Wie groß ist das ›Elend der Medien‹? Ein Bericht zur ›alternativen‹ Kritik des Journalismus – aus Anlass einer Sammlung von Stimmen (auch) zur Propaganda-Schlacht um die Corona-Berichterstattung

von Siegfried Weischenberg

Abstract: Niemals ist der Journalismus in Deutschland so hart attackiert worden wie in zahlreichen Publikationen einer ›alternativen‹ Medienkritik, die in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Die Schärfe des Tons, der hierbei angeschlagen wird, hat aber noch einmal erheblich zugenommen, seit die ›Mainstream-Medien‹ auf breiter Linie über die Bewältigung der Pandemie berichten. Ihnen wird totales fachliches Versagen vorgeworfen, die weitere Verengung des Meinungskorridors und eine einseitige Propaganda zugunsten der (Impf-) Maßnahmen sowie die völlig fehlende Ausgewogenheit bei der Auswahl der Experten, die zu Wort kommen. Orientiert an Chomskys ›Propagandamodell‹, dessen Genese problematisch war, und/oder Bourdieus hier diskutabler ›Habitustheorie‹ wird ein apokalyptisches Manipulations-Szenario entworfen, das keinen Platz lässt für Reformen, sondern ein völlig neues Medien- und Kommunikationssystem favorisiert – wenn nicht sogar eine ganz andere Gesellschaft. Dabei fällt die Nähe zu Protagonisten auf, die der Szene der ›Verschwörungstheoretiker‹ zugerechnet werden. Bei aller Radikalität unterscheiden sich die ›alternativen Medienkritiker‹ freilich insofern nicht völlig vom ›Mainstream‹, als auch sie im Rudel die Selbstreferenz pflegen und sich ebenfalls darauf verstehen, durch Zuspitzung Aufmerksamkeit zu erregen, auch wenn die Fakten dies nicht hergeben.

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Wer regelmäßig Talkshows guckt, dem ist vielleicht aufgefallen, dass dort neuerdings häufig das Wörtchen ›schwierig‹ auftaucht – und zwar mit einer Konnotation, die ungewohnt wirkt. Verwendet wird es vor allem dann, wenn etwas eigentlich als ›falsch‹ bzw. ›schlecht‹ oder sogar ›absurd‹ bzw. ›abwegig‹ klassifiziert werden soll. Doch der Talkshow-Gast zieht es nun vor, sich bei der Bewertung nicht richtig festzulegen. (Alternative) Kritiker des Journalismus und der Gesellschaft, die seit einigen Jahren vermehrt dicke Bücher vorlegen, sind da nicht so zimperlich, sondern lassen es ganz schön krachen. Im Vergleich dazu ging es noch vor kurzem – in der Regel – deutlich vorsichtiger und auch differenzierter zu (vgl. Weischenberg 2015).

Die Alternative Medien-Kritik (AMK) hingegen ist einseitig, eindeutig, kompromisslos und auch aggressiv. Dies zeigen schon die Titel einschlägiger Bücher. Da geht es nicht mehr nur – mehr oder weniger ausgewogen – um ›Lügenpresse als Kampfbegriff‹ oder die ›Medienkrise‹,[1] sondern um den Generalvorwurf der Propaganda (zuletzt beschrieben als Die Propaganda-Matrix), um ›Rudeljournalismus‹ und sogar um die (durch Medien) in den ›Ausnahmezustand‹ versetzte ganze Welt (vgl. Wernicke 2017; Meyen 2018a). Es geht um die angebliche Sabotage von Wirklichkeit durch die Medien und schließlich Das Elend der Medien. Das Werk Zombie-Journalismus hat das dann noch mal getoppt – und zwar in jeder Beziehung (vgl. Meyen 2021a; Klöckner 2019, 2021; von Mirbach/Meyen 2021).

Das Wirken der AMK zielt in diesen aktuellen Publikationen auf eine fundamentale Systemkritik. Relativierung und Differenzierung, die man andererseits ja gern vom ›Mainstream-Journalismus‹ einfordert und von der Wissenschaft sowieso, gehören nicht zu den erkennbaren Publikationszielen – im ›Corona-Zeitalter‹ weniger denn je.[2] Da tun sich Gräben auf, denn dieser ›Mainstream-Journalismus‹ hatte schon auf ›systemkonforme Kritik‹ an seiner Corona-Berichterstattung aus dem Lager der Medienforschung zum Teil sehr gereizt reagiert. Geradezu »grotesk« sei »die Rüge, ›die‹ Medien nähmen die Einschränkungen von Grundrechten hin wie Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden«, hieß es gleich zu Beginn der Pandemie in der FAZ (d‘Inka 2020).

Die AMK hat diesen ›Grundrechte-Diskurs‹ sowie andere Berichterstattungs-Monita ausgeweitet zu einer Generalabrechnung mit dem real existierenden Journalismus in Deutschland, der in ihren Augen abgewirtschaftet hat. Sie findet durch aktuelle Medienbeobachtung all ihre Urteile und Vorurteile bestätigt und bezieht beim Thema ›Covid-19‹ einen prinzipiell anderen Standpunkt als der ›Mainstream‹. Auf ihren Portalen scheut sie auch nicht davor zurück, Fanpost aus dem Lager der ›Corona-Leugner‹, Impfgegner und ›Querdenker‹ entgegen zu nehmen – also von Leuten, die verschwörungstheoretisch unterwegs sind. Ist ihre ›Medienkritik als Gesellschaftskritik‹ (vgl. dazu auch Klöckner 2017) allein deshalb ›schwierig‹?

1. Die Alternative Medienkritik (AMK) und ihr ›Säulenheiliger‹ Noam Chomsky

Krieg und Frieden: Wilson und Lippmann im Ersten Weltkrieg

Den Auftakt der neuen Gattung hatte das von Jens Wernicke parallel zur Gründung des Online-Magazins Rubikon vorgelegte Buch Lügen die Medien? markiert, welches auf seinen Interviews mit ›Machern‹, ›Denkern‹ und VertreterInnen der ›Zivilgesellschaft‹ beruht. Sie waren vorher zum Teil schon in den internetbasierten Alternativmedien NachDenkSeiten und Telepolis erschienen. Diese Publikation bildet die Basis für wesentliche Argumentationsstränge der AMK, die dann durch die Corona-Berichterstattung eine Fokussierung und Aktualisierung erfahren haben.

