Von Jessica Kunert, Luka Simon und Volker Lilienthal
Abstract: Die journalistische Zusammenarbeit im investigativen Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung in Deutschland wurde im Hinblick auf interne Arbeitsweisen (Arbeitsabläufe und Standards) und mögliche Probleme und Konflikte (Recherche, Ziele und Finanzierung) wissenschaftlich noch nicht untersucht. In diesem Aufsatz wird die Kooperationsform des Rechercheverbundes anhand seiner Strukturen und seines Organisationsgrades analysiert. Es wurden neun Journalist:innen mittels qualitativer Leitfadeninterviews befragt. Die Ergebnisse zu den internen Arbeitsweisen zeigen, dass sich Rechercheteams innerhalb des Verbundes themenbezogen zusammenfinden und dabei in der Arbeitsteilung von den Qualifikationen und Zugängen der anderen profitieren. Dabei sind ein intensiver Austausch und feste Absprachen essenziell. Probleme und Konflikte liegen vor allem in dem unterschiedlich hohen Aufwand der Redaktionen an personellen und finanziellen Ressourcen sowie im hohen organisatorischen Aufwand. Es zeigt sich, dass die Journalist:innen den Verbund insbesondere wegen seiner Themenvielfalt und der hohen Qualität und Quantität der Rechercheergebnisse schätzen. Als Form der Zusammenarbeit zeigt sich der untersuchte Rechercheverbund als Erfolg, der von einer Vielzahl impliziter Regeln getragen wird. Über die internen Strukturen hinaus ist der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung zu diskutieren, der durch die Kooperation zweier öffentlich-rechtlicher Sender und eines privatwirtschaftlichen Mediums aufgeworfen wird.
Keywords: Investigativer Journalismus, Kooperation, Recherche, Zusammenarbeit
Der investigative Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) zählt zu den bekanntesten deutschen intermedialen Journalismus-Netzwerken (vgl. Schultz 2021: 338). Seit der Gründung 2014 gab es zahlreiche gemeinsame Recherchen und Veröffentlichungen von jeweils unterschiedlichen Konstellationen der drei beteiligten Investigativressorts: So berichteten im Januar 2023 die drei Medien über unstimmige Preisverhandlungen bei PCR-Tests zwischen Ärztefunktionären und Krankenkassen, kurz danach identifizierten sie erstmals Hotspots der gesundheitsschädlichen Chemikalie PFAS in Deutschlands Böden. Im Sommer 2022 veröffentlichten WDR, NDR und SZ gemeinsam mit Medien aus 28 anderen Ländern die »Uber Files« und deckten auf, dass der US-Fahrdienstleister Uber mit Kontakten zu europäischen Spitzenpolitikern wie Emmanuel Macron versuchte, Gesetze zu umgehen. Im Jahr 2023 recherchierte der Verbund zu den Vorwürfen gegen »Rammstein«-Sänger Till Lindemann.
Das Aufdecken von Missständen erfordert gerade im investigativen Journalismus eine redaktions- und sogar grenzübergreifende Kooperation bei einer Recherche (Carson/Farhall 2018; vgl. Schultz 2021: 339). Solche Kooperationen können eine starke Publikationskraft entwickeln und von großem gesellschaftlichem Nutzen sein (vgl. Schultz 2021: 339). Dabei finden sich zugunsten der Arbeitsteilung sogar starke Medienkonkurrenten für solche Kooperationen zusammen (vgl. Schultz 2021: 340) oder aber – wie im Falle der hier thematisierten Recherchekooperation – private und öffentlich-rechtliche Medien. Diese Form der intermedialen Zusammenarbeit steht mitunter aus medienpolitischen Gründen in der Kritik und wird mit dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung und Quersubventionierung zwischen den beiden Medienformen konfrontiert (z. B. Meier 2015). Inzwischen ist der Zusammenschluss von Journalist:innen unterschiedlicher Redaktionen keine Neuheit mehr. Für Recherchen entstanden in den letzten Jahren diverse nationale und auch internationale journalistische Netzwerke (vgl. Schultz 2021: 338). Vorreiter sind die USA: Forscher:innen sehen hier seit den späten 1990er-Jahren einen deutlichen Trend hin zu Kooperationen und Kollaborationen im Journalismus (vgl. Heft 2021: 454; vgl. Schultz 2021: 338).
Ein Grund für die zunehmende Bedeutung von Rechercheverbünden ist der digitale Strukturwandel und die damit verbundene Menge an Daten, die online gespeichert werden (vgl. Lugschitz et al. 2024: 109). Besonders investigativ arbeitende Journalist:innen sehen neue Herausforderungen bei der Recherche und Verifizierung von Daten, wie sie z. B. aus Leaks kommen (Kunert et al. 2022). Der Austausch und die gegenseitige Unterstützung zwischen investigativen Redaktionen werden daher immer wichtiger, auch, um sich neben dem alltäglichen Nachrichtenoutput mit größeren Enthüllungen gegen Wettbewerber auf dem Medienmarkt zu behaupten (vgl. Schultz 2021: 341). Der Trend hin zu Zusammenschlüssen in Verbünden wird auch als »Beitrag zur Rettung und Sicherung des Qualitätsjournalismus« (Schultz 2021: 341) betrachtet.
Trotz dieser bekannten Entwicklungen im Journalismus gibt es bisher wenige wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit solchen redaktionsübergreifenden Kooperationen auseinandersetzen. Wir untersuchen den investigativen Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ, weil hier zwei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit einem privatwirtschaftlich organisierten und stärker textbasiert publizierenden Presse/Online-Medium crossmedial kooperieren. Die Unterschiedlichkeit der Partner ist eine doppelte: hinsichtlich Produktionsweisen und Publikationskanälen sowie finanziell (Rundfunkbeitrag vs. Verkaufs- und Anzeigenerlöse). Diese Strukturunterschiede lassen gewisse Arbeitsweisen und interne Kooperationskonflikte erwarten, und so werden in dieser Studie die internen Arbeitsweisen sowie Probleme und Konflikte in der Zusammenarbeit untersucht.
Charakteristika des investigativen Journalismus
Investigativer Journalismus wird in der wissenschaftlichen Forschung als besondere journalistische Disziplin verstanden. Hoxha definiert dieses Berufsfeld als »particular way of reporting by relying on a rigid and systematic investigation and layers of verification of facts to the last detail […] with the aim to have an impact on the public« (Hoxha 2019: 1). Zum Erreichen ihrer Ziele – seien sie persönlicher oder gesellschaftlicher Natur – wird investigativen Journalist:innen eine gewisse berufliche Selbstaufopferung zugeschrieben: »[…] journalists are likely to stir up a hornet’s nest bearing risks for their career, their whole profession and their own safety« (Hahn/Stalph 2018: 2). Vor allem die Verifikation und das Durchdringen eines ausgewählten Themas ist nach Hoxha das Grundziel investigativer Arbeit (Hoxha 2019: 1; Kaplan 2008: 115). Investigative Journalist:innen sehen sich als »Watchdogs« (Ludwig 2014: 171) und als vierte Gewalt im Staat mit einem »Anspruch der Machtkontrolle« (Cario 2006: 121). Antreiber sind dabei auch der mögliche gesellschaftliche Impact, den die journalistische Arbeit bei Veränderungen von Systemen oder Gesetzen erlangen könne, und das Einstehen für die Interessen der Allgemeinheit (vgl. Kaplan 2008: 115f.; Lugschitz et al. 2024: 115).
