von Daria Gordeeva
Abstract: Kurz nachdem der erste russische Panzer über die ukrainische Grenze rollte, zog die Regierung die Zensurschraube fester an. Mit geballter Kraft gingen das Parlament, die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor, die Generalstaatsanwaltschaft und das Justizministerium gegen Medien vor, die die Deutungshoheit des Kremls über die ›Spezialoperation‹ in der Ukraine gefährden könnten. Im Eilverfahren wurden Gesetze beschlossen, die sich gegen angebliche ›Falschinformationen‹ richten und neben hohen Geldstrafen bis zu 15 Jahren Haft vorsehen. Die Webseiten unabhängiger[1] Medien wurden reihenweise gesperrt, mindestens 150 JournalistInnen sahen sich im Zuge einer Repressionswelle gezwungen, ins Exil zu gehen. Doch verstummt sind ihre Stimmen nicht – sie fanden neue Wege und Formate, auch über die Landes- und Sprachgrenzen hinaus. Wie schaffen es unabhängige JournalistInnen, unter den Bedingungen der Kriegszensur wahrhaftig und kritisch zu berichten? Auf welchen Kanälen stellen sie Fragen, die der Kreml nicht hören möchte, und geben Antworten, die Roskomnadsor verbieten würde? Wo finden sie Freiräume? Wie gehen NutzerInnen mit Netzblockaden um? Dieser Essay gibt einen Einblick in die Medienlandschaft, die am 24. Februar 2022 in ein Davor und ein Danach geteilt wurde.
»Krieg ist Frieden.« Als russische Raketen auf ukrainische Städte fielen, fand sich der Parteislogan aus Orwells Dystopie in der Pressemitteilung von Roskomnadsor. Am 26. Februar 2022 verbot die russische Medienaufsichtsbehörde, die Handlungen der russischen Armee in der Ukraine als ›Angriff‹, ›Invasion‹ oder ›Kriegserklärung‹ zu bezeichnen, und drohte mit Sperrungen und Geldstrafen (vgl. Roskomnadsor 2022b). Parallel zur ›Spezialoperation‹, wie der Einmarsch in das Nachbarland in der offiziellen Sprachregelung heißt, begann die russische Regierung eine weitere Offensive auf eigenem Boden: gegen kritische Medien.
Wie der Staat eine Kriegszensur einführt, ohne von ›Krieg‹ oder ›Zensur‹ zu sprechen
Artikel 29 der Verfassung der Russischen Föderation verbietet Propaganda und Zensur und garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung. De facto führte der Staat jedoch Kriegszensur ein und kriminalisierte unabhängige Berichterstattung. Im Eilverfahren beschloss das Parlament ein Gesetz, das für die »öffentliche Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation« hohe Geldstrafen, Pflicht- und Besserungsarbeiten oder bis zu 15 Jahre Haft – abhängig vom Straftatbestand – vorsieht [Art. 207.3, Strafgesetzbuch]. Ziele des Militäreinsatzes seien der Schutz der Interessen der Russischen Föderation und ihrer BürgerInnen, die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit. Als ›Falschinformationen‹ gelten somit alle Informationen, die von den Verlautbarungen der offiziellen Stellen, etwa des Außen- und des Verteidigungsministeriums, abweichen. Mit seiner Unterschrift setzte Präsident Putin am 4. März 2022 das Gesetz in Kraft.
Das Justizministerium erweiterte die Liste der sogenannten ›ausländischen Agenten‹. Als solche werden in Russland Nichtregierungsorganisationen und Medien, aber auch einzelne Journalistinnen und Wissenschaftler, Menschenrechtsverteidiger und Aktivistinnen gelabelt, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten und politisch tätig sind. Dieser Status geht mit hohen bürokratischen Hürden einher, schränkt den Zugang zu Informationsquellen maßgeblich ein und kommt einer Stigmatisierung gleich (vgl. The Village 2021).