Dass der »Korridor der veröffentlichten Meinung inzwischen so schmal ist wie kaum zuvor« (Wernicke 2017: 124), gilt in den Augen der alternativen Kritiker – gerade darin sind sich wohl alle einig – mehr denn je; vom Vorwurf des zu engen Meinungskorridors ist in den einschlägigen Publikationen immer wieder die Rede. Zu den eher ›schwierigen‹ Aussagen gehört hingegen eine Behauptung wie diese: »Unser Land ist mit großen Schritten auf dem Weg in den totalitären Staat – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und nicht sein darf, was den Interessen der Mächtigen widerspricht« (Wernicke 2017: 15). Deshalb fordern Vertreter der AMK einen Systemwechsel und denken dabei offenbar nicht nur an Medien und Journalismus.

Wernickes Buch, das große Beachtung gefunden hatte, ist insofern von besonderer Bedeutung, als hier mit Hilfe von genauen, aber auch tendenziösen/rhetorischen Fragen/Rückfragen und durchweg langen Antworten ins Zentrum gerückt wird, worum es der AMK geht und worauf sie rekurriert. Zentrale Themen (jedenfalls in den Jahren vor der Covid-19-Pandemie) sind dabei die einseitige Kriegsberichterstattung und das, was man als ›kapitalistischen Komplex‹ bezeichnen könnte – das Kuddelmuddel aus kalter Manipulation durch die Herrschenden und gefügigen Medien und Journalisten. Gewarnt wird hier (von dem inzwischen verstorbenen einstigen DJU-Vorsitzenden Eckart Spoo) auch schon davor, dass »die Herrschenden den Aufklärern« schnell mit dem Vorwurf kämen, Verschwörungstheoretiker zu sein; dies sei in der heutigen politischen Propaganda eines der am weitesten verbreiteten Wörter (Wernicke 2017: 97). Der ›Säulenheilige‹ dieses Ansatzes ist (natürlich) Noam Chomsky; der hier zusätzlich aufgenommene Vortrag aus dem Jahre 1997 enthält seine radikale Systemanalyse ›in a nutshell‹ (vgl. Chomsky 2017).

Bis man in dem Buch Lügen die Medien? hierhin kommt, ist in den Antworten, aber auch den Fragen schon eine große Übereinstimmung mit dem dominierenden Propaganda-Ansatz und seinen Anwendungsfeldern (vgl. Wernicke 2017, insbes. 72ff., 96ff., 118ff.) deutlich geworden: Es geht um Krieg und Frieden – »Initialzündung für den Massenaufstand der Mediennutzer« sei hier die Ukraine-Krise gewesen[3] – und um die Durchsetzung der neoliberalen Ideologie mit Hilfe raffinierter (PR-)Techniken, wobei sich aber die meisten Gesprächspartner mit dem Schimpfwort ›Lügenpresse‹ trotz aller Bemühungen des Interviewers offenbar nicht so sehr anfreunden können.[4] Der hier von Wernicke befragte Publizist Ulrich Teusch z. B. zieht stattdessen den Begriff ›Lückenpresse‹ vor und räumt dann sogar ein: »Historisch gesehen gab es wahrscheinlich noch nie so umfassende Informations- und Recherchemöglichkeiten wie heute« (Wernicke 2017: 53).

Gerade beim Thema ›Krieg, Propaganda und Medien‹ ist Noam Chomsky, der angeblich »meistzitierte Intellektuelle der Welt« (Wernicke 2017: 95), freilich kein unproblematischer Gewährsmann.[5] Denn dieser auch in anderen einschlägigen Publikationen der AMK häufig erwähnte und hochgelobte Denker stützt seine zentrale These der ›Staatspropaganda‹ auf die Vorgänge um den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg im Jahre 1917. Dabei habe es sich, so behauptet er, um eine von langer Hand vorbereitete Propaganda-Aktion interessierter Kreise aus Politik und Wirtschaft gehandelt, mit dem Ziel, die Kriegs-Phobie der Bevölkerung zu unterlaufen. Die habe Präsident Woodrow Wilson nur benutzt, um gewählt zu werden. »Doch er hatte von Anfang an vor, in den Krieg einzutreten«, behauptet Chomsky (Chomsky 2017: 114) – eine These, die Wilsons Rolle und Person nicht gerecht wird und nicht zu den Erkenntnissen der historischen Forschung passt. Die USA beteiligten sich erst an diesem Krieg, aus dem sie dann als der eigentliche Sieger hervorgingen, als Deutschland den U-Boot-Krieg ausgeweitet hatte.

Wilson zögerte lange, seine Zustimmung zu geben – und als er dann endlich seinen Widerstand aufgab, verlangte er dafür idealistische Motive. Die lieferte ihm sein junger ›Spin-Doktor‹ Walter Lippmann (1889-1974), der sich nach Kriegsbeginn vom Sozialisten zum Konservativen gewandelt hatte und die USA an der Seite der europäischen Alliierten sehen wollte. Lippmann, der später zum berühmten Publizisten und Vertrauten fast aller US-Präsidenten bis nach dem Zweiten Weltkrieg aufstieg (vgl. Buhl 1974), hatte deshalb mit seinen pazifistischen Freunden auf der radikalen Linken gebrochen (vgl. Steel 1980, insbes. S. 81ff., 88ff., 95ff., 108ff.). Dazu gehörte auch der später legendäre Abenteurer John Reed (1887-1920), sein Studienfreund aus Harvard-Zeiten, der dann die Oktoberrevolution als Augenzeuge beobachtet und darüber das – von Lenin mit einer Empfehlung geadelte – Buch Ten Days That Shook the World (1920/21) geschrieben hat. Die offizielle Begründung für die Entscheidung zugunsten des Kriegseintritts lautete schließlich, nun international als Kämpfer für die Demokratie aufzutreten – ein Narrativ, das ein Jahrhundert lang Bestand hatte und erst im August 2021 mit dem Abzug der U.S.-Truppen aus Afghanistan (vorerst?) aufgegeben worden ist.[6]

Wie komplex politische Entscheidungsprozesse ablaufen und wie schwierig es gerade für den Journalismus – eingebunden in systemische Zwänge im engeren und weiteren Sinne – ist, den hohen Ansprüchen der Kritiker gerecht zu werden, lässt sich am Beispiel des Ersten Weltkriegs modellhaft aufzeigen, in den die Völker durch ein Bündel von Verstrickungen und Fehleinschätzungen ihrer Herrscher geraten waren (vgl. Clark 2013). Gerade Schuldfragen lassen sich dann nur schwer beantworten – und dies gilt in unserer Zeit z. B. auch für den Kosovo-Krieg und den Ukraine-Konflikt, die als kritische Fälle für die AMK eine zentrale Rolle spielen (vgl. z.B. Wernicke 2017: 238ff., 55ff., 123ff.).