Ludwig hält drei Kriterien fest, die investigativen Journalismus ausmachen: erstens, die Themen sind sozial, politisch oder gesellschaftlich relevant und damit essenziell für die öffentliche Meinung (bes. Korruption, Machtmissbrauch, Bestechung, Betrug oder Gesetzesverstöße) (vgl. Ludwig 2014: 17); zweitens, investigatives Recherchieren ist ein Zusammenspiel aus Journalist:innen und Informant:innen, wobei die Rolle der beiden unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann; drittens, es wird im Vergleich zu anderen Ressorts unter »erschwerten Bedingungen« (Ludwig 2014: 18) recherchiert, was zu erhöhtem Arbeitsaufwand führt (vgl. Ludwig 2014: 17f.). Eine Unterscheidung des Selbstbildes investigativer und nicht-investigativer Journalist:innen treffen Lanosga et al. (2017). Ihnen zufolge zeigen sich die investigativen Journalist:innen z. B. aufgeschlossener gegenüber unkonventionellen Recherchepraktiken wie z. B. dem Einsatz versteckter Kameras (vgl. Lanosga et al. 2017: 283).
Formen der Zusammenarbeit im investigativen Journalismus
Forscher:innen erkennen seit den späten 1990er-Jahren in den USA mehr Zusammenschlüsse im Journalismus, auch im Investigativressort und über Ländergrenzen hinweg (vgl. Carson/Farhall 2018: 1899f.; vgl. Heft 2021: 457; vgl. Krüger et al. 2019; vgl. Schultz 2021: 338). Gerade bei großen internationalen Themen ist eine Entwicklung hin zu kollaborativem Journalismus festzustellen (vgl. Kayser-Bril 2018: 60; vgl. Lück/Schultz 2019), da komplexe Recherchen sowie die Auswertung und Prüfung großer Datenmengen mehr Ressourcen sowohl personeller als auch finanzieller Natur erfordern (vgl. Kayser-Bril 2018: 27; vgl. Lilienthal 2017: 661; vgl. Lück/Schultz 2019; vgl. Lugschitz et al. 2024: 114). Als weitere Gründe zunehmender Kooperationsbereitschaft im Journalismus nennen Forscher:innen einen verstärkten Wettbewerb innerhalb der Medienbranche sowie finanzielle Restriktionen in Medienorganisationen (vgl. Heft 2021: 459; vgl. Konow-Lund et al. 2019: 2). Darüber hinaus erkennt Lilienthal eine »verstärkte Rechercheorientierung« (Lilienthal 2017: 661) seit Beginn der 2000er-Jahre mit dem Ziel, exklusive Recherchen zu ermöglichen und sich damit in Zeiten knapper Ressourcen gegenüber Wettbewerbern zu behaupten. Weitere Motive jener Journalist:innen, die grenzüberschreitend zusammenarbeiten, sind u. a. die Qualitätsverbesserung journalistischer Produkte, die mögliche politische und gesellschaftliche Wirkung journalistischer Recherchen, das Adressieren eines größeren Publikums und Synergien hinsichtlich Ressourcen, Technologien, Finanzen und Expertise (vgl. Cairo 2008: 181; vgl. Heft, 2021; vgl. Sambrook 2018: 27). Das Vertrauen zwischen den Mitstreiter:innen ist ebenso essenziell wie Sorgfalt im Umgang mit vertraulichen Daten (vgl. Sambrook 2018: 31). Die Zusammenarbeit birgt Konfliktpotenzial, etwa die mangelnde Motivation und Aktivität einzelner Partner:innen oder Kommunikationsprobleme (vgl. Konow-Lund 2019: 4). Das wiederum erhöht den Koordinationsaufwand (vgl. Kayser-Bril 2018: 62f.).
Eine formalisierte Form der Kooperation und Teambildung sind Rechercheverbünde, die definiert werden als »organisatorische Bündnisse zwischen eigenständigen Redaktionen, die eine planmäßige Zusammenarbeit von Journalistinnen und Journalisten aus unterschiedlichen Medienhäusern ermöglichen« (Schultz 2021: 338). Neben der in dieser Arbeit thematisierten Recherchekooperation bildeten sich vor allem grenzüberschreitende Formen der Zusammenarbeit, wie beispielsweise die 2016 gegründete European Investigative Collaboration (EIC, bestehend aus dem Spiegel und zehn Medienpartnern), Investigative Europe (knapp 15 Journalist:innen aus mehreren europäischen Ländern), das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und das Global Investigative Journalism Network (GIJN). Die Funktionen und Eigenschaften solcher Netzwerke im (investigativen) Journalismus sind bisher wenig erforscht (vgl. Heft et al. 2019: 1184). Wenn doch, dann liegt der Fokus auf oben genannten grenzüberschreitenden, »cross-border« (vgl. Krüger et al. 2019: 406) Verbänden, in denen die Journalist:innen aus verschiedenen Ländern stammen, an einem gemeinsamen Thema arbeiten, ihre Rechercheergebnisse fusionieren und überprüfen, und ihre Geschichten aber je nach Ausspielweg und Publikum separat veröffentlichen (vgl. Alfter 2018: 41; vgl. Lück/Schultz 2019; Rothenberger et al. 2023). Die Art der Zusammenarbeit zwischen Medien ist unterschiedlich ausgeprägt; so nehmen z. B. medienübergreifende Recherchen zu (vgl. Carson/Farhall 2018: 1902). Zwar kooperieren immer mehr öffentlich-rechtliche Medien mit privaten Medienakteuren (vgl. Grubenmann/Ruß-Mohl 2016: 1), aber z. B. Cairo (2006: 181) macht ein Konfliktpotenzial aus, wenn es sich bei dem potenziellen Kooperationspartner um ein Konkurrenzmedium handelt.
Die Netzwerke und Verbünde lassen sich nach ihrer Organisationsstruktur und der Länge und Intensität der Zusammenarbeit unterscheiden, was sich sowohl auf cross-border als auch auf nationale Verbünde anwenden lässt (vgl. Heft et al. 2019: 1197; vgl. Heft 2021: 458). Heft (2021: 458) unterscheidet zwischen »low degree«-Netzwerken mit wenig Struktur und flachen Hierarchien und »high degree«-Netzwerken mit einer festen Organisationsstruktur und einer Führung, die die Einhaltung der Strukturen überwacht. Sogenannte »medium degree«-Netzwerke mit mittelstarker Struktur und Kontrolle bilden die Mitte. Heft unterscheidet zudem zwischen»top-down«- und »bottom-up«-Initiativen: Erstere liegen dann vor, wenn die Zusammenarbeit auf Basis einer festen Abmachung zwischen den Redaktionen stattfindet; es handele sich um langfristige Kooperationen, also High-degree-Netzwerke (vgl. Heft 2021: 455f.). Bottom-up-Initiativen entstehen in Eigeninitiative durch die beteiligten Journalist:innen und bestehen meistens nur temporär, also in Form von Low-degree-Netzwerken (vgl. Heft 2021: 455f.). Laut Heft liegt eine intensive Kooperation vor, wenn es innerhalb eines Rechercheteams eine enge Teamarbeit gibt, Recherchematerial und Wissensstand ausgetauscht und gleichzeitig publiziert wird (vgl. Heft 2021: 458). In lockeren Kooperationen hingegen werde wenig ausgetauscht und es gebe keine bindenden gemeinsamen Veröffentlichungen (vgl. Heft 2021: 458). Daraus ergeben sich Unterschiede in der Länge und Intensität einer Zusammenarbeit, in der Zielsetzung der Recherche (nur ein Projekt oder mehrere Projekte) und in der Veröffentlichungsform (wortgleich oder individuell). Außerdem können sich Bündnisse in ihrer Zusammensetzung unterscheiden, je nachdem, wie viele Medienhäuser beteiligt sind und welcher Medientyp vertreten ist, und auch in der Länge einer Kooperation, ihrer thematischen Ausrichtung und ihrer Veröffentlichungsform (vgl. Schultz 2021: 338).
