Yvonne Malak (2022): Das Moderationshandbuch. Alles, was Radio-Profis wissen müssen

Rezensiert von Thomas Liesen

Yvonne Malak ist in der Radioszene als versierte Expertin bekannt. Sie hat jahrelang als Moderatorin gearbeitet und coacht seit über 15 Jahren Sender im deutschsprachigen Raum. Das vorliegende Werk ist ihr drittes Fachbuch über das Radiomachen und hat das Ziel, Tipps und handwerkliches Rüstzeug zu geben, um »jedes Mal die bestmögliche Show abzuliefern.« Und dies in einem Radio, das für »emotionale Entlastung, Entspannung und gute Laune« steht. Diese Selbstbeschreibung deutet schon an, wer die Zielgruppe des Buches ist: Moderatorinnen und Moderatoren von Mainstream-Sendern, im engeren Sinne vor allem von kommerziellen Mainstream-Radios der einschlägigen Kategorien AC (Adult Contemporary) oder CHR (Contempory Hit Radio). Die Sprache des Buches ist an den Moderationsstil in diesem Radio-Genre angelehnt, direkt und ohne Schnörkel, die Leserschaft wird geduzt.

Dieser Fokus auf ein Radiosegment, das zwar sehr erfolgreich ist, aber eben nur einen Teil der Radiolandschaft ausmacht, ist eine klare Einschränkung, die aus dem Titel des Buches nicht sofort hervorgeht. Dennoch – auch das sei vorweg angemerkt – liefert das Buch Einsichten, die für Moderatorinnen und Moderatoren aller Radioformate und -Genres interessant und nützlich sein können.

Wie ist das Buch nun aufgebaut? Ein gewichtiger Teil beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Moderator*innen und Hörer*innen. Yvonne Malak weist zu Recht darauf hin, dass die Existenz einer Moderation der wesentliche Unterschied ist zwischen Radio und der – vor allem bei der jüngeren Hörerschaft sehr bedeutenden – Konkurrenz der Streamingdienste. Wie nun eine solche Begegnung zwischen Moderation und den Hörer*innen auf der viel zitierten Augenhöhe gelingen kann, wie Moderator*innen Sympathie erwecken, wie sie eine emotionale Verbindung aufbauen können, das greift Malak in mehreren Kapiteln immer wieder auf. Dass Emotionen, die in Sendungen gezeigt oder bei Hörer*innen hervorgerufen werden, der wichtigste Schlüssel sind für eine erfolgreiche Karriere als Moderator*in – denn nur Emotionen ermöglichen unvergessliche Sendungen – das ist nicht neu. Ungewöhnlich ist allerdings, wie präzise und praxisnah Malak Tipps gibt, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Immer wieder zitiert sie Forschungsliteratur, wie zum Beispiel psychologische Studien, sie hat aber auch die internationale Radiolandschaft mit ihren Star-Moderator*innen und deren Erfolgsrezepten im Blick.

Einen weiteren Fokus legt Malak auf die Erforschung der Hörer*innen. Welche Bedürfnisse haben sie? Was interessiert sie, was interessiert sie nicht? Welche Zielgruppe soll überhaupt angesteuert werden? Sehr konkret gibt Malak Tipps, wie Moderator*innen bei Vorbereitung und Durchführung der Sendung das Alltagsleben der Hörer*innen und die Bedürfnisse und Erwartungen an das Medium Radio in ihre Moderationstexte, Sendungselemente oder ihre Ansprechhaltung integrieren können. Da werden als Anregung Listen von typischen Themen des Alltags vorgestellt oder Forschungsergebnisse zu Milieus in der Bevölkerung zitiert, mitsamt den daraus resultierenden Implikationen, wie diese Milieus erreicht werden können. Ein Kapitel über Content fügt hinzu, welche Themen laut Studien für Radiohörer*innen Relevanz haben.