Walter Lippmann und die Genese von Staatspropaganda und Public Relations

Was die Rolle des amerikanischen Präsidenten betrifft, so könnten sich Chomsky und Lippmann gemeinsam immerhin auf eines berufen: »Each saw in Wilson what he wanted to see« (Steel 1980: 107). Doch die Quellen weisen aus, dass erst deutlich später als seine Umgebung »Wilson himself became a prisoner of the war fever« (Steel 1980: 124).. Allein die Umstände der Friedensverhandlungen seit Ende 1916, deren Protagonist auf russischer Seite Leo Trotzki war,[7] zeigen, dass es hier – anders, als von Noam Chomsky verschwörungstheoretisch unterstellt – jedenfalls keinen ›Masterplan‹ des Weißen Hauses gab, der schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs existiert hätte; dort hatte man sich keineswegs von vornherein »auf den Kriegseintritt festgelegt und mußte nun«, wie Chomsky behauptet, mittels ihres neuen ›Komitees für Öffentlichkeitsinformation‹ (kurz ›Creel-Comission‹) »etwas gegen die friedfertige Stimmung unternehmen«, die damals in den USA herrschte (Chomsky 2006: 29).[8]

Auf dieser Erzählung aber hat der zum alternativen Medienkritiker gewordene Linguist sein ganzes Gebäude der Genese von Propaganda und Public Relations errichtet. Die zentrale Botschaft lautet dabei, mit Hilfe der inszenierten Kriegshysterie sei die Lawine von Beeinflussung losgetreten worden, welche für Jahrzehnte die Zeitläufte in den USA und Europa bestimmt habe. Hitler habe damals »nicht zu Unrecht« geschlussfolgert, dass »Deutschland im Ersten Weltkrieg eine Niederlage erlitt, weil es die Propagandaschlacht verloren hatte« (Chomsky 2017: 116).

Chomskys so generierte Manipulationsthese leitet bis heute die Diskurse der AMK – und deshalb haben wir dies hier ausführlicher dargestellt. In diesem Zusammenhang ist auch Walter Lippmann (wieder) ins Zentrum des Interesses gerückt worden, dessen nach dem Ersten Weltkrieg publiziertes Buch Public Opinion zu den Meilensteinen der Kommunikationsforschung gezählt wird. Darin geht es – neben der Entdeckung von »stereotypes« und den »pictures inside the heads« als Handlungsdeterminanten – in besonderem Maße darum, den Journalismus nicht mit Wahrheitsansprüchen zu überfordern, denn

news and truth are not the same thing, und must be clearly distinguished. The function of news is to signalize an event, the function of truth is to bring to light the hidden facts, to set them into relation with each other, and make a picture of reality on which men can act.[9]

Diese Beschreibung, die ja eine erkenntnistheoretische Basis hat, entlastet den Journalismus in gewisser Weise von übertriebenen Ansprüchen – Ansprüche, die von der AMK nun ins Extrem getrieben werden. Dieser Aspekt interessiert Chomsky (und seine späteren Anhänger) aber nicht weiter; im Vordergrund steht bei ihnen Lippmanns Rolle als Propagandist des ›manufacturing consent‹, deren Zuschreibung aber ohne weitere Belege auskommt. Politische Führer seien dadurch in der Lage, dem formalen Wahlrecht

jede Bedeutung zu nehmen […] und so die Wahlmöglichkeiten und Einstellungen der Menschen derart zu beschränken, dass sie letztlich immer nur gehorsam tun werden, was man ihnen sagt […]. So sieht laut Lippmann eine echte Demokratie aus, die funktioniert, wie es sich gehört. Das ist die Lehre, die er aus den bisherigen Erfahrungen mit Propaganda zieht (Chomsky 2017: 117f.).

Zusätzlich bietet Chomsky zum »Doyen der amerikanischen Journalisten« noch eine gewagte These zur angeblichen Ähnlichkeit zwischen dessen liberal-demokratischer Theorie und dem Marxismus-Leninismus an, welche auf die angeblich gemeinsamen ideologischen Voraussetzungen zielt. Lippmann zufolge könne »lediglich eine kleine Elite […] das Interesse der Allgemeinheit adäquat in die Tat umsetzen. Das ist eine sehr alte und zugleich typisch leninistische Sichtweise, die hervorragend mit Lenins Konzept einer revolutionären Avantgarde harmoniert« (Chomsky 2017: 30).[10]

Walter Lippmann an die Seite gestellt wird der Politikwissenschaftler Harold Dwight Lasswell. Dieser hat durch die nach ihm benannte Formel, die Kommunikationsprozesse als Einbahnstraße beschreibt und insofern einem Propaganda-Modell verpflichtet ist, auch in der Kommunikationswissenschaft reüssiert. Lasswell sage ganz offen, stellt Chomsky fest, »dass man sich nicht auf demokratische Dogmen versteifen dürfe. […] Auch in dieser Hinsicht wurden also die Lehren aus den Erfahrungen der Kriegszeit gezogen […]« (Chomsky 2017: 121f.). Im an dieser Stelle parallel präsentierten Info-Kasten wird ›Propaganda‹ definiert als »Versuch der gezielten Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen«; Charakteristika der dabei angewendeten Methoden seien die Vermischung von Meinung und Information sowie u. a. Verschweigen, Lügen, Verleumdungen, Dämonisierung, Verzerrungen und Doppelmoral (vgl. Chomsky 2017: 118ff.). Das kann – im Klang ganz anders als zu Zeiten der Frühgeschichte des Begriffs – ja wohl nur pejorativ gemeint sein.

Drei Jahre nach Jens Wernickes ambitioniertem Medienkritik-Kompendium hat sich der AMK dann durch Covid-19 ein Thema angeboten, das geradezu ideal geeignet schien, ihre grundlegende Kritik der Kommunikationsverhältnisse zu präzisieren und zu plausibilisieren. Dabei greift sie erneut herzhaft auf den Propaganda-Ansatz von Chomsky zurück; einst – als dieser Begriff noch nicht durch Corona kontaminiert war – war der Linguist von seinem Verlag auf dem Rücken des Buchs Media Control schon als »einer der wichtigsten Querdenker der USA« ausgewiesen worden.