In dieser Studie stehen die internen Arbeitsläufe sowie mögliche Konfliktpotenziale im investigativen Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ im Mittelpunkt. Die Forschungsfragen lauten:
FF1: Wie gestaltet sich die redaktionsübergreifende Zusammenarbeit im Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ im Hinblick auf die internen Arbeitsweisen?
FF2: Welche Probleme und Konflikte ergeben sich bei der Zusammenarbeit?
Methode
Es wurden neun Personen mittels qualitativer Leitfadeninterviews befragt, die als investigative Journalist:innen im Rechercheverbund von WDR, NDR und SZ im Studienzeitraum von Dezember 2022 bis Mai 2023 gearbeitet haben. Wichtig war, dass die Befragten bereits mindestens zwei Jahre zusammenarbeiten und daher mit internen Arbeitsabläufen vertraut sind. Die Interviewpartner:innen werden im Ergebniskapitel aus Gründen des Quellenschutzes anonymisiert mit einer fortlaufenden Buchstaben-Nummern-Kombination (z. B. B3) benannt.
Ermittelt wurden die Mitglieder des Rechercheverbundes anhand von Informationen auf den Webseiten der beteiligten Medien. Das war bei den NDR-Journalist:innen leichter als bei den WDR- und SZ-Journalist:innen, da bei letzteren nicht immer erkennbar war, ob sie für den Rechercheverbund arbeiten. Bei den Redaktionsleitungen und bei anderen Journalist:innen wurde nachgefragt, wer regelmäßig für den Rechercheverbund arbeitet. Außerdem dienten persönliche Websites, Twitter-Profile der Investigativjournalist:innen und gemeinsame Veröffentlichungen von WDR, NDR und SZ als Hinweise auf eine Mitarbeit im Rechercheverbund. Auch über das persönliche Arbeitsumfeld einer der Autor:innen beim NDR wurden Namen von Personen erfragt.
Die Interviews wurden auf Wunsch der Teilnehmenden per Videotelefonat geführt und dauerten im Schnitt 45 Minuten. Die Interviewfragen betrafen die internen Arbeitsweisen im Rechercheverbund (Arbeitsabläufe: Themenauswahl, Arbeitsaufteilung, Informationsaustausch; Standards: Regeln, Absprachen bei Publikationen, Finanzierung) und Probleme und Konflikte in der Zusammenarbeit (bei Recherche, Zielen, Finanzierung).
Die Interviews wurden händisch transkribiert. Es wurde keine Transkriptionssoftware verwendet, um sicherzustellen, dass die sensiblen Informationen, die während der Interviews mitgeteilt wurden, nicht auf den Plattformen von kommerziellen Transkriptions-Dienstleistern gespeichert und somit potenziell an Dritte weitergegeben werden.
Die Auswertung folgte dem Prinzip der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring, Fenzl und Gläser-Zikuda (vgl. Gläser-Zikuda et al. 2022: 243; vgl. Kuckartz/Rädiker 2022: 514). Ein Kategoriensystem ist die Grundlage der Auswertung. Die erste deduktive Hauptkategorie »interne Arbeitsweisen« teilt sich auf in »Arbeitsabläufe« und »Standards«. Folgende Subkategorien wurden gebildet: Zu den Arbeitsabläufen wurden u. a. Themenauswahl, Arbeitsaufteilung, Informationsaustausch codiert, die jeweils unterschiedliche angenommene Arbeitsschritte abdecken sollen. Die Subkategorie »Standards« teilt sich auf in Rechercheregeln/-standards, Absprachen bei Publikationen und Finanzierungsregeln. Die zweite deduktive Hauptkategorie »Probleme und Konflikte während der Zusammenarbeit« wurde gegliedert in: Recherchekonflikte/-probleme, Zielkonflikte/-probleme und Finanzierungskonflikte/-probleme.
Die Studie unterliegt einigen Limitationen. Durch die bewusst offen gestellten Interviewfragen konnte zwar einerseits erreicht werden, dass die Befragten breit gefächerte Antworten gaben. Andererseits war im Nachhinein manchmal schwer zu erkennen, ob bestimmte Dinge aus Gründen der Geheimhaltung nicht oder unterschiedlich deutlich genannt wurden oder ob schlicht vergessen wurde, sie zu erwähnen. Es wird davon ausgegangen, dass den Interviewten manche Aspekte der Zusammenarbeit ad hoc nicht einfielen. Eine Limitation der offenen Fragen ist die Tatsache, dass manche Befragte schon zu Beginn des Interviews Vor- und Nachteile der Recherchekooperation aufzählten. Dies führte im Verlauf der Interviews gezwungenermaßen zu einer Redundanz in den Fragen, die aber bewusst erneut gestellt wurden, damit sich die Interviewten noch einmal ganz konkret gedanklich beispielsweise mit den Nachteilen oder Vorteilen der intermedialen Zusammenarbeit beschäftigten. Zuletzt muss darauf hingewiesen werden, dass die Ergebnisse keine Allgemeingültigkeit haben. Bereits nach der Hälfte der Interviews wurde eine Sättigung der Daten erreicht. Allerdings ist durch die stets individuelle Einschätzung der Zusammenarbeit durch die Mitglieder nicht gewiss, ob nicht doch noch neue Aspekte hinzugekommen wären, wenn alle Mitwirkenden des Rechercheverbunds interviewt worden wären.
Das folgende Ergebniskapitel zeigt die internen Arbeitsweisen im Rechercheverbund sowie Probleme und Konflikte in der Zusammenarbeit auf.
Ergebnisse: Interne Arbeitsweisen
Forschungsfrage 1 bezieht sich auf die Gestaltung der internen Zusammenarbeit im Rechercheverbund, wobei die Themenauswahl, die Arbeitsaufteilung, der Informationsaustausch, die Regeln, Absprachen bei Publikationen, und die Finanzierung im Fokus stehen.