An der Zensurschraube drehten nicht nur die Medienaufsichtsbehörde, das Parlament und das Justizministerium, sondern auch Redaktionen staatlicher Medien. FernsehjournalistInnen berichten von Überwachungen und internen Ermittlungen, Kündigungen, Drohungen und aufgerüsteten Sicherheitskräften vor Eingängen in Studios und Redaktionsräume (vgl. Borsunowa/Bablojan 2022). Verschärft wurden die Maßnahmen, nachdem die Mitarbeiterin vom Ersten Kanal (Perwy Kanal) Marina Owsjannikowa während einer Live-Ausstrahlung der abendlichen Hauptnachrichtensendung Wremja mit einem Antikriegsplakat ins Bild lief, auf Russisch die Fernsehnachrichten als Lüge entlarvte und auf Englisch eine Botschaft an die Weltöffentlichkeit richtete: »Russians against war.«
Die Entwicklungen der letzten Monate ließen Russland im Ranking der Pressefreiheit in den dunkelroten Bereich abrutschen: auf Platz 155 von 180 Ländern, zwischen Aserbaidschan und Afghanistan (vgl. RSF 2022b). Marie Struthers, Direktorin für Osteuropa bei Amnesty International, sprach von »einer Strategie der verbrannten Erde […], die die russische Medienlandschaft in Ödland« verwandelt habe (vgl. Amnesty International 2022).
Verwandelte sich die Medienlandschaft tatsächlich in »Ödland«?
Nach der Einführung neuer Paragraphen ließen die konkreten Auswirkungen auf die Medienlandschaft nicht lange auf sich warten. Am Tag des Kriegsbeginns forderte Roskomnadsor die Medien auf, sich in ihren Meldungen ausschließlich auf Informationen und Daten aus »offiziellen russischen Quellen« zu stützen (vgl. Roskomnadsor 2022a), drohte mit Strafen und einer unverzüglichen Blockierung. Aber: Kaum ein Medium beugte sich diesen Forderungen. Die Zeitung Nowaja Gaseta, das »Flaggschiff des unabhängigen Journalismus in Russland« (dekoder 2021), erschien am 25. Februar zweisprachig, auf Russisch und Ukrainisch, mit dem Cover »Russland. Bombardiert. Die Ukraine.« Bald darauf ordneten die Generalstaatsanwaltschaft und Roskomnadsor die Sperrung zahlreicher Webseiten an, die über den Beschuss von Städten durch russische Truppen und zivile Opfer in der Ukraine berichteten und die ›militärische Spezialoperation‹ als ›Angriff‹ bezeichneten. Die Zensurmaßnahmen trafen unter anderem die Webseiten des unabhängigen Fernsehsenders Doschd (TV Rain), des ältesten regierungskritischen Radiosenders Echo Moskwy, der Exilzeitung Meduza und des Medienprojekts Mediazona, gegründet von Aktivistinnen der Punkband »Pussy Riot«. Blockiert wurden außerdem Webseiten von regionalen russischen Medien, zum Beispiel der Online-Projekte aus Sibirien Taiga.info und Ljudi Baikala (deutsch: Die Menschen des Baikals). Der Zugang zu ausländischen Medienangeboten, etwa der BBC, der Deutschen Welle, der ukrainischen Online-Zeitung Ukrajinska Prawda und des belarussischen Online-Portals Zerkalo.io, wurde ebenfalls eingeschränkt. Mehrere ReporterInnen wurden bei der Berichterstattung über Antikriegsproteste in russischen Städten verhaftet (vgl. RSF 2022a), mindestens 150 JournalistInnen verließen seit Kriegsbeginn das Land (vgl. Agentstwo 2022). Um den Einfluss der kritischen Stimmen noch weiter zu schwächen, nahm Roskomnadsor auch Social-Media-Plattformen des Meta-Konzerns ins Visier: Facebook und Instagram wurden blockiert und für »extremistisch« erklärt (vgl. Roskomnadsor 2022c, 2022d; Tass 2022).