2. Die Bourdieu-Tradition: Medienkritik als Gesellschaftskritik

Vom ›Elend‹ der Medien und der Demokratie in der Pandemie

Der von Alexis von Mirbach und Michael Meyen unter dem Titel Das Elend der Medien. Schlechte Nachrichten für den Journalismus vorgelegte Beitrag zur AMK orientiert sich zwar ebenfalls an Noam Chomsky, rekurriert theoretisch und im empirischen Zugriff aber primär auf Pierre Bourdieu (vgl. dazu auch Weischenberg 2014: 144-151). Was Thema und Titel angeht, gilt dies hier auch terminologisch, denn man sieht sich in der Tradition von Bourdieus berühmter Studie Das Elend der Welt (La misère du monde) (Bourdieu 1997). Gespräche mit ziemlich willkürlich ausgewählten Journalisten, Journalismus-Kritikern und ›Medien-Konsumenten‹ bilden die ›empirische‹ Grundlage, wobei Meyen die auf diese Weise zustande gekommenen Erträge so bewertet: »40 Stimmen zum ›Elend der Medien‹ (genauso viele hat einst das Team um Bourdieu gesammelt) sind auch 40 Stimmen zum ›Elend der Demokratie‹« (von Mirbach/Meyen 2021: 11). Und dies ist (irgendwie) das eigentliche Thema dieses Buches.[11]

In besonderem Maße auf Bourdieu Bezug genommen hatte zuvor auch Marcus Klöckner in seinem Werk Sabotierte Wirklichkeit, in dem vor allem nachgewiesen werden sollte, dass der Journalismus zur ›Glaubenslehre‹ verkommen sei. Darin war einer der wenigen überzeugenden Versuche zu finden, den französischen Soziologen – mit Hilfe notwendiger Transformations-Operationen – für den Diskurs über Medien und Journalismus nutzbar zu machen (vgl. Weischenberg 2012: 246-264). Unter Berufung auf eine Aussage Bourdieus führte dies schon dort zu dem radikalen Postulat »Wir brauchen ein neues Mediensystem« (Klöckner 2019: 215ff.).

Meyen und Mirbach nun verknüpfen ihren Titel direkt mit einer persönlichen Erfahrung, denn sie waren im Frühsommer 2020 mit einem Beitrag im Blog Medienrealität auffällig geworden, »in dem Ken Jebsen und sein Portal KenFM neutral positiv behandelt wurden«, so Meyen in seinem Vorwort »Vom Elend der Demokratie« (von Mirbach/Meyen 2021: 10).[12] Auf diese Weise war man sogar in die aktuellen Medien (u. a. die Süddeutsche Zeitung) geraten und hatte sich den Zorn von KollegInnen im Münchener Institut zugezogen (vgl. Krass 2020; Demmelhuber 2020; Meyen 2020b, Rötzer 2020). Meyens Kommentar dazu bildet sozusagen die Leitlinie für die Gespräche und ihre Einordnung in diesem Buch:

Erwartet wurden offenbar [im Fall des Online-Journalisten Jebsen, der bei Impfgegnern in hohem Ansehen steht, SW] Nicht-Beachtung oder Distanzierung. Dass das nicht geht, wenn man nach dem ›Elend der Medien‹ fragt und nach der Zukunft des Journalismus, wird hoffentlich in diesem Buch deutlich. Fortan hatten wir beide ein Kontaktschuld-Problem (von Mirbach/Meyen 2021: 10).

In dem zentralen Kapitel über das ›andere‹ journalistische Feld kommen in dem Buch die vier Publizisten Florian Rötzer, Paul Schreyer, Jens Wernicke und Marcus Klöckner zu Wort. Man lernt, dass sie durchweg schwierige Biographien meistern mussten, auf bestimmten, ihnen freundlich verbundenen Portalen unterwegs sind (Rubikon, multipolar, NachDenkSeiten sowie Telepolis) und kompetent, wenngleich bisweilen sehr zugespitzt und auch ungerecht über Medien und Journalismus nachdenken und reden können. Und dass sie – wie diverse andere Gesprächsteilnehmer – zum Thema ›Covid-19‹ eine sehr eigene Meinung vertreten. Schreyer, Autor des Bestsellers Chronik einer angekündigten Krise, formuliert es so: »Ich würde […] nicht mit einem Journalisten reden, der von Corona-Leugnern spricht« (von Mirbach/Meyen 2021: 170).

Um über das Weltbild dieser Autoren aufgeklärt zu werden, bedurfte es des Buchs von Meyen und von Mirbach eigentlich nicht; gerade die Positionen von Wernicke und Klöckner waren durch andere Beiträge zum Thema bereits gut bekannt. Der ziemlich grimmig wirkende Wernicke, Gründer des Rubikon, zieht freilich an dieser Stelle in besonderem Maße vom Leder. »Unser Ausgangspunkt«, sagt er, sei: »Wir werden hier belogen und betrogen« (von Mirbach/Meyen 2021: 192). Vor dem Gespräch mit ihm, so berichtet Interviewer Meyen, habe dieser noch schnell eine Anwältin verabschiedet, die zu den Köpfen der ›Stiftung Corona-Ausschuss‹ gehört. Später sagt Wernicke dann: »Mir war von Tag eins klar, dass [der Kritiker der Corona-Maßnahmen Wolfgang] Wodarg der Experte ist, weil er sowohl über Seuchen und Epidemiologie Bescheid weiß als auch über die Verbrechen der Pharmaindustrie« (von Mirbach/Meyen 2021: 193).

Noch etwas anderes wird gerade hier deutlich: Wie sehr sich auch bei den ›Alternativen‹ die Medien auf Medien beziehen und die Akteure auf Akteure. Selbstreferenz haben die ›Mainstream-Medien‹ und ihre Journalistinnen und Journalisten also nicht exklusiv, wobei zudem zu registrieren ist, dass ›alternative Journalistinnen‹ offenbar eine besonders kleine Minderheit darstellen. Hier und in den anderen einschlägigen Publikationen wird auch nicht ›gegendert‹ – und es wird ein eigentlich doch auffälliger Widerspruch nicht thematisiert oder gar aufgelöst: zwischen dem immer wieder (wohl mit Recht) beklagten Neoliberalismus als Grundmelodie der ›Mainstream-Medien‹ und der empirisch gut belegten Tatsache, dass es schon traditionell eine ›Linkslastigkeit‹ in den politischen Einstellungen der Journalistinnen und Journalisten in Deutschland gibt (vgl. dazu auch Weischenberg et al. 2006a; Hanitzsch et al. 2020).

Das ›andere‹ journalistische Feld: Positionen und (Selbst-)Referenzen

Zwar wird auch in der Münchner Stimmensammlung und den verbindenden Texten der Herausgeber immer wieder auf den (journalistischen) Umgang mit der Pandemie Bezug genommen, doch in dem Buch Zombie-Journalismus geht es dazu – aber auch bei anderen Themen – ungleich fulminanter zur Sache. Hatte sich der eigentlich als besonnen geltende Autor Marcus Klöckner zuvor in besonderem Maße um Probleme fehlender Repräsentanz in den Medien aufgrund einer verfehlten Rekrutierungspraxis gekümmert (vgl. Klöckner 2019), so nimmt er nun den Journalismus als Manipulations-Instrument ins Visier. Da gibt es eine Menge origineller (sprachlicher) Einfälle; das Buch ist stilistisch glänzend geschrieben – wenngleich in der Form eines riesigen Leitartikels, den man sich härter und einseitiger kaum vorstellen kann.