Die zunächst vorgestellte interne Arbeitsweise betrifft die Themenauswahl. Alle neun Befragten geben an, dass die meisten Themen von außen herangetragen werden. Fast alle nennen bestehende Kontakte als Hauptquelle ihrer Recherchethemen. Viele der langjährigen Kooperationsmitglieder gelten in einem Themengebiet als »Spezialisten für unterschiedliche Themen« (B2), haben sich durch jahrelange Recherche Themenfelder selbst erschlossen, ein Netzwerk in gesellschaftlichen Bereichen aufgebaut und so »spezielle Zugänge« (B9) erlangt. Häufig kommen Themen laut B8 »aus dem politischen Raum von Quellen […], die da irgendwie involviert sind, die aber auch natürlich ein bestimmtes Interesse verfolgen mit einer Berichterstattung«. Dabei sei wichtig, Kontakt zu früheren Quellen zu halten und Hintergrundgespräche zu führen, bei denen neue Themenideen entstehen können (B3, B4). Neben den bestehenden Kontakten der Redaktionsmitglieder gibt ein Großteil der Befragten Informant:innen als Quellen an, die etwas leaken oder anonym an die Redaktionen übermitteln. Dies erfolge über gesicherte Postfächer der Investigativjournalist:innen oder zum Beispiel über anonyme Briefkästen, wie es bei den »Swiss Secrets« und der SZ der Fall gewesen sei (B2). Dass solche oftmals geheimen Daten an die Recherchemitglieder weitergegeben werden, erklärt B9 damit, dass sich die Kooperation »inzwischen einen Namen gemacht« habe. Als weitere wichtige Themenherkunft von außerhalb der Redaktionen geben drei Befragte (B6, B7 und B8) andere Kooperationspartner wie das ICIJ oder Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) an. Aus diesen Aussagen lässt sich schlussfolgern, dass solch ein Themenaustausch zwischen Kooperationspartnern entweder auf gemeinsamen Konferenzen stattfindet oder durch eine:n WDR-, NDR- oder SZ-Angehörige:n, der oder die zugleich mit einem anderen Netzwerk verbunden ist (B7). B8 gibt an, dass solche internationalen Recherchethemen zwar selten seien, dafür aber besonders viel Schlagkraft besäßen. Zwei Drittel der Befragten halten zudem die interne Themenwahl für erwähnenswert. Diese werde angestoßen durch aktuelle Geschehnisse und die Nachrichtenlage (B8). Diese Themenvorschläge werden dann in Konferenzen oder unter Kolleg:innen geteilt.
Hinsichtlich der Arbeitsaufteilung geht aus den Antworten der Befragten hervor, dass die Ausprägung der Aufgabenverteilung »themen- und anlassbezogen« (B9) neu entschieden wird. Hier gleichen sich die Aussagen der Journalist:innen dahingehend, dass es keinen festen Ablauf zu geben scheint, sondern die Aufgabenverteilung mal bilateral zwischen den Redakteur:innen, mal in Konferenzen und mal auf Ressortleitungsebene vonstatten geht. Jede Investigativredaktion entscheidet eigenständig, mit wem aus den jeweils anderen Medienhäusern kooperiert werden soll. Vor allem aber wird deutlich, dass die Investigativjournalist:innen eigenständig und redaktionsübergreifend miteinander in Kontakt treten und sich zu gemeinsamen Recherchen zusammenfinden.
Die Entscheidungen, welche der drei Investigativ-Redaktionen oder welche der Kolleg:innen an der Recherche beteiligt sein sollen, erfolgen nicht nach festgelegten Mustern, sondern entlang des zu recherchierenden Themenbereiches, der unterschiedlichen Kompetenzen und persönlicher Sympathien. Schließen sich Kolleg:innen für eine gemeinsame Recherche zusammen, bezeichnen die Befragten besonders die Faktoren Vertrauen, journalistische Fähigkeiten (wie Datenauswertung) und bestehende Quellenzugänge und Kontakte aus vorangegangenen Recherchen als ausschlaggebend, auch Fachkenntnisse spielen eine Rolle (z. B. B9). Ebenso wichtig ist die Frage, ob bereits in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet wurde und ob zeitliche Kapazitäten bestehen (B4). Denn man muss klarstellen, dass alle Beteiligten prioritär für ihr eigenes Haus arbeiten und die Zusammenarbeit im Verbund fallweise entschieden wird. Daraus resultiert, dass nicht immer alle drei Redaktionen in einer Recherche kooperieren, sondern je nach Verfügbarkeit auch mal nur NDR und WDR, WDR und SZ oder NDR und SZ, so die Mehrzahl der Befragten. Je nach Ausmaß eines Recherchevorhabens werden auch internationale Kooperationspartner wie das ICIJ mit ins Boot geholt.
Hinsichtlich der Ausprägung der arbeitsteiligen Recherche sind sich die Befragten größtenteils darüber einig, dass besonders während der Recherche und weniger bei der Umsetzung eine Arbeitsteilung vorliegt. Die geteilte Arbeit wird von den Personen darin gesehen, dass jede Redaktion zwar eigenständig am selben Thema arbeitet, die eigenen Rechercheergebnisse allerdings teilt und dabei die unterschiedlichen Qualifikationen und Kontakte der anderen Beteiligten redaktionsübergreifend nutzt. Vor allem große Datenmengen aus Leaks werden arbeitsteilig ausgewertet, um Zeit zu sparen. Zwei Befragte von NDR und SZ konstatieren, dass die Journalist:innen unterschiedliche Funktionen während der Recherche übernehmen: Manche Kolleg:innen seien hauptsächlich für die Informationsbeschaffung und andere für die Auswertung des Materials oder die journalistische Umsetzung verantwortlich (B7). Im Zuge dieser Aufteilung steigen dann manche Kolleg:innen auch erst am Ende einer Recherche ein (B8). Allerdings erfolgt nicht immer eine komplette Aufteilung: Manche Termine werden von Mitarbeiter:innen aller drei Medienhäuser besucht (B6).
B3, B4 und B6 geben an, dass in der ARD oftmals bei einer Redaktion die Federführung liege. Diese Verantwortlichkeiten spiegeln sich im Faktencheck und der Abnahme einer Recherche wider: Während die SZ nach Angaben der meisten Befragten für ihren eigenen Faktencheck zuständig sei, gehe bei NDR und WDR zum größten Teil der Recherchen derjenige Chef vom Dienst, der die Rechercheleitung innehat, oder das Justiziariat in den Faktencheck.
Die finale Verantwortung für die Veröffentlichungen liegt laut B3, B7 und B2 bei jedem Haus selbst: »Also da jeder ja seine eigene Geschichte schreibt, ist auch jeder sozusagen für sein eigenes Tun verantwortlich.« (B2). Ein Teil der Interviewten weist darauf hin, dass ein journalistischer Beitrag zusätzlich zum hauseigenen Faktencheck an alle Beteiligten der Recherche zur Abnahme geschickt werde – also auch alle drei Medien am Faktencheck beteiligt sein können. Es wird deutlich, dass der Abnahme-Vorgang nicht festgeschrieben, sondern auch hier von Projekt zu Projekt unterschiedlich ist.
Es fällt auf, dass der SZ als privatwirtschaftlicher Zeitung von vielen Befragten eine andere Eigenständigkeit zugesprochen wird als dem NDR und dem WDR: »Die SZ macht ihr eigenes Ding.« (B3). Grund dafür seien die unterschiedlichen Rechercheschritte, Ausspielwege und die divergierende Produktionsdauer von Print- und Fernsehbeiträgen. Hinsichtlich der Arbeitsteilung unterscheiden sich daher die Aussagen der Befragten dahingehend, dass manche die durchgehende Eigenständigkeit der drei Investigativ-Redaktionen in der Umsetzung betonen und andere angeben, dass vor allem unter NDR und WDR die Ausspielwege aufgeteilt würden, die eine Redaktion den Hörfunk und die andere das Fernsehen übernehme.