Zwei weitere Kapitel (»Der Break« und »Das Skript«) rücken ein zentrales Thema des Radio- und Audiojournalismus in den Mittelpunkt: die Sprache. Malak erläutert dabei mit erfrischender Klarheit und anhand vieler Formulierungsbeispiele, wie Moderator*innen Inhalte hörgerecht auf den Punkt bringen – in einfacher, klarer und präziser Sprache. Sie brandmarkt zu Recht Floskeln und zitiert Studien über die – zunehmend geringe – Aufmerksamkeitsspanne gerade von jungen Hörer*innen, um ihr Plädoyer für das Moderieren ohne Umschweife überzeugend zu begründen. Auch hier macht sie konkrete Vorschläge, wie Moderator*innen Emotion und persönliche Ansprache dabei ins Spiel bringen können. In weiteren Buchkapiteln wird auf den Einsatz von Musik eingegangen, auf Storytelling, Teasing und einiges mehr. Auch Tipps von Star-Moderator*innen bekommen ihr eigenes Kapitel.

Yvonne Malaks nunmehr drittes Lehrbuch ist von hohem Nutzwert für ein klar begrenztes Segment: das Moderieren in vorwiegend kommerziellen Unterhaltungs- und Musiksendern. Das Buch liefert für diese Zielgruppe auf knapp 200 Seiten detailreich und fundiert enorm viele praxisnahe Tipps, wie mit Radio Reichweite generiert werden kann – für Radiomacher*innen, gerade auch solche mit Praxiserfahrung, eine echte Fundgrube. Aber diese – im Gegensatz zu anderen Moderations-Fachbüchern – fast überbordende Fülle an Details könnte auf unerfahrene, erst angehende Moderator*innen oder Journalismus-Studierende wohl auch verwirrend und erschlagend wirken. Hier sei auf andere Fachbücher verwiesen, die etwas mehr die grundlegenden Moderations-Basics nahebringen wollen.

Etwas kritikwürdig scheint die erwähnte, vollständige Fokussierung auf Mainstream-Radios. Der Buchtitel verrät dies zunächst nicht. Obgleich die Zahlen klar belegen, dass andere Radioformate wie Kultur- und Inforadios deutlich weniger Reichweite erzielen: Ihre Bedeutung für die Radiolandschaft und auch als Arbeitgeber für Moderator*innen ist mitnichten so gering, dass ein vollkommenes Übergehen dieses Segments in einem »Moderationsbuch« für »Radio-Profis« gerechtfertigt wäre. Denn die Hörerschaft dieser eher seriös-journalistischen Formate wächst sogar teilweise in den letzten Jahren. Deren Erfolg beruht allerdings auf anderen Konzepten – auch bezüglich Moderation – als die im Buch vorgestellten. Ein Manko ist zudem, dass das Thema »Interview« im Buch von Yvonne Malak keine Rolle spielt, dabei ist eine gekonnte Interviewführung eine unverzichtbare und hoch anspruchsvolle Kompetenz für Moderator*innen aller Radio-Formate.

Schließlich geht Malak auch nicht auf die Tatsache ein, dass das Medium Radio insgesamt – und in der jüngeren Zielgruppe sogar fast dramatisch – an Reichweite verliert und sich immer mehr verändern wird und auch verändern muss. Ob die im Buch dargestellten, eher klassischen Erfolgsrezepte daher auch mittel- oder sogar langfristig den Publikumserfolg der Sender angesichts dieser Entwicklung garantieren werden oder ob Live-Radio nicht eher vollkommen neu gedacht und entwickelt werden muss, das bleibt abzuwarten.

Dennoch lautet mein Fazit: ein sehr empfehlenswertes Buch für Moderatorinnen und Moderatoren in den vorwiegend kommerziellen Mainstream-Radiosendern. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Über den Autor

Prof. Dr. Thomas Liesen lehrt Audiojournalismus an der Hochschule Ansbach.

Diese Rezension erschien zuerst am 27. Juli 2023 auf rezensionen:kommunikation:medien, abrufbar unter: https://www.rkm-journal.de/archives/23886

Über diesen Titel

Yvonne Malak (2022): Das Moderationshandbuch. Alles, was Radio-Profis wissen müssen. Baden-Baden: Nomos, 201 Seiten, 39,- Euro.