Entworfen wird ein Bild des Journalismus, in dem sich die meisten Akteure der ›Mainstream-Medien‹ wohl nicht wiedererkennen werden, auch wenn der Autor auf eine umfangreiche Sammlung von Negativ-Beispielen zurückgreifen kann, mit deren Hilfe er manchen Treffer landet. Klöckner führt den Ball eng am Fuß und nimmt diverse Akteure und Institutionen gnadenlos aufs Korn, wobei er keinem Konflikt (und Wortspiel) aus dem Wege geht. Konsequent folgt er dem alten Luhmann-Bonmot »Der Gag heiligt die Mittel«, wenn es darum geht, Medienkritik als Gesellschaftskritik zu üben und Nachweise für den Niedergang des Journalismus zu führen.

Damit öffnet er freilich eine Flanke: Ist es denn wirklich so, dass der Journalismus in früheren Zeiten das Postulat erfüllt hätte, die Macht- und Herrschaftsverhältnisse in Frage zu stellen? Haben sich die Journalistinnen und Journalisten – insbesondere in der ›Bonner Republik‹ – mehrheitlich als kritisches Pendant zum herrschenden System oder nicht eher als seine ›Diener‹ verstanden (vgl. Weischenberg 1987)? Sind die ›Leitmedien‹ »ihrer Aufgabe, den Diskurs innerhalb der Öffentlichkeit abzubilden« (Klöckner 2021: 26), damals tatsächlich eher nachgekommen als heute?

Das, was da aktuell angeführt wird, hat aus guten Gründen schon vor Jahrzehnten auf der Agenda von Soziologie und Kommunikationswissenschaft gestanden. Den Namen C. Wright Mills führt der Autor selbst an (vgl. Klöckner 2021: 254f.). Hinweisen könnte man des Weiteren auf die Empirie insbesondere zur Versippung der Presse mit der lokalen Machtelite, die zuerst in der ›Wertheim-Studie‹ nachgewiesen wurde (vgl. Zoll 1974; Wolz 1980), auf Hans Magnus Enzensbergers Ausführungen zur Theorie der ›Bewusstseins-Industrie‹ (Enzensberger 1971 [1962]) sowie z. B. auf Botho Straußens Polemik »Anschwellender Bocksgesang«, die in den 1990er-Jahren für Aufsehen gesorgt hatte (Strauß 1994; vgl. dazu auch Weischenberg 2018: 209ff.). Und schließlich auf all das, was Kommunikator-, Qualitäts-, Glaubwürdigkeits- und Nachrichtenforschung sowie die Studien zur Auslandsberichterstattung und zur Rolle der Nachrichtenagenturen in den vergangenen Jahrzehnten an kritischen Befunden zusammengetragen haben.[13] Da wurde eine Menge der Probleme bearbeitet, die nun aktuell neue Sichtbarkeit gewinnen. Die Forderung nach mehr Vielfalt in den Redaktionen und in den Wirklichkeits-Konstruktionen (vgl. Merten et al. 1994) gehört zentral dazu und allgemein das Grundproblem, die Organisation des Mediensystems in einer kapitalistischen Gesellschaft so zu gestalten, dass es demokratischen Ansprüchen gerecht werden kann.

Klöckner liefert zu diesen Sujets einen Text im polemischen Dauer-Stakkato. Ziemlich unklar bleibt dabei bis zum Schluss, ob es sich vorsätzlich um Satire handeln soll (die bekanntlich alles darf) oder doch um die Textsorte ›Sachbuch‹, die selbst Konsistenz-Tests unterliegt, Widerspruchsfreiheit beweisen muss und Faktenchecks unterworfen wird – etwa, wenn es um ein solch ernstes Thema wie die Covid-19-Pandemie geht und hier insbesondere um die Frage, wie man die Bevölkerung (durch Impfung) schützen kann.

Schlechte Nachrichten für den Journalismus (in Form von Medienkritik) gibt es, seit es Journalismus gibt (vgl. Weischenberg 2015), aber noch schlechtere als in diesem Buch kann man heute wohl kaum irgendwo finden – wobei das rigorose Gesamturteil im Untertitel (›Tod der Meinungsfreiheit‹) offenbar nicht einmal von jemandem wie Jens Wernicke geteilt wird: »Im öffentlichen Diskurs – so er denn stattfindet – ist die Meinungsfreiheit noch weitgehend gewährleistet«, meint er (Wernicke 2017: 333).

Klöckner versucht sein rigoroses Urteil hier u. a. durch ein Streitgespräch zwischen Norbert Bolz und Harald Welzer zu belegen, das im Juni 2021 vom Sender Phoenix ausgestrahlt wurde. Medienwissenschaftler Bolz, der früher eine Reihe von interessanten Büchern geschrieben hat und seit langem als Vortragsredner begehrt ist, war zu diesem Zeitpunkt schon dadurch aufgefallen, dass er inzwischen eigenwillige Ansichten zu den Kommunikationsverhältnissen in der Republik vorträgt. Obwohl der gelernte Philosoph eigentlich einen aufklärerischen Anspruch erhebt und sich gut in der Systemtheorie auskennt, polemisiert er seit einigen Jahren generell gegen alle Formen von Political Correctness und das Mainstreaming des ›Gutmenschentums‹ in den Medien. Im Besonderen geht es ihm um die vielen ›Oberlehrer‹ im Journalismus; im Schweizer Fernsehen attackierte er den »medialen Pranger« und Sendungen wie das Heute Journal. Dies alles kommt bei der AfD gut an, und deshalb ist er mit einem einschlägigen Vortrag auch bei deren Desiderius-Erasmus-Stiftung aufgetreten, die von Erika Steinbach geleitet wird.[14]

Unter dem vielversprechenden Titel »Jeder kann jederzeit alles sagen – Ja, und schon ist die Rübe ab!« hat sich Klöckner eingehend mit dieser Sendung beschäftigt – nicht zuletzt, um seine apokalyptische These zu untermauern. Die Eröffnung klingt hier zunächst recht plausibel: »Der Gradmesser der Meinungsfreiheit ist nicht, was auf einem Blog mit fünfzig Lesern sagbar ist, sondern, was dort sagbar ist, wo sich eigentlich die Mitglieder eines pluralistisch verfassten Gemeinwesens in einer Demokratie artikulieren sollen.« Die Frage ist dann nur, ob man behaupten kann, dass in den ›Massen-Medien‹ tatsächlich vieles ›unsagbar‹ ist – ein Vorwurf, mit dem man bei Bolz, wie sich auch bei dieser Gelegenheit zeigte, offene Türen einrennt. Soziologe Welzer, in Hinblick auf Medien und Journalismus keineswegs unkritisch, erlaubte sich nun, u. a. mit folgenden Worten dagegen zu halten:

Meinungsfreiheit bedeutet ja schon, dass man das, was ich jetzt hier sage, von Herrn Bolz oder vielen anderen Zuschauerinnen und Zuschauern und so weiter durchaus kritisieren lassen kann. Das halte ich auch aus. […] Dieses ist ja nach wie vor in unserem Land gegeben.