Am 3. März 2022, kurz vor dem Inkrafttreten der Änderungen im Strafgesetzbuch, stellte Doschd seinen Sendebetrieb vorübergehend ein, um die MitarbeiterInnen vor Strafverfolgung zu schützen. Am selben Tag beschloss der Direktorenrat von Echo Moskwy, den Sender mitsamt seinen Online-Auftritten nach 32 Jahren Existenz zu schließen. Nowaja Gaseta berichtete zunächst »unter den Bedingungen der Kriegszensur« weiter (Nowaja Gaseta 2022), lediglich der Newsroom stellte seine Arbeit ein. Mit Blick auf die Gesetzgebung entfernte die Redaktion Berichte aus den Kriegsgebieten, nahm Kürzungen vor und machte dabei jeden Zwang zur Selbstzensur kenntlich. Statt des Wortes ›Krieg‹ setze man drei Punkte in spitzen Klammern (<…>) oder den Begriff ›Spezialoperation‹ in Anführungszeichen. Doch am 28. März, nach zwei Warnungen von Roskomnadsor, stellte die Zeitung ihre Arbeit bis zum Kriegsende ein.
Viele unabhängige Medien sehen sich seit Kriegsbeginn mit noch größeren finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Aufgrund der Sperrungen von Webseiten und sozialen Netzwerken gingen die Reichweiten zurück – Partner und Werbekunden sprangen ab, die sich anbahnende Wirtschaftskrise verstärkte diese Tendenz. Am 10. März stoppte YouTube die Monetarisierung aller Videokanäle in Russland (vgl. YouTube Help 2022). Das traf auch unabhängige JournalistInnen, die jetzt umso mehr auf Unterstützung ihres Publikums durch Spenden und digitale Abonnements angewiesen sind.
Gleichzeitig wird die Medienmaschine des Kremls großzügig gefördert. Zwischen Januar und März 2022 stellte die Regierung 17,4 Milliarden Rubel (ca. 250 Millionen Euro) für die Finanzierung der staatlichen Massenmedien bereit – drei Mal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 11,9 Milliarden Rubel (ca. 170 Millionen Euro) betrug der Finanzierungsumfang allein im März (vgl. MinFin 2022). Staatliche Fernsehsender, vor allem Rossija 1, erweiterten die Sendezeiten für politische Talkshows – die Staatspropaganda läuft in einer Endlosschleife. Vor diesem Hintergrund sollte man den Einfluss der unabhängigen Medien auf die öffentliche Meinungsbildung in Russland nicht überschätzen. Eine Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum vom März 2022 zeigte, dass sich 70 Prozent der Bevölkerung hauptsächlich aus dem Fernsehen informieren. Mehr als die Hälfte der Russen (54 Prozent) vertrauen den Nachrichten aus dem Fernsehen, während Internet-Medien und soziale Netzwerke mit 17 bzw. 15 Prozent wesentlich schlechter abschneiden (vgl. Lewada-Zentrum 2022a). Im Mai 2022 hielten 53 Prozent der Befragten die Fernsehberichterstattung über die Ereignisse in der Ukraine für vollkommen (21 Prozent) oder größtenteils (32 Prozent) objektiv, nur 15 Prozent sprachen den Fernsehnachrichten die Objektivität ab (vgl. Lewada-Zentrum 2022b). Das Fernsehen, das für die ZuschauerInnen eine Art Parallelrealität der ›Spezialoperation‹ erschafft, ganz im Sinne der Staatsführung, bleibt das Leitmedium und erreicht so gut wie jeden Haushalt.
