, wer die einflussreichsten Personen sind und ob der derzeitige medienpolitische und -rechtliche Rahmen zufriedenstellend ist oder geändert werden müsste.

Diese Fragen versuchten wir durch qualitative Leitfaden-Interviews mit deutschen Medienjournalist*innen zu beantworten, die als Expert*innen für das Thema gelten können, da sie durch eigene Recherchen sowie Hintergrund­gespräche nah an der interessierenden Szene sein dürften – zumindest näher als Medienexpert*innen etwa aus der Kommunikationswissenschaft. Die theo­retische Sättigung sahen wir nach zwölf Interviews als erreicht an. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Medienjournalist*innen, die uns zwischen dem 7. Juli und dem 6. Dezember 2021 ein Interview gaben. Hauptkriterium für eine Anfrage war eine langjährige Berufserfahrung im Medienjournalismus (mindestens acht Jahre); ansonsten wurde das Sample mit dem Ziel zusammengestellt, eine größtmögliche Varianz in verschiedener Hinsicht zu erhalten:

  • Männer und Frauen;
  • Journalist*innen von General-Interest-Medien und von auf Medienjournalismus spezialisierten Medien sowie Medienjournalismus-Aggregatoren;
  • Festangestellte und Freiberufler*innen bzw. Selbständige;
  • Journalist*innen aus öffentlich-rechtlichen wie privaten Häusern sowie von gewerkschaftlich und kirchlich getragenen Medien
  • Journalist*innen aus Medien mit unterschiedlichen redaktionellen Linien von liberal-konservativ bis links.

Diese diversen Hintergründe, so unsere Überlegung, müssten das Themenfeld mit größtmöglicher Perspektivenvielfalt ausleuchten. Dass wichtige Medien nicht im Sample vertreten sind, hat verschiedene Gründe: Bei manchen waren aktuell keine Medienjournalist*innen mit entsprechender Berufserfahrung tätig (Medienjournalismus hat generell gerade keine Konjunktur in den großen Medien, vgl. Graf 2022 und Haarkötter/Kalmuk 2021: 6), auch blieb manche Anfrage unbeantwortet oder wurde abschlägig beschieden.

Tabelle 1
Sample der Interviewten*

Name

Medium

Position

Jahre im Medienjournalismus

Bouhs, Daniel

RBB radio eins Das Medienmagazin u.a.

freier Journalist

20

Grimberg, Steffen

MDR 360G u.a.

Autor

25

Hilker, Heiko

DIMBB-Medien-News

Herausgeber u. Redakteur

9

Huber, Dr. Joachim

Tagesspiegel

Ressortleiter Medien

32

Leiterer, Annette

NDR Zapp

Redaktionsleiterin

12

Meier, Christian

Die Welt

Medienredakteur

21

Niggemeier, Stefan

Übermedien

Gesellschafter u. Geschäftsführer

25

Pitzer, Sissi

BR Das MedienMagazin

verantwortliche Redakteurin

37

Renner, Kai-Hinrich

Berliner Zeitung

Redakteur

28

Roether, Diemut

epd medien

verantw. Redakteurin

19

Schuler, Thomas

Übermedien, Der Spiegel, taz, Correctiv u.a.

freier Journalist

30

Wenk, Karin

M – Menschen machen Medien

verantwortliche Redakteurin

31

* Alle Angaben beziehen sich auf den Zeitpunkt des Interviews. Drei Interviewte (Daniel Bouhs, Annette Leiterer und Kai-Hinrich Renner) sind inzwischen nicht mehr medienjournalistisch tätig.

Zehn Interviews fanden per Zoom statt, zwei persönlich im Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig. Die Dauer variierte zwischen 36 und 82 Minuten. Anonymität wurde allen Interviewten angeboten, aber von niemandem in Anspruch genommen. Die Transkripte der Interviewaufnahmen wurden von uns sprachlich leicht geglättet und von den Interviewpartner*innen autorisiert.

5. Ergebnisse der Befragung

Im Folgenden werden die medienpolitischen Wunschvorstellungen der Interviewten dargestellt – nach diesen fragten wir am Ende der Interviews, nachdem besprochen worden war, wer die mächtigsten Medieneigentümer*innen und -manager*innen sind, ob diese ihre Redaktionen politisch oder wirtschaftlich instrumentalisieren und auf welche sonstigen Weisen sie Einfluss auf Journalismus und Gesellschaft nehmen. Grob zusammengefasst, identifizierten die Interviewten die mächtigsten Personen im Privatsektor, bei den Öffentlich-Rechtlichen konzentriere sich die Macht weniger auf Einzelpersonen.[3] Eine politische Indienstnahme der Redaktionen scheine eher die Ausnahme zu sein; es wurden vor allem Beispiele aus der Axel Springer SE und von inhabergeführten Regio­nalzeitungsverlagen angeführt. Das Eigentümer-Interesse am Journalismus sei heute in erster Linie ökonomischer Art; entsprechender Druck werde stärker denn je bis nach unten auf die Redakteursebene weitergegeben (ausführlich dargestellt werden diese Ergebnisse in Krüger et al. 2023).