Wer die Sendung gesehen hat, wird sich erinnern, dass sich Welzer mit weiteren Argumenten gegen Pauschalurteile wehrte, dabei aber stets einräumte, dass die Kommunikationsverhältnisse alles andere als ideal sind. Doch damit konnte er bei dem Autor des Buchs Zombie-Journalismus überhaupt nicht punkten. Der will den ›Star-Soziologen‹ und ›Vorzeigeintellektuellen‹ hier bei der Berufsehre packen und spricht ihn sehr direkt und sehr persönlich an. Angesichts der Tatsache, dass fast die Hälfte der Bevölkerung Angst habe, ihre Meinung zu äußern, müsse man doch die Realitäten anerkennen: »Da könnte man durchaus – vor allem als Soziologe! – darauf kommen, dass wir es hier mit einem vom ›rechten Spektrum‹ losgelösten Problem zu tun haben.« Die Soziologie müsse »endlich mal in die Pötte« kommen und das machen, »was sie eigentlich soll: Macht-, Herrschafts- und real vorhandene Unterdrückungsverhältnisse zu analysieren und mit dem entsprechenden Nachdruck auch öffentlich zu kritisieren« (Klöckner 2021: 15f.).

Das Ergebnis dieser Analyse und Kritik steht für Klöckner freilich fest: Er fordert (wie die ganze AMK) ein neues System für Medien und Journalismus – vielleicht für die Gesellschaft im ganzen. Wie das System aussehen soll, bleibt freilich vage. Aber bei diesem Thema wird es auch wirklich: schwierig.

3. Apocalypse Now: Droht durch Corona der ›Zombie-Journalismus‹?

Lauterbach und Lauterbach und Lauterbach…

Noam Chomsky stellt für die aktuellen Diskurse der AKM auch dadurch Vorlagen bereit, dass er auf die spezifische Beziehung zwischen Journalismus und Wissenschaft aufmerksam gemacht hat, die sich während der Pandemie – jedenfalls, was Virologie und Epidemiologie angeht – so eng wie noch nie entwickelte. Journalisten arbeiteten deshalb eng mit den Universitäten zusammen, weil »es sich bei den Medien um eine Art ideologisches System handelt«, erklärt Chomsky dazu. Insbesondere im Fall von bestimmten anspruchsvolleren Themen müsse man als Journalist »natürlich bei den großen Unis anklopfen, um einen Experten zu finden, der Ihnen sagt, was Sie schreiben sollen« (Chomsky 2017: 110). Beim Thema ›Covid-19‹ bedeute dies in Deutschland, so moniert Klöckner voller Zynismus, aber nicht Empirie-fern, dass die Expertenstühle in den Polit-Talkshows von vornherein alle vergeben seien:

Weder Wodarg noch [der ›Corona-Unternehmer‹ und ›Jebsen-Promotor‹ Michael] Ballweg, noch sonst irgendjemand, der die Angst und Panik so, wie es angebracht wäre, relativieren wollte, hätte in einer der Polit-Talkshows sitzen können. Die Stühle waren nämlich besetzt. Hauptsächlich von Karl Lauterbach, von Karl Lauterbach und von Karl Lauterbach. Und dann war da auch noch Karl Lauterbach, Karl Lauterbach und nicht zu vergessen: Karl Lauterbach. (Klöckner 2021: 106. )

Insbesondere bei seiner Abrechnung mit der Corona-Berichterstattung macht Klöckner in der Rolle des Wutbürgers ohnehin keine Gefangenen. Auf der Strecke bleiben dann z. B. die »ehemals großartige« taz und insbesondere der von Klöckner eigentlich »sehr geschätzte« Stephan Hebel (FR), weil der sich erdreistet hatte, die Kultur-Promis mit ihrem umstrittenen (hier passt das von Klöckner bekämpfte Wörtchen wirklich) Video #allesdichtmachen zu attackieren (Klöckner 2021: 66, 111). Der Verteidigung dieser Aktion und ihres Protagonisten, des Schauspielers Josef Liefers, wird in diesem Buch viel Raum gewidmet – ehe es dann am Ende sogar eine ›Ken-Jebsen-Ecke‹ gibt (Klöckner 2021: 108-153, 263-270).

Klöckner ist gewiss kein ›Corona-Leugner‹. Deutlich übertrieben ist aber seine Abrechnung unter dem kategorischen Titel »Journalismus in Corona-Zeiten: ein Totalausfall«. Berechtigt wäre gewiss die Kritik, dass hierzulande (anders als z. B. in Südafrika) zu viele der politischen Maßnahmen inkonsistent und der Kommunikationen in Politik und Medien kryptisch waren. Dazu gehört auch, dass der Begriff ›Lockdown‹ zwar inflationär, aber meistens schief verwendet wurde. Doch mit solchem Tadel gibt sich Klöckner nicht zufrieden, sondern lässt sich bei seiner selektiven und auch redundanten Kritik sehr weit tragen. Bisweilen zielt diese auch völlig daneben, etwa, wenn im Zusammenhang mit dem Impfen vom »Arier-Nachweis« die Rede ist (Klöckner 2021: 36ff., 156).

Andererseits erscheint eine Reihe der präsentierten Beispiele zu den Schieflagen und Ungleichgewichten der Berichterstattung durchaus zwingend, so dass die Rede vom ›Elend der Medien‹ hier sogar berechtigt erscheint. Beim ›schwierigen‹ Thema ›False Balance‹ – der angeblich unangemessenen gleichen Gewichtung von ›Außenseiter-Meinungen‹ in den Medien (Beispiel: der Virologe Hendrik Streeck) – hat übrigens Bild mitgezogen; auch das Boulevardblatt vertritt die Auffassung, dass mit Hilfe dieser Formel unliebsame, kritische Forscher, die nicht dem Mainstream der ›Zero-Covid‹-Verfechter zuzurechnen sind, mundtot gemacht werden sollten (o. V. 2021).

Wirklich streiten kann man über die generelle Aussage, »unsere ›Leitmedien‹« kämen »ihrer Aufgabe, den Diskurs innerhalb der Öffentlichkeit abzubilden, nicht mehr nach. Die gesamte Pandemie ist gekennzeichnet durch die Abwesenheit dieses echten Diskurses.« Es wird nicht wenige Zuschauerinnen und Zuschauer geben, die entgegnen würden, dass solche Diskurse – auch mit ›Außenseitern‹ wie den Virologen Hendrik Streeck, Jonas Schmidt-Chanasit und Alexander Kekulé – z. B. in der Talkshow Markus Lanz regelmäßig stattgefunden haben. Gewiss: Leute wie Wolfgang Wodarg, Michael Ballweg oder gar Ken Jebsen tauchten dort (vielleicht ja aus guten Gründen?) nicht auf.