Warum die kritischen Stimmen trotz allem nicht verstummen
Ist es der russischen Regierung gelungen, ihre KritikerInnen aus der »kleinen, widerspenstigen Medienszene« (Ganske-Zapf zit. in Deppe 2022) zu zähmen? Ja und Nein. Auf der einen Seite ging der Kreml mit drakonischen Zensur- und Einschüchterungsmaßnahmen gegen Medien und JournalistInnen vor, die seine Deutungsmacht über den Ablauf, die Ziele und die Opfer der ›Spezialoperation‹ gefährden könnten. Die Freiräume für unabhängige Medien wurden enger, die Chefredakteurin der Medien- und Wissenschaftsplattform dekoder, Tamina Kutscher, sprach von einem »GAU für die Medienfreiheit in Russland« (Kutscher zit. in Gräff 2022). Auf der anderen Seite sind mit der Zerschlagung der Medienlandschaft weder JournalistInnen verschwunden, die sich nicht vom Staat vereinnahmen lassen und ihrer Arbeit weiterhin gewissenhaft nachkommen wollen, noch das Publikum, das nach unabhängigen Informationen sucht.
Um die von Roskomnadsor angeordneten Sperrungen zu umgehen, richten nicht wenige NutzerInnen auf ihren Geräten ein VPN (Virtuelles Privates Netzwerk) ein. Diese Software anonymisiert den Internetverkehr, verschlüsselt den Standort der jeweiligen NutzerInnen und erlaubt somit den Zugriff auf blockierte Webseiten und soziale Netzwerke. Im März 2022 nutzten 23 Prozent aller RussInnen VPN-Dienste, bei den 18- bis 24-Jährigen lag der Anteil bei 47 Prozent, bei den 25- bis 39-Jährigen nutzte sie jeder Dritte (34 Prozent, vgl. Lewada-Zentrum 2022a). Einen anonymen Zugang ermöglicht auch der Tor-Browser, der hauptsächlich als Eingang ins Darknet bekannt ist. Aufgrund einer dezentralen Internet-Infrastruktur hat Russland im Unterschied zu China »bislang nicht die technischen Möglichkeiten der ›großen Firewall‹« (Haase 2022).
Wenngleich die ›Leuchttürme‹ der kritischen Berichterstattung beinahe erloschen, setzen die Redaktionen vieler regierungskritischer Medien ihre Arbeit fort und scheren sich wenig um Zensur, darunter Mediazona, die Nachrichtenmagazine Republic und Holod, das Investigativportal The Insider und das Studierendenmagazin Doxa.
JournalistInnen, deren Medien die Berichterstattung einstellen mussten, veröffentlichen weiterhin auf (noch) nicht verbotenen Plattformen und Kanälen, allen voran YouTube und Telegram. »Für einen Journalisten ist Schweigen ein Verbrechen. Wir müssen Videos aus der Ukraine zeigen, Geschichten von Menschen erzählen, die gerade unter Beschuss stehen, sonst sehen alle nur Propaganda,« sagt Bogdan Bakalejko von Doschd (Bakalejko zit. in Gorjatschewa 2022). YouTube-Kanäle betreiben zum Beispiel auch die Doschd-Gründerin Natalja Sindejewa sowie Alexej Wenediktow und Sergej Buntman von Echo Moskwy.
Viel Publikumszulauf bekamen ›Oldtimer‹ der YouTube-Szene. Die Journalisten und Blogger Juri Dud[2] und Ilja Warlamow[3] veröffentlichten seit Kriegsbeginn mehrere Interviews, Features und Dokumentarfilme und versahen einige von ihnen mit mehrsprachigen Untertiteln, um auch das Publikum außerhalb des russischsprachigen Raums zu erreichen. So verzeichnete das Interview von Juri Dud mit dem Schriftsteller und Wissenschaftler Boris Akunin 24 Millionen Aufrufe (Dud 2022). Millionenfach angeklickt werden auch Videos auf dem Kanal des Politikers und Bloggers Maxim Katz[4], der seit Kriegsbeginn täglich kurze Analysen mit englischen Untertiteln veröffentlicht, die sich durch sachlichen Ton und scharfe Wortwahl auszeichnen. Auch der Kanal Redakzija[5] (Redaktion) vom ehemaligen Fernsehjournalisten Alexej Piwowarow erreicht mit seinen Wochenrückblicken und Reportagen zwischen zwei und sieben Millionen NutzerInnen. Zu einer der wichtigsten Diskussionsplattformen wurde der YouTube-Podcast der Journalistin Katerina Gordejewa Skaschi Gordejewoi[6] (Sag’s Gordejewa), deren Interviews bis zu sieben Millionen ZuschauerInnen erreichen. Seit Anfang März lässt sie Personen aus Wissenschaft, Politik, Journalismus und Kultur zu Wort kommen: vom Chefredakteur der Nowaja Gaseta und Nobelpreisträger Dmitrij Muratow, über den Soziologen Grigori Judin und Exilschauspielerin Tschulpan Chamatowa, bis zur Duma-Abgeordneten Elena Drapeko, die den russischen Einmarsch in die Ukraine ›Präventivschlag‹ nennt.