Nachdem also die Interviews zunächst von der empirischen, beobachtbaren Ebene handelten, stellten wir die normative Frage: »Einmal ganz allgemein gesprochen: Finden Sie, dass Medieneigentümer*innen in Deutschland zu viel Macht haben, oder vielleicht zu wenig? Müsste man medienpolitisch oder medienrechtlich etwas ändern? Oder ist alles gut genauso, wie es jetzt ist?« Das Stichwort »innere Pressefreiheit« gaben wir zusätzlich hinein, wenn die Antwort diesen Aspekt nicht schon streifte.

5.1 Erosion von Eigentümermacht im digitalen Strukturwandel
der Öffentlichkeit

Die Mehrheit der Befragten sah aktuell keinen medienpolitischen bzw. -rechtlichen Regulierungsbedarf, da die Verhältnisse grundsätzlich in Ordnung seien und/oder Eigentümer*innen und Manager*innen im gegenwärtigen digitalen Strukturwandel der Öffentlichkeit ohnehin geschwächt dastünden. So sagte die damalige NDRZapp-Redaktionsleiterin Annette Leiterer:

»Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass es Medienmanagern im Moment ein Leichtes ist, ihr Geschäft zu erfüllen. Ich finde Ihre Frage gar nicht mehr so wahnsinnig zeitgemäß. Der Einfluss zum Beispiel von jemandem wie Rezo oder so – der besitzt keinen Medienkonzern, verfügt aber über eine enorme Reichweite, veröffentlicht sehr meinungsstarke Beiträge, auch mit einer klaren politischen Aussage. Und insofern hat er einen sehr, sehr großen Impact.[…] Insofern hat sich da so viel verschoben, dass, wenn wir darüber sprechen, wer macht die Meinung, wir uns sehr viel mehr mit Algorithmen und der Unternehmenspolitik von Tech-Giganten beschäftigen müssen.«[4]

Wenig zeitgemäß fand die Frage auch Steffen Grimberg, Autor von MDR 360G, und auch er hält die Machtverhältnisse für »verschoben«:

»Das war vielleicht ein Thema vor 20 Jahren und vielleicht erst recht vor 50 Jahren. Es ist zwar bedauerlich, aber durch das Auftreten der neuen Player wie Google und Co. hat sich das massiv verschoben und ich glaube, man wäre jetzt nicht gut beraten, wie das einige vor allem sozialdemokratische Altvordere manchmal noch machen, jetzt trotzdem diese Ideale der 70er-Jahre anzustreben: Entflechtung meinetwegen auch großer Zeitungsverbände und so weiter. Die haben Nachteile, ist gar keine Frage. Ich fürchte nur – Alternativlosigkeit ist ja so ein Unwort, aber in so einer gewissen Weise sind wir da – wir sind zumindest mit dem bestehenden System wirklich am Ende der Fahnenstange. Und man wird sicherlich zum Beispiel im Pressebereich noch eine ganze Menge Konsolidierung sehen.«

Ähnlich meinte Christian Meier von der Welt:

»[…] ich finde nicht, dass Medieneigentümer zu viel Macht in Deutschland haben. Zudem ist die Meinungsmacht heute viel breiter verteilt als vor 30, 40 Jahren, allein aufgrund der digitalen Revolution. Welche Medien wie viel Reichweite und damit Einfluss auf die Meinungs­bildung haben, wird ja auch zunehmend von digitalen Plattformen mit­bestimmt. Medienpolitisch sollten alle Verlage die Rahmenbedingungen haben, um unabhängigen Journalismus betreiben zu können.«

Kai-Hinrich Renner, zum Zeitpunkt des Interviews noch bei der Berliner Zeitung, sagte pointiert:

»Ich denke, dass die Macht der deutschen Medieneigentümer gerade ziemlich erodiert. Das hat zu tun mit der digitalen Revolution, dem Aufkommen der sozialen Medien. Die Medienmacht geht jetzt in ganz andere Kanäle.«

Die Macht der GAFAM – ein Akronym für die fünf größten IT-Unternehmen Google (heute: Alphabet), Apple, Facebook (heute: Meta Platforms), Amazon und Microsoft – betonte auch der freie Journalist Thomas Schuler. Die Macht von Medieneigentümer*innen müsse aber dennoch beschränkt werden:

»Wie sollte eine sinnvolle Regulierung der Medien und ihrer Eigentümer aussehen? Das ist eine wichtige Frage, deren Antwort ich nicht auf die Schnelle geben kann. Ich kann nur eines sagen: Politik, Wissenschaft und Journalisten sollten sich dringend weiter mit dieser Frage beschäftigen. Sie ist durch Google und Facebook noch schwieriger geworden, aber nicht obsolet.«

Und er erinnerte sich, dass zu Beginn seiner medienjournalistischen Tätigkeit vor 30 Jahren »die direkte Einflussnahme auf Inhalte und der damit verbundene Machtmissbrauch damals sehr viel stärker wahrgenommen und diskutiert wurde«. Dieser Zeitgeist habe sich aber gewandelt; unsere Frage nach diesbe­züglichen Desiderata der Medienpolitik

»[…] ist im Kontext Ihres Projektes voll verständlich. Sonst müsste man sich fast für diese Frage entschuldigen oder sie erklären. Ich will damit sagen: Früher waren solche Fragen völlig normal für Medienjournalismus; heute sind sie selten anzutreffen.«

Schulers Beobachtung von veränderten Fragestellungen im Medienjournalismus verweist auf einen größeren Wandel in der politisch-kulturellen Hegemonie, auf den im letzten Abschnitt eingegangen wird.

5.2 Medienjournalismus als Ersatz für Medienpolitik

Der (damalige) freie Journalist Daniel Bouhs konstatierte, dass deutsche Medien­eigentümer*innen »vergleichsweise wenig konkreten Einfluss ausüben« und es »in Nachbarländern deutlich schlimmere Verhältnisse gibt«. Daher:

»Ich weiß nicht, ob man medienrechtlich etwas ändern müsste. Ich finde es natürlich wichtig, dass Redaktionen, wenn sie von publizistischem Machtmissbrauch betroffen sind, darüber Öffentlichkeit herstellen. Wir wissen natürlich nicht, was wir alles nicht wissen. Aber wir haben ja am Beispiel Ippen gesehen, dass wenn versucht wird, mit einem konkreten Hinweis auf ein wirtschaftliches Interesse Berichterstattung zu verhindern, das dann schnell auffliegt. Und solange es diesen publizistischen Bumerang-Effekt gibt, glaube ich, laufen die Sachen hierzulande am Ende doch gut.«

Ebenso wie Bouhs setzte auch Übermedien-Geschäftsführer Stefan Nigge­meier eher auf Transparenz, die sein eigenes Metier herstellt, als auf staatliche Interventionen:

»Ich bin wirklich in dem Sinne überzeugter Medienjournalist, dass ich da selten denke, dass die Politik der richtige Ansprechpartner dafür ist. Sondern ich glaube, was wirklich hilft: Wenn Medien das untereinander thematisieren, wenn das eine kritische Aufmerksamkeit bekommt in anderen Medien. Das passiert viel zu selten. […] [W]as am besten hilft bei so einem sensiblen Thema wie Journalismus: dass das System des Journalismus sich selber darum kümmert.«

Thomas Schuler sprach über Möglichkeiten verstärkter Selbstkontrolle der Branche sowie über Medienjournalismus, der aber gegenwärtig schwach aufgestellt sei:

»Medien kontrollieren sich gegenseitig im Idealfall, und zwar durch wirtschaftliche Konkurrenzangebote und durch publizistische Kontrolle. So sollte es sein. Aber da kritische Medienberichterstattung, die sich diesen Fragen der Macht und ihres Missbrauchs widmet, nur rudimentär stattfindet und es seit Jahren schwer hat, bleibt es meist bei der Theorie. Ich kann mich – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – kaum an Medien­geschichten erinnern, die diese Fragen systematisch thematisieren. Also Fragen, wo und wie Eigentümer eingreifen und die Darstellung von Sachverhalten nach ihren Wünschen manipulieren.«

5.3 Für und Wider von Redaktionsstatuten und -vertretungen

Für Diemut Roether, verantwortliche Redakteurin des von der Evangelischen Kirche getragenen Dienstes epd medien, illustrierte der Fall Ippen/Reichelt einerseits, »dass Journalisten, wenn sie sich zusammenschließen und solidarisch handeln, durchaus auch gegen die Eigentümer etwas ausrichten können«. Andererseits erinnert sie sich bei der Frage, ob man medienpolitisch etwas ändern müsste:

»Schwierige Frage. […] Es gab in den 70er Jahren Redaktionsstatuten. Das war, glaube ich, wirklich eine ganz gute Bewegung, um den Journalisten auch eine gewisse Unabhängigkeit zu gewährleisten. Eben auch in den privaten Unternehmen, die ja den sogenannten Tendenzschutz haben.«