Für den Informationsaustausch finden regelmäßige Videokonferenzen statt, an denen alle Mitglieder des Rechercheverbunds teilnehmen, um über vergangene und geplante Veröffentlichungen zu sprechen, Kritik zu üben, Themenvorschläge und -ideen zu sammeln und zu diskutieren und gemeinsame Recherchen zu beschließen. Außerdem treffen sich die Ressortleitungen in gemeinsamen Sitzungen und es finden bilaterale Konferenzen zwischen Recherchepartner:innen statt.
Den Materialaustausch empfinden alle Befragten als intensiv, kollegial und als »laufenden Prozess« (B5), in dessen Verlauf die jeweils mitwirkenden Journalist:innen durchgehend Daten, Wissen, Dokumente und zentrale Rechercheergebnisse miteinander teilen und es keine Grenzen des Austausches gebe – abgesehen von einer möglichen Ausnahme wegen Quellenschutz. Jede:r führe Interviews, tausche die Ergebnisse aus, gebe Kontakte weiter und »alles wird geteilt« (B6). Dabei finde der Austausch bilateral zwischen den Kolleg:innen statt und werde nicht erst auf Chef:innenebene abgesegnet: B3 bezeichnet diesen Austausch als Wechsel »vieler Kommunikationspfeile hin und her zwischen den Kollegen«. Besonders gegen Ende einer Recherche in Richtung Veröffentlichung tauschen sich die Journalist:innen oft mehrfach täglich aus. Große Recherchen werden als besonders austauschintensiv wahrgenommen. Alle Befragten sind sich darüber einig, dass erst durch einen intensiven Austausch während der gemeinsamen Recherche eine Kooperation mit einem anderen Medienhaus Sinn ergebe und dass die Beteiligten alle Informationen brauchen, um auf dieser Basis recherchieren und Beiträge produzieren zu können. B4 sagt, der Austausch zentraler Rechercheergebnisse sei ein »Grundsatz«. B8 fügt hinzu: »Und das ist eben auch bei solchen gemeinsamen Recherchen dann so, dass man froh ist, wenn man irgendwie helfen kann, alle schaffen irgendwas ran und alle bringen irgendwelche Infos und darum teilt man dann auch gerne mit allen.«
Es gibt allerdings zwei wesentliche Einschränkungen beim Teilen von Daten mit den anderen Kolleg:innen. Drei Befragte geben den Quellenschutz an: Dokumente, die Aufschluss über sensible Quellen geben können, werden nicht oder nur in reduzierter Form, beispielsweise in Form von Exzerpten, mit anderen Kolleg:innen geteilt. Auch Kontaktdaten sensibler Quellen werden nicht weitergegeben. Denn: »Wenn aus Quellenschutzgründen Material nicht weitergegeben werden kann, dann halten wir uns natürlich eisern daran, weil der Quellenschutz ist wirklich das A und O« (B5). Drei weitere Befragte nennen auch die Einschränkung, dass die SZ kein Video- oder Audiomaterial von NDR und WDR erhalte, um den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung von vornherein zu entkräften. NDR und WDR erarbeiten Bewegtbildinhalte als Koproduktion (B3).
Aus den zusammengetragenen Informationen werde anschließend der Ausspielweg bei SZ, NDR und WDR gewählt. Dabei fälle jedes Haus für sich allein die Entscheidung, wie eine Geschichte veröffentlicht werden soll. So sagt B5:
»Also generell tauschen wir alles aus, weil jede Redaktion muss ja für sich auch die Grundlagen haben, um entscheiden zu können, wir berichten und wir haben alle Fakten beieinander, weil am Ende entscheidet auch immer wieder jedes Haus für sich selber, was machen wir aus dem Material.«
Zu den internen Arbeitsweisen gehören auch Standards, d. h. Regeln, Absprachen bei den Publikationen sowie die Aufteilung der Finanzierung.
Die Äußerungen der Befragten lassen darauf schließen, dass es keine schriftlich fixierten Regeln der kooperativen Recherche gibt, sondern eher einen informellen Arbeitskodex. Auf Nachfragen verdeutlicht ein Großteil der Verbundmitglieder die Individualität der drei Redaktionen und die durch die langjährige Arbeit im journalistischen Berufsfeld ohnehin verinnerlichten journalistischen Standards. Grundlage ihrer Recherchen seien »unausgesprochene Standards« und eine »Netikette […], an die man sich hält, die […] nirgends verschriftlicht [ist]« (B1), sondern sich über die Jahre der Zusammenarbeit etabliert habe. Dementsprechend divers fallen auch die Angaben zu den Recherchestandards aus. Hier nannten die meisten Journalist:innen Grundsatzstandards wie die journalistische Sorgfaltspflicht, die Konfrontation aller Parteien, den vertrauenswürdigen Umgang mit Quellen inklusive Geheimhaltung sensibler Informationen gegenüber Dritten. Alles andere sei, so B8, »sehr, sehr flexibel«. Als weitere Grundsätze nennt B2 die gemeinsame Konfrontation, die dann im Namen von WDR, NDR und SZ erfolge, und die Absprache mit den Justiziariaten über heikle Veröffentlichungen. B4 und B8 konstatieren, dass es faire, ausreichend lange Antwortzeiten für die zu Konfrontierenden geben müsse. B4 fügt hinzu, dass grundsätzlich alle in der Recherche genannten Personen auch wirklich kontaktiert werden müssen und schriftliche Beweise zu mündlichen Aussagen gesammelt werden.
Hinsichtlich Absprachen bei Publikationen bzw. Regelungen bei gemeinsamen Veröffentlichungen des Rechercheverbundes sind sich alle Mitglieder darüber einig, dass grundsätzlich gleichzeitig publiziert werde und es dementsprechend eine gemeinsame Sperrfrist gebe. Ein Großteil der Journalist:innen betont allerdings, dass sie von diesen Sperrfristen je nach Thema der Recherche auch mal abweichen und dementsprechend jedes Mal aufs Neue über den Veröffentlichungszeitpunkt sprechen: »Wie wir veröffentlichen, das besprechen wir jedes Mal neu, weil von Projekt zu Projekt ist die Frage unterschiedlich, wann machen wir Sperrfristen« (B1). Ebenso ist die Frage der geplanten Formate entscheidend.
Drei Befragte sagen, dabei werde grundsätzlich Rücksicht genommen auf den jeweiligen Redaktionsschluss der Medienpartner und die anstehenden Sendungen, damit keine Redaktion bei einer Publikation leer ausgeht, weil es zeitlich gerade keine passende Sendung dafür gibt (B7). Gerade bei crossmedialen Arbeiten sei dieser Unterschied in der Erreichbarkeit der verschiedenen Zielgruppen zu bedenken (B3). Trotz dieser Äußerungen treten hierbei auch Konflikte auf (s.u.). Neben dem gemeinsamen Veröffentlichungszeitpunkt zählt vor allem B3 weitere ganz unterschiedliche Aspekte bei der Planung von Veröffentlichungen auf: die Orientierung an Zielgruppen je nach Thema, eine gemeinsame Pressemitteilung im Namen aller Medienpartner:innen bei wichtigen Recherchen, die Nennung derjenigen Personen und ihrer Redaktionen als Autor:innen, die an der Recherche tatsächlich beteiligt waren (auch B7), und eine faktenbasierte und ausrecherchierte Berichterstattung. B8 ergänzt zudem, dass nur der NDR und der WDR den gleichen Text publizieren können (zum Beispiel auf tagesschau.de), nicht aber die SZ.