Im Zuge der Auswanderung von MedienmacherInnen verschwommen die Landesgrenzen im Journalismus. Der russische Exiljournalismus gewinnt zunehmend an Bedeutung. Der Autor und ehemalige Chefredakteur von Doschd, Mikhail Zygar, der nach Kriegsbeginn nach Berlin zog, schreibt seit März eine Kolumne im Spiegel. Die Journalistin Marina Owsjannikowa, die nach ihrem Antikriegsprotest im Staatsfernsehen Russland verließ, berichtet seit April als freie Korrespondentin für die Welt. Exilredakteure von der vorerst eingestellten Nowaja Gaseta riefen die mehrsprachige Zeitung Nowaja Gaseta. Europa ins Leben, deren erste Printausgabe am 6. Mai in Lettland erschien.
Fazit
Der 24. Februar 2022 teilte das Leben vieler unabhängigen JournalistInnen in Russland in ein Davor und ein Danach. Der militärische Angriff gegen den Nachbarstaat ging mit einer massiven Repressionswelle gegen Medien im eigenen Land einher. Die im vorherigen Abschnitt genannten Beispiele dafür, wie der freie Journalismus den Repressionen standhält, illustrieren zum einen, dass die unabhängigen Stimmen nicht verstummen, sondern neue Wege finden – auch und gerade in Zeiten, in denen das Sprechen schwierig, aber das Schweigen noch schwieriger wird. Zum anderen machen diese Beispiele deutlich: Der Versuch, die russische Medienlandschaft mit den Kategorien ›Staatspropaganda‹ und ›Repressionen gegen Regierungskritiker‹ zu beschreiben, greift eindeutig zu kurz. Erkenntnisbringend ist der Blick auf die Räume des Möglichen im staatsunabhängigen Journalismus. Russische JournalistInnen versehen ihre YouTube-Videos zunehmend mit mehrsprachigen Untertiteln, schreiben für westliche Medien und treten als ExpertInnen auf. Ihre Stimmen macht auch die Online-Plattform dekoder.org für das deutsche Publikum zugänglich. Das Portal übersetzt Analysen, Reportagen und Interviews von unabhängigen Medien aus Russland, ordnet sie in einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang ein und füllt somit Wissenslücken im Russland-spezifischen Tiefenwissen. Das scheinbare Paradoxon ist: Je aktiver der Kreml versucht, die JournalistInnen mundtot zu machen, desto lauter und wichtiger werden ihre Stimmen – auch über die Landes-, Kultur- und Sprachgrenzen hinaus.
Über die Autorin
Daria Gordeeva, M.A. (*1994 in Sankt Petersburg) ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit Januar 2019 ist sie Koordinatorin im BMBF-geförderten Forschungsverbund »Das mediale Erbe der DDR. Akteure, Aneignung, Tradierung«. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Mediendiskurse, filmische Realitätskonstruktionen sowie Erinnerungskultur und Geschichtspolitik im internationalen Vergleich. Sie hat Kommunikationswissenschaft und Wirtschaftswissenschaften an der LMU München studiert. Kontakt: daria.gordeeva@ifkw.lmu.de
Die englische Version dieses Artikels wurde übersetzt von Sophie Costella.