Sie finde »alles gut, was die innere Pressefreiheit stärkt, was eben auch die Journalisten in ihrer Meinungsfreiheit stärkt«. Auf das Argument, dass die Eigentümer*innen heute durch Digitalisierung und GAFAM selbst stark unter Druck stünden, sagt sie:

»Nein, ich glaube nicht, dass die Antwort sein kann, angesichts der Großkonzerne, die sozusagen den Markt beherrschen im Internet, müssen jetzt die Eigentümer noch mehr gestärkt werden. Man muss natürlich gucken, dass die Eigentümer irgendwie wirtschaftlich arbeiten können. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es das Geschäftsmodell stärkt, wenn man die innere Pressefreiheit schwächt. Ich könnte mir vorstellen, dass es eher umgekehrt ist.«

Dies bestätigte Joachim Huber vom Tagesspiegel, der zuvor beim Mannheimer Morgen gearbeitet hatte, wo seit 1969 ein Redaktionsstatut der Redaktion ein Mitspracherecht bei der Bestellung von Chefredaktion und Ressortleitungen einräumt.[5] Dazu Huber:

»Das, muss ich sagen, fand ich eine sehr, sehr gute Maßnahme, denn es ist nicht so, dass man dann jenen haben möchte, der einem am liebsten und sympathischsten ist, sondern am Ende kommt dann doch der raus, der sehr befähigt ist. So [ohne Statut wie beim Tages­spiegel – d. Aut.] ist die Ernennung natürlich allein in die Hand des Verlegers gegeben. Nun glaube ich, dass wir einen sehr guten Verleger haben. Aber ich bin sicher, es gibt auch andere. Und gerade in diesen Nachfolgegeschichten – einer hat den Verlag gegründet, dann hat er vererbt und wieder vererbt – ist es nicht so gegeben, dass der Dritte in der Reihe unbedingt ein guter Verleger ist oder das Geschäft versteht. Und dort helfen solche stützenden Maßnahmen wie zum Beispiel ein Redaktionsstatut sehr viel weiter.«

Solche Mitbestimmungsrechte beförderten auch ein Gefühl der Mitverantwortung für das Schicksal der Zeitung, erklärte Huber weiter:

»Man macht sich auch sehr viel mehr Gedanken darüber, was eine Redaktion leisten soll, wenn man dieses Statut hat. Man muss sich nämlich selbst darum kümmern: Was wollen wir? Was machen wir? Was lassen wir? Das fand ich sehr, sehr hilfreich. Das kostete jedoch mehr Zeit. Es kostet Zeit, weil man Versammlungen usw. hat, aber es macht einem stärker bewusst, was tatsächlich mit einer Zeitung passiert oder was eine Redaktion anstellen will. Also alles, was die innere Pressefreiheit stützt und stärkt, muss immer befördert werden. Aber Verleger denken sehr oft, Redaktionsstatute seien gegen sie gerichtet. Tatsächlich sind sie aber in die Redaktion hinein gerichtet.«

Kai-Hinrich Renner, zum Zeitpunkt des Interviews noch Redakteur bei der Berliner Zeitung – die zwischen 2006 und 2017 ein Redaktionsstatut hatte und seit 2019 mit Holger Friedrich einen erklärtermaßen interventionsfreudigen Eigentümer hat (vgl. Friedrich 2021) –, stimmt dem zu: »Ich denke auch, dass ein vernünftiges Redaktionsstatut einem Verleger in keinster Weise schadet.« Und er gab zu Protokoll:

»Eine solche Debatte wäre wichtig. Mit der inneren Pressefreiheit ist es in vielen Redaktionen nicht weit her. Die miserable wirtschaftliche Situation mancher Häuser verschärft die Situation noch, wenn beispielsweise mit Rücksicht auf die wenigen verbliebenen Anzeigenkunden über bestimmte Dinge nicht mehr geschrieben werden darf.«

In dieser Situation wäre mehr Mitbestimmung angezeigt, sei aber real kaum durchzusetzen:

»Redaktionsstatute würden sicherlich helfen. Ich glaube aber, dass, wer jetzt kein Redaktionsstatut hat, so schnell auch keines bekommen wird. Der Einfluss der Gewerkschaften in den Medienhäusern ist relativ gering. Die Eigentümer sind nicht gewillt, Redaktionsstatute zu akzeptieren. In den meisten Häusern herrscht angesichts der Strukturkrise der Medien die Mentalität vor, man brauche jetzt keine Experimente, sondern müsse vielmehr den Helm tiefer ziehen.«

Dies sei, so Renner, »auf Verlagsseite eine sehr kurzfristige, ökonomische Denkweise, die neuen Ideen nicht unbedingt förderlich ist«.