Gleich zu Beginn seines Buchs hatte Marcus Klöckner (auch hier per direkter Ansprache) mit folgendem Sturmangriff auf die journalistischen Profis Zweifel an seiner Kritik abgeräumt:

Sagen wir es doch geradeheraus: Mit ›objektiv‹ und mit ›weltbestem Journalismus‹ hat das, was viele von euch Journalisten in der Pandemie abgeliefert haben, so viel zu tun wie die ›aufgepeppten‹ Geschichten des Kreativreporters Claas Relotius mit seriösem Journalismus: nichts. Der Journalismus unserer Zeit ist, auch wenn ihr das nicht hören wollt, zu einem Zombie geworden. […] Der Zombie-Journalismus ist das genaue Gegenteil, wofür Journalismus stehen sollte: Objektivität, Sachlichkeit, Neutralität, Ausgewogenheit, Meinungsvielfalt. Die grundlegende Entwicklung von einem Journalismus, der nicht ›sagt, was ist‹, sondern sagt, was sein soll, ist seit Langem zu beobachten. Die Schamlosigkeit, mit der nicht mehr nur einzelne Journalisten, sondern Redaktionen gleich reihenweise Journalismus zur Durchsetzung ihrer Weltbilder missbrauchen, kann man nur noch als journalistische Schande bezeichnen (Klöckner 2021: 11f.).

›Im tiefsten Dreck der Modernen Medienlandschaft‹

Auf den Schultern des Riesen Noam Chomsky hat Michael Meyen nun noch schnell ein Werk folgen lassen, das einem Endzeit-Frame gerecht zu werden versucht, und zwar nicht nur beim Titel. Ursprünglich sollte dieser schlicht »Die Medien-Matrix« lauten, so berichtet der Verfasser. Doch Rubikon-Herausgeber Jens Wernicke habe auf Die PropagandaMatrix bestanden: »Sonst verkauft sich das nicht«. An den Verkauf hat man natürlich auch beim Klappentext gedacht. Und da lesen wir ganz oben die Sätze:

Der Journalismus ist tot. Mit oder an Corona gestorben, nach langem Siechtum. Schon vorher war die ›vierte Gewalt‹ schwer krank, hing arbeitsunfähig und durchseucht von Politik am Tropf der Industrie. Das Virus hat dem Patienten nur den finalen Schlag versetzt. Im Untergang bekämpft der Medien-Mainstream alle bis aufs Messer, die seinen Job übernehmen könnten. Es wird verboten, verleumdet, zensiert und gelöscht. Wer die falschen Fragen stellt, wird zum Schweigen gebracht.

So etwas vernehmen Studierende der Journalistik und Kommunikationswissenschaft gewiss mit großer Begeisterung. Da gibt es natürlich Legitimationsbedarf, und dem hat der Autor – der mit seiner Präsenz auf nahezu allen Kanälen schon seit einiger Zeit unter Beweis stellt, wie gut er die Generierung von Aufmerksamkeit selbst beherrscht – gleich multimedial gerecht zu werden versucht: Mit einem ›Rubikon-Exklusivinterview‹, einem pünktlich zum Erscheinen des Werks in seinem Büro (vor der obligatorischen Bücherwand) geführten Gespräch, das sofort auf Youtube präsentiert wurde (28.8.2021), sowie in einem Buch-Auszug, der im Online-Medium multipolar erschien; dazu gibt es dann noch freundliche Leser-Kommentare sowie Pressestimmen aus befreundeten Quellen (vgl. Meyen 2021b; Gratias 2021). Da soll noch jemand sagen, dass sich die AMK nicht auf das Mediengeschäft unter den herrschenden Bedingungen versteht. Kein Wunder, dass z. B. der Rubikon-Verlag nach eigenen Angaben einschlägige Bestseller am Fließband produziert, die bei Amazon fleißig und durchweg enthusiastisch rezensiert werden.

Die beiden Interviews erfüllen freilich nicht gerade die Kriterien des ansonsten eingeforderten kritischen Journalismus; man fühlt sich wie im Streichel-Zoo – etwa, wenn es wegen der ›Propaganda-Matrix‹ um die angeblich düstere Zukunft geht und dazu nachher charmant berichtet wird: »Warum strahlt Michael Meyen dann beinahe in die Kamera, während er mit Jens Lehrich spricht? Den Gesichtsausdruck eines Menschen, der im tiefsten Dreck der Modernen Medienlandschaft wühlt, stelle ich mir anders vor« (Gratias 2021).

Seinen weitgefassten Propaganda-Begriff stellte Meyen in dem freundlichen Büro-Gespräch zum Thema »Journalismus mit oder an Corona gestorben« unter Rekurs auf seine DDR-Erfahrungen vor, die er vor einiger Zeit gleichfalls in Buchform aufgearbeitet hatte (Meyen 2020a). Was da im Moment passiere, sei ihm deshalb ziemlich vertraut, berichtet er. Seine Begegnung mit einem Gleichgesinnten übertrifft – was die Rolle des Gesprächspartners angeht, der den Plausch mit Kopfnicken oder verständnisvollem Lächeln begleitet – sogar noch das »eines Pulitzer-Preises würdige Interview«, welches Ingo Zamperoni in den Tagesthemen mit Bill Gates geführt hat; so bissig qualifizierte der Autor des Buchs Zombie-Journalismus hier die Leistung des Moderators (Klöckner 2021: 278).

Bei seinem Versuch, ›Medien-Propaganda‹ in Ost und West zu parallelisieren, hat sich Meyen aber vorsichtshalber zunächst mal von der ›Presseformel‹ des Wladimir Iljitsch Uljanow, auf den Chomsky ja gerne rekurriert, verabschiedet (vgl. dazu auch: Meyen 2020c), um dem Meister dann aber um so entschiedener auf den Spuren des Walter Lippmann und des PR-Gurus Edward Bernays zu folgen. Doch auch hier erweist er sich selbst als Spin-Doktor – z. B. bei den schon erwähnten Stichworten ›Stereotype‹ und ›Funktion von Nachrichten‹. Die Darstellung passt nicht richtig zu Lippmanns Text, wird aber (für die AMK) passend gemacht. Etwa durch einen Satz wie diesen: »Wir sehen nur, was uns die Bilder in unserem Kopf sehen lassen. Russland auf Expansionskurs. Die USA als Hort der Menschenrechte. SARS-CoV-2 als Killervirus.« Und dann folgt eine nicht untypische salvatorische Klausel: Wer mag, der könne »aus Walter Lippmann einen frühen Journalismuskritiker« machen (Meyen 2021b). Dem würde wohl nicht einmal Noam Chomsky folgen. Nein, Lippmann war als ›Kommunikationswissenschaftler‹ ein (früher) Analytiker der Strukturen und Funktionen von Medien und Journalismus.