Zur Finanzierung lässt sich sagen, dass Finanzierungsvereinbarungen zwischen den drei Redaktionen von fünf Personen verneint werden. Grundsätzlich gebe es solche Vereinbarungen nicht, sondern jedes Haus stelle sein eigenes Personal und damit auch seine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung. Alle Befragten geben an, dass der Verbund über keinen gemeinsamen Etat verfüge. Vier Auskunftspersonen zufolge steht der unterschiedliche Arbeitsaufwand und die Bespielung unterschiedlicher Medienformate dem entgegen. Dabei werde darauf geachtet, dass jeder von Projekt zu Projekt seinen gerechten Anteil an der Recherchearbeit leiste. Bei freien Journalist:innen, die für alle drei Redaktionen arbeiten, gebe es eine eigene Regelung, die allerdings nur von B5 angeführt wird: »Und es gibt Leute, die für [alle drei Medien] arbeiten, da bezahlt eben jeder seinen sozusagen fairen Anteil, was das Honorar anbelangt, damit es eben hier auch nicht auseinanderklappt.« Lediglich zwischen WDR und NDR gibt es laut B6 je nach Federführung eine unterschiedlich starke Finanzierung einer Recherche. Einzige verbindliche Regelung sei die Aufteilung des Honorars des Teamleiters auf alle drei Redaktionen.
Ergebnisse: Probleme und Konflikte in der Zusammenarbeit
Die zweite Forschungsfrage bezieht sich auf Probleme und Konflikte in der Zusammenarbeit. Diese unterteilen sich in die Bereiche Recherche, Ziele und Finanzierung.
Bei der Frage nach möglichen Problemen oder Konflikten während der Recherche fallen die Antworten der Befragten divers aus. Den größten Konsens gibt es in der Angabe, dass es Konfliktpotenzial berge, wenn eine Redaktion im Alleingang eine Recherche veröffentlichen möchte, ohne zu kooperieren. Für B6, B8 und B9 sind Gründe für so ein Verhalten die Exklusivität im Zugang zu besonderen Quellen, dies sei laut B6 allerdings »super super selten«. B8 sagt: »Das hat Quellenschutzgründe oder auch ein bisschen Exklusivitäts- und Zugangsgründe sozusagen, seine exklusiven Zugänge zu schützen auch vor den Kollegen, […] man freut sich für jede geile Geschichte, die der andere macht, aber eigentlich hätte man sie auch gerne selber gemacht.« Ein zweites häufig genanntes Konfliktfeld liegt laut fünf Befragten im unterschiedlichen Arbeitsaufwand der Redaktionen: B6 weist darauf hin, dass es ein »wahnsinniger Koordinationsaufwand« sei, für eine gerechte Arbeitsteilung zu sorgen. So gebe es Beschwerden und Frust, wenn eine Redaktion denke, sie mache und investiere mehr in eine Recherche als die anderen. Unpraktisch sei auch die Kommunikation über die vier Standorte Hamburg, Berlin, Köln und München hinweg (B6). Weitere Unsicherheiten liegen in der sicheren Übertragung der Materialien von Ort zu Ort (B4). Vier Befragte sagen zudem, dass menschliche und persönliche Konflikte zwischen den Kolleg:innen die Gruppenzusammenfindung für eine Recherche (B4 und B6) und den Materialaustausch (B7 und B9) erschweren können. B8 sieht außerdem ein Problem in den unklaren Verantwortlichkeiten, je größer eine Recherchegruppe sei:
»Ich würde sagen, es gibt dann teilweise so was wie Verantwortungsdiffusion, also das Gefühl ›Ok, wenn ich das jetzt nicht anfrage, das Interview, dann macht das halt irgendwer anders‹ oder ›Wenn ich jetzt nicht diesen Aspekt recherchiere, dann macht das halt irgendwer anders‹.«
Konfliktpotenzial liegt B2, B7 und B8 zufolge auch in den Ausspielwegen der unterschiedlichen Gewerke begründet: Vor allem WDR und NDR brauchen Video- oder Audiomaterial. Bei der SZ stehen solche Überlegungen nicht im Vordergrund.
Im Hinblick auf Konflikte bezüglich der Ziele des Rechercheverbunds nennen die Befragten insgesamt drei verschiedene Zielkonflikte, die bei der Publikation einer investigativen Geschichte auftreten können. Drei Befragte führen die crossmedial bedingten unterschiedlichen Präferenzen bei den Veröffentlichungszeiten von Hörfunk, Fernsehen und Print an, da jedes Medium bestmöglich sein Publikum erreichen und in so vielen Publikationen wie möglich sein wolle (B3). B4 bezeichnet dies als einen »Kernkonflikt«. Drei weitere Befragte geben an, dass auch die Frage danach, welche Publikationsart für eine kooperative Recherche gewählt werden soll, konfliktgeladen sein könne. Grund seien unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bei einem zu berichtenden Thema oder andere Ausrichtungen des publizierenden Mediums: »Beim WDR spielen die News mehr eine Rolle, [woran] bei der SZ jetzt nicht so ein Interesse [herrscht], weil es einfach die langfristigen Recherchen kannibalisiert« (B7). Für B8 birgt zudem die Frage Konfliktpotenzial, wie groß Geschichten sein sollen, um überhaupt das Label des Rechercheverbunds zu erhalten, aber auch die Problematik, dass eine Redaktion lieber allein unter einer Veröffentlichung stehen möchte. Trotz des Willens zur Zusammenarbeit steht bei jeder Redaktion laut B8 und B9 die eigene Sichtbarkeit im Vordergrund.
Auf die Frage, ob Konflikte bezüglich der Finanzierung auftreten können, macht ein Drittel der Befragten aus Unwissenheit über die Thematik keine Angaben. Vier Befragte hingegen sehen Probleme: Für B1, B4 und B6 sind es die unterschiedlichen Arbeitsaufwände, die schwierig gegeneinander aufzuwiegen seien. B6 führt zwar an, dass Arbeitsaufwände sich für eine Redaktion durch die Publikation wieder rentieren und sich Konflikte so erübrigen, sieht allerdings auch ein Problem in der Bestimmung des Arbeitsaufwandes pro Person: »Also, wenn [ein Journalist] irgendeine Quelle im BKA hat und daraus dann irgendein Papier generiert, bezahlt man dann den halben Tag, den er da war, um die Quelle zu treffen, oder bezahlt man die 14 Jahre Vorarbeit, die er brauchte, um diese Quelle zu öffnen?« B7 führt eine Problematik an, die durch die Vermeidung von Quersubventionierungen der SZ entstehe: Es fehle eine gemeinsame Daten-Plattform von NDR, WDR und SZ, auf der Informationen gespeichert und geteilt werden können: »Und dann könnte man, nur zum Beispiel, als SZ das auf freiwilliger Basis anderen zur Verfügung stellen, aber das ist dann ein finanzieller Aufwand, den dann so ein Haus jetzt auch nur bedingt leisten kann.« Dass es keine gemeinsame Daten-Plattform gibt, hat den Hintergrund, dass der SZ sonst vorgeworfen würde, mit Material von öffentlich-rechtlichen Medienhäusern zu arbeiten – die SZ also indirekt von den Rundfunkbeiträgen profitiert, ohne selbst einen Kostenaufwand durch eigene Recherchen zu haben.