Karin Wenk von der Verdi-eigenen Zeitschrift M – Menschen machen Medien sieht Redaktionsstatute und Redakteursvertretungen als »hilfreich« an, aber vor allem, damit sich Redakteur*innen gegen den Tendenzschutz der Verleger*innen »zur Wehr setzen« können:

»Die Gewerkschaften haben viele, viele Jahre immer wieder für solche Vertretungen und Redaktionsstatute plädiert. Es gibt jetzt, wenn ich richtig informiert bin, noch fünf oder sechs [im privaten Mediensektor – d. Aut.]. Einige liegen auf Eis. Wir dachten mal, dass das viel mehr favorisiert oder vorangetrieben wird, dass Redakteure sich solche Statute geben. Da ist nach wie vor ein dickes Brett zu bohren.«

In Redaktionsstatuten sieht dagegen Christian Meier von der Welt weniger Lösungspotenzial für das potenzielle Problem eingeschränkter Meinungsvielfalt in Redaktionen:

»Innere Pressefreiheit ist immer ein großes Thema. Wenn eine Redaktion meint, ein Redak­tionsstatut haben zu müssen, dann sollte sie sich dafür einsetzen. Aber grundsätz­lich braucht es doch selbstbewusste Redaktionen und den Grundsatz, dass es innerhalb einer Redaktion ein möglichst breites Meinungsspektrum geben sollte, was einer Blatt­linie zu einem bestimmten Thema nicht widersprechen muss. Ich meine, es braucht ja starke Chef­redakteure, unabhängige Chefredakteure, in Zusammenarbeit mit einer starken Redak­tion. Und es macht ja gerade eine starke Chefredaktion aus, wenn sie auch Positionen zulässt, die quer zu einer möglichen Blattlinie zu einem Thema laufen. Handlungsbedarf besteht meiner Ansicht nach überall dort, wo die freie Entfaltung von Medien­unternehmen unnötig eingeschränkt werden soll.«

Eine Position, die übrigens an die erwähnte Publikation von Noelle-Neumann (1977: 9) erinnert: Darin schrieb im Vorwort der FAZ-Redakteur Kurt Reumann (der bei Emil Dovifat promoviert und bei Noelle-Neumann an der Uni Mainz gearbeitet hatte), »daß letztlich nicht Statuten und organisatorische Regelungen die Freiheit des Redakteurs garantieren. Wichtiger sind, Talent vorausgesetzt, eine solide Ausbildung und persönlicher Mut.«

5.4 Weitergehende medienpolitische Wunschvorstellungen

Von zwei Interviewten wurde unsere Frage nach medienpolitischen Wunsch­vorstellungen bezüglich der Regulierung von Eigentümermacht mit einem Hinweis auf das Thema »Gemeinnütziger Journalismus« beantwortet – also der aktuell diskutierten Forderung, der Staat solle Organisationen als gemeinnützig aner­kennen und steuerlich begünstigen, die die Produktion von nicht-kommerziellem Journalismus zum Zweck haben.[6] MDR-Autor Steffen Grimberg erklärte dies zu dieser Art Umgehungsstrategie:

»Umso wichtiger ist es ja eher zu gucken, Stichwort Journalismusfinanzierung: Wie kann man jenseits der heute bestehenden Machtverhältnisse Journalismus finanzieren und sicherstellen? Und da würden wir jetzt ein riesiges neues Fass aufmachen, was mit Macht in einer Form auch zu tun hat, nämlich wie sieht es aus mit Formen, gemeinnützigen Journalismus zu machen? Oder andere Darreichungsformen, von denen einige ja schon existieren, wie Correctiv und so weiter, die aber immer so ein bisschen tricksen müssen, um die Gemeinnützigkeit anerkannt zu bekommen oder bestimmte Fördertöpfe anzapfen zu können.«

Medienpolitik solle es damit also ermöglichen, dass professioneller Journalismus zunehmend auch abseits großer, finanzstarker und hierarchischer Häuser gemacht werden kann. Sissi Pitzer vom Bayerischen Rundfunk drückte es so aus: »Sprich, wie kann ich unabhängigen Journalismus jenseits von Anzeigengeldern und Abogeldern finanzieren? Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiges Feld.«

Zwei Interviewte äußerten noch weitergehende Vorstellungen, die das Machtverhältnis zwischen Besitzer*innen und Beschäftigten im Journalismus be­treffen. Karin Wenk von der Gewerkschaftszeitschrift M meinte: »Wir müssen es endlich schaffen, diesen unsäglichen Tendenzschutzparagrafen abzuschaffen.« Dies fordere IG-Medien bzw. jetzt Verdi schon seit langem: »Da muss der Bundes­tag das Betriebsverfassungsgesetz dann halt ändern.« Würde der Paragraf nicht mehr für Medienbetriebe gelten, beträfe das laut Wenk im Effekt weniger die inhaltliche Richtlinienkompetenz der Verleger*innen als die derzeitige Begren­zung der betriebswirtschaftlichen Mitbestimmung:

»Ich meine, dass ein Eigentümer oder ein Herausgeber einer Zeitung immer sagen wird, wo es langgeht, dazu braucht er keinen Tendenzschutz, dazu braucht er den Paragrafen nicht wirklich. Die Unternehmensgrundsätze von Springer, die kann er auch in seine Arbeitsverträge schreiben ohne den Tendenzschutzparagrafen. Der Tendenzschutzpara­graf ermöglicht dem Medienunternehmen jedoch, seine wirtschaftlichen Daten unter Verschluss zu halten. Der Betriebsrat in einer anderen Firma kann die Wirtschaftszahlen anfordern. Aber bei Tendenzbetrieben sagen sie, nein, das fällt unter den Tendenzschutz, und so verschleiern bzw. verschweigen sie die Daten.«

Und schließlich stellte Heiko Hilker, Herausgeber des täglichen Newsletters DIMBB-Medien-News und ehemaliger medienpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, private Verfügungsmacht über Medien grundsätzlich in Frage, da die Gewinnorientierung von Journalismus in Konflikt mit seiner Unabhängigkeit stehe. Zum Tendenzschutz von Verleger*innen sagte er:

»Die Eigentümer können die Richtung vorgeben. Die Motive sind da egal. Man kann gerne drüber reden, ob es sich da um eine Einmischung handelt, aber das greift mir zu kurz. Für mich ist die Frage, wem Medien zu dienen haben, eine Grundsatzfrage. Privat finanzierte Medien gehören in einer kapitalistischen Gesellschaft dazu. Aber wie hat es Marx gesagt? Die erste Freiheit der Presse ist es, kein Gewerbe zu sein.«

Auch wenn es heute schwer vorstellbar erscheine – die Politik könne den Rahmen ändern, um eine Freiheit von den Zwängen des Marktes zu gewährleisten:

»Ich muss Mehrheiten für andere gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. Das ist der Weg in einer Demokratie. Es kann festgelegt werden, dass kein Eigentümer mehr als fünf Prozent an einem Medienunternehmen halten darf. Ich kann genossenschaftliche Medien­unternehmen befördern […]. Wir können die Einhaltung von Qualitätsstandards verlangen sowie die Medienunternehmen zu mehr Transparenz verpflichten.«

Auf die Nachfrage, ob er sich ein Gesetz vorstellen könne, in dem steht, dass es keine privaten Medien geben darf, erinnerte Hilker an »eine Zeit in Deutschland, in der gab es kein privates Radio, kein privates Fernsehen. Das wurde in den Achtzigern geändert. Man könnte fragen, warum wurde es durchgedrückt? […] Der Gesetzgeber hat große Gestaltungsfreiheiten. Er muss sie nur nutzen.«

6. Fazit und Reflexion

Die Befragung erfahrener deutscher Medienjournalist*innen ergab ein breites Bild von politischen Wunschvorstellungen und Einschätzungen, die teilweise auch kritisch hinterfragt werden können. Dass über 50 Jahre nach der Hochzeit der Statutenbewegung die Frage nach der inneren Presse- bzw. Medienfreiheit wie aus der Zeit gefallen sei und sich so nicht mehr stelle, wurde von einigen Interviewten geltend gemacht – zu fundamental seien die Verschiebungen im Gefüge der Medienwelt durch die Digitalisierung, wodurch sich die Macht von Medieneigentümer*innen und -manager*innen verringert hätte. Allerdings wurde von anderen Befragten auch argumentiert, dass Redaktionsstatute und Redakteursausschüsse keine Schwächung der Verleger*innen bedeuten müssen, sondern Beschäftigte auch zur Übernahme von mehr Mitverantwortung für das eigene Haus motivieren können – ein Punkt, den künftige empirische Forschung überprüfen könnte.

Grundsätzlich wurde die Relevanz von Regulierungen zur inneren Pressefreiheit unterschiedlich eingeschätzt. Während von liberal-konservativer Seite in Frage gestellt wurde, dass Redaktionsstatute ein Mehr an journalistischer Freiheit bringen, befürwortete die Gewerkschaftsseite klar solche Statute als Mittel der Emanzipation und forderte die Abschaffung des Tendenzschutzes. Ein dem linken Spektrum zuzuordnender Befragter eröffnete sogar die Perspektive einer Medienlandschaft ohne Privateigentum.