Literatur
Agentstwo (2022): Не менее 150 журналистов покинули Россию после начала войны на Украине [Mindestens 150 Journalisten sind seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine aus Russland geflohen]. In: Agentstwo, 7.3.2022. https://www.agents.media/nezavisimye-zhurnalisty/ (8.5.2022)
Amnesty International (2022): Russland: Kreml geht rücksichtslos gegen Antikriegsbewegung und unabhängige Medien vor. In: Amnesty International, 11.3.2022. https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/russland-kreml-ruecksichtloses-vorgehen-gegen-antikriegsbewegung-unabhaengige-medien (8.5.2022)
Borzunova, Masha; Babloyan, Irina (2022): »Война стала последней каплей«: Что происходит в госСМИ: проверки, увольнения и методички [»Der Krieg war der letzte Tropfen«: Was sich in den staatlichen Medien abspielt: Kontrollen, Entlassungen und Leitlinien]. In: Masha on tour, 21.3.2022. https://borzunova.substack.com/p/–2f6?s=r (8.5.2022)
dekoder (2022): Editorial: Friedensnobelpreis für Dmitri Muratow. In: dekoder, 9.10.2021. https://www.dekoder.org/de/article/friedensnobelpreis-2021-muratow-novaya-gazeta (8.5.2022)
Deppe, Jürgen (2022): Medien in Russland: Aus für Kreml-kritische Zeitung »Nowaja Gaseta«. In: NDR.de, 29.3.2022. https://www.ndr.de/kultur/Novaya-Gaseta-Aus-fuer-Kreml-kritische-Zeitung-in-Russland,russland1614.html (8.5.2022)
Dud, Juri (2022): Акунин – что происходит с Россией / What’s happening to Russia. In: vDud, 4.3.2022. https://youtu.be/70RmF0rPj9o (27.6.2022)
Gorjatschewa, Elisaweta (2022): Эхо Москвы и Дождь закрыты, но это не значит, что замолчали и их журналисты. Рассказываем, где их теперь смотреть, слушать и читать [Echo Moskwy und Doschd sind geschlossen, aber das bedeutet nicht, dass ihre Journalisten schweigen. Wir erzählen Ihnen, wo man sie jetzt sehen, hören und lesen kann]. In: Meduza, 27.3.2022. https://meduza.io/slides/eho-moskvy-i-dozhd-zakryty-no-eto-ne-znachit-chto-zamolchali-i-ih-zhurnalisty-rasskazyvaem-gde-ih-teper-smotret-slushat-i-chitat (8.5.2022)
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YouTube Help (2022): YouTube channel monetisation policies. In: YouTube Help, zuletzt aktualisiert am 10.3.2022. https://support.google.com/youtube/answer/1311392?hl=en-GB (8.5.2022)
Fussnoten
1 Mit dem Begriff »unabhängig« sind in diesem Beitrag Medien gemeint, die keiner staatlichen Kontrolle unterliegen.
2 https://www.youtube.com/vdud (10 Mio. AbonnentInnen, Stand: 8.5.2022)
3 https://www.youtube.com/ivarlamov (3,49 Mio. AbonnentInnen, Stand: 8.5.2022)
4 https://www.youtube.com/maxkatz1 (1,37 Mio. AbonnentInnen, Stand: 8.5.2022)
5 https://www.youtube.com/Редакция (3,14 Mio. AbonnentInnen, Stand: 8.5.2022)
6 https://www.youtube.com/skazhigordeevoy (1,08 Mio. AbonnentInnen, Stand: 8.5.2022)
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Zitationsvorschlag
Daria Gordeeva: »Für einen Journalisten ist Schweigen ein Verbrechen.«. Russische unabhängige Medien: Zwischen Verantwortung und Kriegszensur. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 2, 2022, 5. Jg., S. 177-185. DOI: 10.1453/2569-152X-22022-12283-de
ISSN
2569-152X
DOI
https://doi.org/10.1453/2569-152X-22022-12283-de
Erste Online-Veröffentlichung
Juli 2022