Diskussion und Fazit
Das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit war es, die redaktions- und systemübergreifende Zusammenarbeit des Rechercheverbundes von WDR, NDR und SZ durch Einschätzungen der beteiligten Investigativjournalist:innen dieser Medienhäuser nachvollziehbar zu machen. Es lässt sich folgendes Fazit ziehen: Der Rechercheverbund ist längst nicht so fest institutionalisiert, wie es Vorwürfe gegen ihn (s. z. B. Meier 2015) vermuten lassen. Vielmehr lässt sich die Zusammenarbeit als eine Medienpartnerschaft zu bestimmten nachrichtlichen Anlässen beschreiben. Es gibt kein fixes Regelwerk, kein dauerhaft eingesetztes Personal und keine gemeinsame Projektfinanzierung. Die verbindenden Elemente sind das gegenseitige Vertrauen, das gerade durch regelmäßige gemeinsame Recherchen immer weiter gefestigt wird, das Wissen um die Fähigkeiten der Kolleg:innen, die gegenseitige Bereicherung durch spezialisierte Kompetenzen und der wechselseitige Austausch von Materialien und Informationen, so wie in vorangegangener Forschung beschrieben (vgl. Cairo 2008: 181; vgl. Heft 2021; vgl. Sambrook 2018: 27, 31).
Forschungsfrage 1 hat die redaktionsübergreifende Zusammenarbeit im Rechercheverbund von SZ, NDR und WDR hinsichtlich der internen Arbeitsweisen in den Blick genommen. Es wird deutlich, dass nicht zwingend immer alle drei Medien an einer Recherche beteiligt sind, sondern die Rechercheteams themen- und anlassbezogen formiert werden. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Kooperation nicht darin besteht, dass WDR, NDR- und SZ-Journalist:innen gemeinsam recherchieren und zusammen journalistische Produkte verfassen, sondern dass ausgewählte Kolleg:innen unterschiedlicher Redaktionen eigenständig an demselben Projekt arbeiten und eine redaktionseigene Publikation anstreben, dabei aber von den Qualifikationen und Quellenzugängen der anderen profitieren und Material austauschen. Außerdem ist anzumerken, dass es keine schriftlich festgehaltenen Regeln, Abmachungen oder Finanzierungsvereinbarungen zu geben scheint. Bei der Recherche gelten ambitionierte journalistische Standards und ein nicht verschriftlichter Arbeitskodex, der sich seit der Gründung der kooperativen Zusammenarbeit etabliert und den jedes Kooperationsmitglied durch die langjährige Arbeit verinnerlicht hat. Dieser Arbeitskodex beinhaltet die journalistische Sorgfaltspflicht und die Festlegung, wann eine Publikation das »WDR-NDR-SZ«-Label erhält. Bei den gemeinsamen Veröffentlichungen gilt der Grundsatz der Gleichzeitigkeit mit einer gemeinsamen Sperrfrist. Da sich die Journalist:innen allerdings bewusst sind, dass gerade wegen der Crossmedialität je nach Veröffentlichungszeitpunkt unterschiedliche Zielgruppen erreicht werden, kann diese Sperrfrist variabel sein.
Aus diesen mäßig starken Strukturen und aus der flachen Hierarchie lässt sich auf Basis der von Heft (2021) angeführten Klassifizierung von Journalismus-Netzwerken schließen, dass es sich beim Rechercheverbund von WDR, NDR und SZ um ein medium degree-Netzwerk handelt, das in der Mitte zwischen einer top-down– (feste Abmachungen) und einer bottom-up-Struktur (Eigeninitiative) liegt (vgl. Heft 2021). Die Kooperationsstruktur lässt sich angelehnt an Hefts Kategorisierung der Intensität von Zusammenarbeit als intensiv bezeichnen, da es einen konstanten Wissenstransfer gibt (vgl. Heft 2021: 458): Ein regelmäßiger Austausch erfolgt u. a. in gemeinsamen Konferenzen. Die Journalist:innen nehmen diesen Austausch als intensiv, kollegial und großzügig wahr. Größere Recherchen werden als besonders kommunikationsintensiv beschrieben. Ausgeschlossen vom Austausch sind Kontaktdaten und Dokumente sensibler Quellen.
Wie von Forschungsfrage 2 aufgezeigt, lassen sich Konflikt- und Problemfelder bei der Zusammenarbeit identifizieren. Diese Konflikte lagen bei der Recherche im gelegentlichen Alleingang einer Redaktion, den unterschiedlich hohen Ressourcenaufwendungen und im organisatorischen Aufwand. So ist vor allem das Gefühl, mehr in eine Recherche zu investieren (Personen, Zeit, Finanzen) als die anderen, Ursache für Frust und Unzufriedenheit. Damit kann Kayser-Brils (2018: 62f.) Kritik an der mangelnden Aktivität von Kooperationspartner:innen und dem hohen Koordinationsaufwand bestätigt werden. Aber: Wenig Motivation und schlechte Kommunikation, wie von Konow-Lund (2019: 4) konstatiert, spielen hier keine Rolle. Bei der Frage nach Finanzierungskonflikten war die Auskunftsbereitschaft am schwächsten – hier konnten oder wollten die Befragten wenig Angaben machen und beschränkten sich darauf, Konflikte bei der gerechten Arbeitsteilung zu benennen. Es wird deutlich, dass es auch hier keine festgeschriebene Vorgehensweise gibt. Vielmehr wird von Fall zu Fall neu entschieden und versucht, über die Jahre einen gleichmäßigen Arbeitsaufwand zu generieren. Diese Ergebnisse widersprechen denen von Kayser-Bril (2018: 62f.): Die Kosten von kollaborativen Projekten sind nicht per se höher als die von Einzelrecherchen, vielmehr ist die gerechte Verteilung der Kosten das Entscheidende. Hier sind die Befragten anders als bei Kayser-Bril der Ansicht, dass sich finanzielle Unstimmigkeiten durch die Erfolge der Projekte, also den Nutzen, wieder ausgleichen.