Manchen Interviewten erschien die Herstellung von Öffentlichkeit durch Berichterstattung ein wirksameres Mittel gegen Machtmissbrauch von Eigentümer*innen als die Änderung gesetzlicher Rahmenbedingungen; möglicherweise ist dies ein Effekt der spezifischen Perspektive von Medien­journalist*innen. Andere Befragte verwiesen bei medienpolitischen Desiderata auf die steuerliche Begünstigung von »gemeinnützigem Journalismus« – ein Thema, das gerade en vogue ist und langfristig womöglich tatsächlich das Potenzial hat, Eigentümer*innen-Macht im Journalismus breiter zu verteilen, aber das unmittelbare Problem abhängig Beschäftigter in hierarchischen Häusern natürlich nicht löst. Hier könnte es sich um einen Agenda-Setting-Effekt der aktuellen medienpolitischen Debatten (= Medienagenda) auf das Problembewusstsein der Befragten als »Prosumer*innen« dieser Debatten (= Publikumsagenda) handeln – sprich: Was nicht in der Diskussion ist, darüber wird nicht näher nachgedacht.

Dass das Thema innere Pressefreiheit gerade keine Konjunktur hat, scheint aus unserer Sicht jedenfalls alles andere als gerechtfertigt oder natürlich, sondern eher mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen und der wechselnden Hege­monie von Ideen und Ideologien verknüpft. Die Hochzeit der Statutenbewegung um 1970 war zugleich die Hochzeit des »sozialdemokratischen Konsensus«, der in den folgenden Jahrzehnten von einem »neoliberalen Paradigma« abgelöst wurde; und der Wechsel in der »politisch-kulturellen Hegemonie« lässt jeweils andere Perspektiven und Fragen als selbstverständlich oder aber als absonderlich und begründungspflichtig erscheinen (Volkmann 2006: 261). Der mit der Durch­setzung des Neoliberalismus verbundene Einflussverlust der Gewerk­schaften sowie die anhaltende Lobbyarbeit der Verleger*innen gegen innere Pressefreiheit und für Tendenzschutz dürften für das Erlahmen der Statutenbewegung ursächlicher sein als eine angebliche Irrelevanz des Themas aufgrund der digitalen Transformation oder, wie es Holtz-Bacha vor Längerem vermutete, aufgrund der Verlangsamung des Pressekonzentrationsprozesses oder einer Überlagerung durch andere Probleme wie die Einführung von neuen Technologien für Druck und Redaktion (vgl. Holtz-Bacha 1998: 76). Wie anders wäre es zu erklären, dass während des digi­talen Strukturwandels der Medienlandschaft und während der technologischen Umbrüche seit den 1980er-Jahren viele öffentlich-rechtliche Anstalten neue Redak­tions­statute verabschiedeten – zuletzt 2014 der SWR –, und zwar, weil die entsprechenden Landes­regierungen den Intendant*innen per Gesetz aufgaben, ein solches aufzustellen?[7]

Innere Medienfreiheit ist eine Frage des politischen Willens. Ob die Diskussion über das »Glimm- und Zunderthema« (Kull 1995: 551) zurückkommt und in welcher Rahmung – sei es als »Demokratisierung«, als »Qualitäts- und Pluralismussicherung« oder vielleicht sogar als »Mitverantwortung der Beschäftigten für Medienhäuser in der ökonomischen Krise« –, hängt von den Diskutant*innen, deren Machtpositionen und der politisch-kulturellen Hegemonie ab.[8]

Inzwischen bietet sich noch ein weiteres Framing für die Debatte an, denn während der Affäre um die Verfehlungen der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger im Sommer 2022 zeigte sich noch ein anderer Nutzen von redak­tioneller Mitbestimmung. Während die Hausspitze unter dem Druck der Enthüllungen zusammenbrach und auch der Rundfunkrat des RBB seine Vor­sitzende verlor, wurde die journalistische Belegschaft der Anstalt als eigenständige Akteurin in der Krise sichtbar: Der Redaktionsausschuss forderte öffentlich einen Rücktritt der Geschäftsleitung und einen weitgehenden Strukturwandel im Hause, in den die Beschäftigten einbezogen werden müssten (vgl. Zeit Online 2022). Die Journalist*innen übernahmen damit nicht nur Verantwortung für die weitere Entwicklung der Anstalt, sondern verhinderten wohl bei nicht wenigen Rezipient*innen, dass der RBB in der Wahrnehmung mit seiner Intendanz gleichgesetzt wurde: Sie sorgten für Vertrauen in ihre journalistische Integrität, indem sie sich aktiv von den diskreditierten Hierarch*innen des eigenen Hauses abgrenzten und auch kritisch über diese recherchierten und publizierten. Die Einrichtung von Redakteursvertretungen kann also auch als »vertrauensbildende Maßnahme« gegenüber dem Publikum verstanden werden – und also als Beitrag für einen widerstandsfähigen, resilienten Journalismus (vgl. Daniel/Weichert 2022) in Zeiten grassierender Medienskepsis.