Michael Meyen schließt mit dem autobiographischen Bekenntnis: »Meine symbolische Sinnwelt ist 1989/90 untergegangen. Und das, was nach ihr kam, muss mich erst noch überzeugen« (Meyen 2021b). Das klingt gar nicht so apokalyptisch und passt auch nicht zu dem Anspruch, auf der Basis von vielen Gesprächen Munition für eine alternative Medienkritik zu sammeln, die – zumal im ›Corona-Zeitalter‹ – kein gutes Haar am real existierenden Journalismus lässt.

Vielleicht passt das Wörtchen ›schwierig‹ (im ursprünglichen Wortsinn) doch, wenn es um die Empirie der Kritik an Medien und Journalismus geht – vor allem, wenn man dabei mit einem ambitionierten Frame operieren will, der eigentlich ›Apocalypse Now‹ heißen müsste. Sollte die sonst so friedliebende AMK also nicht doch besser durch (sprachliche) Abrüstung zum Diskurs beitragen?

Über den Autor

Dr. Siegfried Weischenberg arbeitete zunächst jahrelang als Redakteur und Reporter, ehe er an die Hochschule wechselte – zunächst, um Journalistinnen und Journalisten auszubilden. Nach einer Journalistik-Professur an der Universität Dortmund (1979-1982) wurde er auf Lehrstühle an der Universität Münster (1982-2000) und der Universität Hamburg (2000-2014) berufen, um dort Kommunikationswissenschaft und Mediensoziologie zu lehren. Er lebt jetzt in Hamburg und Port Alfred (Südafrika). Kontakt: weischenberg@gmail.com

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Fussnoten

1 Vgl. Lilienthal/Neverla 2017; Weischenberg 2018. Deutlich milder, aber nicht unkritisch gingen mit der eigenen Zunft die PraktikerInnen um (vgl. z. B. Kleber 2017; Gerster/Nürnberger 2017). Für all diese und andere ›ausgewogene‹ Publikationen gilt, dass sie – anders als die Publikationen der AMK (jedenfalls in ihrer Blase) – nicht besonders beachtet wurden.

2 Ähnliche Aufmerksamkeit – wegen der pauschal-kritischen Grundhaltung des Autors – hatten zuvor Bücher Udo Ulfkottes (Ulfkotte 2001, 2014) erregt, wobei letzteres als Bestseller damals offenbar eine Marktlücke füllte.

3 So der Medienforscher Uwe Krüger (Krüger 2017: 127); vgl. dazu auch seine viel beachtete Publikation Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen (2016).

4 Vgl. Wernicke 2017, z. B. 46, 61 und 83. Anders der Philosoph Werner Rügemer; ›Lügenpresse‹ sei »ein eingeführter demokratischer Kampfbegriff« (Wernicke 2017: 86).

5 Dies kann der an Differenzierungen Interessierte wohl generell auf Chomskys zweifellos faszinierende Systemkritik beziehen, in deren Zentrum die These der Fabrikation von Konsens steht (vgl. Herman/Chomsky 1988). Der hier besprochene Text ist z. T. identisch mit der Einführung zu Noam Chomskys Buch über Medien-Manipulation (Chomsky 2006).

6 Die einschlägige Forschung ausführlicher darzustellen ist an dieser Stelle nicht möglich. Vgl. dazu z. B. Tuchman 1982 [1958], Tuchman 1984; Münkler 2013, insbes. S. 518f., 621, 653ff., 788f.; Kershaw 1980 sowie, noch deutlicher Herzfeld 1980: 75-127; darin wird u. a. Wilsons »ehrlich gemeinte Neutralitätspolitik« biographisch begründet (106ff.).

7 Vgl. dazu seine Memoiren (Trotzki 1930, insbes. 347ff.) sowie Steel 1980: 128ff.

8 Zu den Mitgliedern des Creel-Komitee gehörte neben Lippmann auch Edward Bernays, der später (1928) das Standardwerk Propaganda schuf.

9 Lippmann 1965 [1922]: 85ff., 18, 226; vgl. dazu auch Weischenberg 1995: 172ff., 228ff.)

10 Vgl. dazu auch z. B.: Wolkogonow 2017 [1993]. Eine solche ›Harmonie-Lehre‹ wurde in einem Aufsatz, der im Jahr des Mauerbaus in einer DDR-Fachzeitschrift über Lippmann erschien, natürlich nicht bestätigt. Aber auch hier wird Lippmann als Vertreter der »Interessen der Imperialisten« beschrieben und als Fälscher, der es verstehe, Lügen durch Einstreuen halber Wahrheiten glaubhaft zu machen. Chomskys Konsensthese kommt dann die Behauptung nahe, Lippmann verdanke »seine einzigartige Stellung in der imperialistischen Journalistik dem Umstand, daß keiner seiner Kollegen so geschickt diese Aufgabe [Zustimmung der Regierten für die Regierenden, SW] im Interesse der herrschenden Klasse erfüllt hat […]« (Herr 1961: 423-51).

11 Dieses Werk wurde von mir bei r:k:m ausführlicher besprochen (vgl. https://www.rkm-journal.de/archives/22964).

12 Vorausgegangen war einige Zeit zuvor ein Auftritt Meyens in Ken Jebsens Youtube-Kanal KenFM (›Freie Medien für freie Menschen‹); vgl. dazu Meyen 2018b.

13 Vgl. z. B. Weischenberg 2002 [1995]; insbes. S. 152ff., 293ff.; Weischenberg et al. (Hrsg.) 2006a sowie auch: Forschungsgruppe zu Propaganda in Schweizer Medien (2017); Altschull (1984): Steffens [Stefan Zickler] (1969).

14 Auf Youtube kann man diesen Auftritt besichtigen.


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Zitationsvorschlag

Siegfried Weischenberg: Wie groß ist das ›Elend der Medien‹?. Ein Bericht zur ›alternativen‹ Kritik des Journalismus – aus Anlass einer Sammlung von Stimmen (auch) zur Propaganda-Schlacht um die Corona-Berichterstattung. In: Journalistik. Zeitschrift für Journalismusforschung, 3, 2021, 4. Jg., S. 199-217. DOI: 10.1453/2569-152X-32021-11778-de

ISSN

2569-152X

DOI

https://doi.org/10.1453/2569-152X-32021-11778-de

Erste Online-Veröffentlichung

November 2021

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