Vorwürfe von Wettbewerbsverzerrung und Quersubventionierung waren ebenfalls ein Thema, das von einigen Interviewpartner:innen während des Interviews angesprochen wurde, ohne dass die Frage gestellt worden wäre. Die Aussagen zu dieser Thematik sind sehr verschieden. Mal beschreiben die Journalist:innen nur, ob und wie dafür gesorgt werde, dass den Vorwürfen keine Grundlage gegeben wird, mal dementieren sie die Kritik; zwei Personen zeigen Verständnis für die Vorwürfe. Grundsätzlich sind sich alle Befragten der Kritik bewusst und können diese teilweise sogar nachvollziehen, sind aber davon überzeugt, dass im Verbund ausreichend darauf geachtet werde, keine Angriffsflächen zu bieten. Bezüglich der Auseinandersetzung mit der Kritik im journalistischen Alltag geben sieben Personen an, dass besonders beim Ressourceneinsatz und dessen Finanzierung darauf geachtet werde, der Kritik keinen Anhaltspunkt zu bieten. Laut den Befragten werden die Reisekosten der ARD-Sender auf der einen und der SZ auf der anderen Seite strikt getrennt, es gebe keinen Geldtransfer von den öffentlich-rechtlichen Medien an die SZ, es werde eine »sehr hohe Sensibilität« (B4) an den Tag gelegt und »feinsäuberlichst« (B9) darauf geachtet, dass die SZ keine Vorteile durch NDR und WDR erhalte. All dies geschehe aber nicht aufgrund von Druck von außen, sondern aus eigenem Interesse daran, keine Quersubventionierung zu betreiben, sagt B4. Auch dürfe generell keine weitere ARD-Anstalt mit in den Verbund aufgenommen werden, damit es keine Wettbewerbsverzerrung gebe (B5). Besonders B5 und B6 machen deutlich, dass die gerechte Aufteilung personeller Ressourcen kontrolliert werde und jede Redaktion auch wirklich etwas zu einer Recherche beitragen müsse, um bei der Publikation genannt zu werden. B3, B6 und B7 betonen, dass die Kooperation sich besonders in der Konferenz manifestiere, kein geschlossenes Recherchekartell sei und nur die Investigativ-Ressorts miteinander kooperieren. Vier Personen weisen darauf hin, dass es inzwischen viele weitere Kooperationen und Netzwerke gebe.
Es lässt sich abschließend auch konstatieren, dass der Rechercheverbund von den Journalist:innen hoch geschätzt wird: Die Befragten messen der Themen- und Darstellungsvielfalt durch die crossmediale Arbeit und der hohen Qualität und Quantität der Rechercheergebnisse große Bedeutung zu. Qualität und Quantität resultieren aus Sicht der Befragten vor allem aus der Tiefe der Recherchen, die dank der Arbeitsteilung und Bündelung von Kompetenzen sowie der Vielfalt genutzter Quellen möglich ist, wie auch von Cairo (2008: 181), Heft (2021) und Sambrook (2018: 27) berichtet: »Gemeinsam können wir da einfach viel mehr in die Tiefe gehen und dadurch auch dann viel genauer berichten, viel umfassender berichten und das ist eben der große Wert der Kooperation.« (B5). Aus den vielfältigen Ausspielwegen und den ausrecherchierten Veröffentlichungen folgern fünf Befragte eine publizistische Schlagkraft und besondere Reichweite der drei kooperierenden Medienhäuser: »Und diese Schlagkraft entsteht halt zum einen dadurch, dass man mit einer gewissen Manpower in die Sache reingehen kann und dann natürlich auch […] dadurch, dass man die Möglichkeit hat, auf verschiedenen Ausspielwegen Menschen zu erreichen« (B2). Für fast alle Befragten sind zudem die diversen Fähigkeiten, Kompetenzen, Expertisen und Qualifikationen, aber auch Ideen und Perspektiven, von denen jede einzelne Person profitieren könne, essenziell für eine Recherche. Hier sind sich die Befragten ihrer eigenen Stärken und Schwächen bewusst und betonen, wie hilfreich die Fähigkeiten ihrer Kolleg:innen seien (vgl. Kayser-Bril 2018: 27; vgl. Lilienthal 2017: 661).
Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Journalismus wird deutlich: Viele Medien halten es inzwischen für sinnvoll, sich für Recherchen mit anderen Redaktionen zusammenzuschließen. Der hier untersuchte Rechercheverbund ist nur ein Beispiel von vielen journalistischen medienübergreifenden Teams, die sich in den vergangenen Jahren in Deutschland und zuvor vor allem in den USA gebildet haben. Bislang scheinen journalistische Verbünde ein nachhaltiger Trend zu sein. Doch wie effektiv ist es auf lange Sicht für die Medienbranche und den Journalismus, wenn immer mehr große Medienhäuser, wie das ZDF oder der Spiegel mit CORRECTIV, der Deutschen Welle oder dem Bayerischen Rundfunk kooperieren, ihre Berichte nicht mehr nur noch ausschließlich für sich selbst machen und es keinen Wettbewerb um die beste Geschichte oder die schnellste Veröffentlichung mehr zwischen den Medienhäusern gibt? Gerade bei der Kooperation rundfunkbeitrags- und privatwirtschaftlich finanzierter Medien muss die Frage aufgeworfen werden, welche langfristigen Wirkungen dies auf die Zahlungsbereitschaft der Abonnent:innen kostenpflichtiger Medienangebote hat. Dies stellt ein spannendes neues journalistisches Forschungsfeld dar, in dem sowohl aus der Rezipient:innen- als auch aus der Journalist:innen-Perspektive untersucht werden könnte, wie sich die Bereitschaft entwickelt, weiter an solchen Kooperationen festzuhalten. Ob Rechercheverbünde tatsächlich ein nachhaltiger Trend sind oder ob die Bereitschaft zurückgehen wird – das wird sich voraussichtlich erst in den nächsten Jahren zeigen. Eine dritte wissenschaftliche Perspektive ist zu nennen: In künftigen Inhaltsanalysen könnte der qualitätssteigernde Effekt der beschriebenen Synthese multipler Kompetenzen in konzertierten Recherchen untersucht werden.
Über die Autor*innen
Jessica Kunert, Jun.-Prof. Dr. (*1988), ist seit 2021 Juniorprofessorin für Innovationen und Genderforschung im Journalismus am Journalistischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie erforscht Innovationsprozesse in Redaktionen, wie den Einsatz und die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf den Journalismus und die Journalist:innen. Der Investigativjournalismus liegt ihr dabei besonders am Herzen. Kontakt: jessica.kunert@uni-mainz.de
Luka Simon (*1998) hat 2023 an der Universität Hamburg ihr Masterstudium der Journalistik und Kommunikationswissenschaft absolviert. Nach Mitarbeit beim Hamburger Abendblatt, beim ZDF und bei der Tagesschau ist sie derzeit Volontärin des Norddeutschen Rundfunks. Dieser Fachartikel ist aus ihrer Masterarbeit entstanden.
Volker Lilienthal, Prof. Dr. phil., Dipl.-Journ., ist seit 2009 Professor für Journalistik und Kommunikationswissenschaft und Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur an der Universität Hamburg. Vorher verantwortlicher Redakteur von epd medien. Derzeit leitet er ein Forschungs- und Kompetenztransferprojekt zum Quellenschutz in der digitalen Recherche. Er ist Herausgeber von ›Sagen, was ist‹. Journalismus für eine offene Gesellschaft (Köln [Herbert von Halem] 2024) und als Sachverständiger Mitglied im Verwaltungsrat von Deutschlandradio. Kontakt: volker.lilienthal@uni-hamburg.de
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Zitationsvorschlag
Jessica Kunert, Luka Simon, Volker Lilienthal: Kooperation trotz Konkurrenz. Arbeitsweisen und Konfliktpotenziale in einem investigativen Rechercheverbund. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 2, 2025, 8. Jg., S. 140-160. DOI: 10.1453/2569-152X-22025-15304-de
ISSN
2569-152X
DOI
https://doi.org/10.1453/2569-152X-22025-15304-de
Erste Online-Veröffentlichung
Juli 2025