Über die Autor*innen:

Uwe Krüger, Dr. (*1978) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und Forschungs­koordinator des dortigen Zentrums Journalismus und Demokratie. Für seine Bücher Meinungsmacht und Mainstream erhielt er von der Initiative Nachrich­tenaufklärung den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik. 2017 hat er das Netzwerk Kritische Kommunikationswissenschaft (KriKoWi) mitgegründet. Kontakt: uwe.krueger@uni-leipzig.de

Pauline Köbele (*1997), Mascha Leonie Lang (*1997), Milena Scheller (*2001) und Henry Seyffert (*1997) studieren im Bachelor Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Leipzig.

Die englische Version dieses Aufsatzes wurde übersetzt von Kate Sanderson mit Unterstützung von Stine Eckert.

Literatur

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Brandt, Hendrik (2022): Pressefreiheit – mit Gewalt? EU-Plan stößt in Deutschland auf Kritik. Redaktionsnetzwerk Deutschland vom 6.10.2022. https://www.rnd.de/politik/ist-die-pressefreiheit-in-europa-bedroht-RLVRU525RBHD5JU47WFGGD5L5Q.html

BVerfG (1991): 6. Rundfunkentscheidung. Bundesverfassungsgericht. https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv083238.html

Daniel, Matthias; Weichert, Stephan (Hrsg.) (2022): Resilienter Journalismus. Wie wir den öffentlichen Diskurs widerstandsfähiger machen. Köln: Herbert von Halem.

Friedrich, Holger (2021): BDZV: Lobbyverein oder doch Moderator einer Transformation? In: Berliner Zeitung vom 23.10.2021. https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/bdzv-lobbyverein-oder-doch-moderator-einer-transformation-li.190329?pid=true

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Fussnoten

1 Gegen diese These spricht allerdings ein Befund der Studien »Journalismus in Deutschland« I und II: Der Anteil der Journalist*innen, die dem »Verleger/Verlag/Intendanten/Aufsichtsgremien« einen eher großen oder sehr großen Einfluss auf die eigene Arbeit bescheinigten, sank von 24 Prozent im Jahr 1993 auf 12 Prozent im Jahr 2005. Gesunken zu sein schien außerdem der Einfluss der Chefredaktionen – von 43 auf 32 Prozent – und der Ressortleitungen – von 45 auf 39 Prozent – auf die Journalist*innen (Weischenberg et al. 2006: 148).

2 Eine neue Analyse des Kampfes der Deutschen Journalisten-Union um innere Pressefreiheit und medienpolitische Regulierung zwischen 1962 und 1979 zeigt übrigens, dass das Interesse des Deutschen Gewerkschaftsbundes (als Dachorganisation der dju) an positiver medialer Darstellung diesen Kampf behindert hat (vgl. Löblich/Venema 2022).

3 Es sei daran erinnert, dass die Interviews vor der Affäre um RBB-Intendantin Patricia Schlesinger geführt wurden. Der Fall Ippen/Reichelt fiel mitten in den Erhebungszeitraum.

4 Vgl. »Pakt mit dem Teufel«, ein Interview von Wolfgang Scheidt mit Henning Eichler in dieser Ausgabe.

5 1996 kündigte der Verlag des Mannheimer Morgen zwar das Statut, das als eines der ersten in Deutschland mit der Redaktion ausgehandelt worden war. Doch der Redaktionsrat wehrte sich, das Landesarbeitsgericht (LAG) erklärte die Kündigung für unwirksam, und das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Zuständigkeit des LAG für die Entscheidung (vgl. von Olenhusen 1999).

6 Das Thema hat die aktuelle Bundesregierung 2021 in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Näheres dazu findet sich beim Forum Gemeinnütziger Journalismus: http://forum-gemeinnuetziger-journalismus.de/.

8 Jüngst brachte ein einflussreicher Akteur das Thema wieder auf: Die Europäische Kommission präsentierte im September 2022 den Entwurf für einen »European Media Freedom Act« mit einem Passus, der Verleger*innen verpflichten soll, gemeinsam mit der Redaktion die »overall editorial line« des Mediums festzulegen und sich anschließend aus der journalistischen Arbeit herauszuhalten. Die deutschen Verleger*innen reagierten empört (vgl. Brandt 2022).


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Zitationsvorschlag

Uwe Krüger, Pauline Köbele, Mascha Leonie Lang, Milena Scheller und Henry Seyffert: Innere Pressefreiheit revisited. Aktueller Regulierungsbedarf zu Eigentümermacht aus Sicht deutscher Medienjournalist*innen. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 3, 2022, 5. Jg., S. 228-247. DOI: 10.1453/2569-152X-32022-12669-de

ISSN

2569-152X

DOI

https://doi.org/10.1453/2569-152X-32022-12669-de

Erste Online-Veröffentlichung

Dezember 2022