»Ich glaube, dass Journalismus sich zwingend verändern muss« Zum Verhältnis von akademischer Journalismus-Ausbildung und journalistischer Praxis

Von Gabriele Hooffacker und Nicola Moser | Generative Sprachmodelle und KI-Tools sind im Journalismus zu unverzichtbaren Werkzeugen geworden – bei der Datenanalyse, Recherche, Übersetzung, Ideenfindung und vielem mehr. Wie wird sich der Einsatz von Tools wie Chat-GPT auf das journalistische Berufsbild und die akademische Lehre auswirken? Die Auswertung der vorliegenden Experteninterviews zeigt, dass Chat-GPT und ähnliche KI-Tools in der akademischen Journalismus-Ausbildung bereits jetzt eine Rolle spielen. Doch während die Hochschullehre vermutet, dass generative Sprachmodelle das Berufsbild des Journalisten nicht grundlegend verändern, sondern lediglich erweitern, sieht der befragte Experte aus der Praxis eine grundlegende Verschiebung im Verhältnis zwischen Redaktion und Publikum. Zudem beschreibt er, wie KI-Tools längst gängige Praxis in den Redaktionen sind.

Gefährdeter Journalismus, gefährdete Demokratie Anmerkungen zur Medienentwicklung in Zeiten der Digitalisierung

Von Thomas Hauser | Digitalisierung und Ökonomisierung verändern nicht nur den öffentlichen Raum und damit den öffentlichen Diskurs. Alle können heute mit allen kommunizieren. Das ermöglicht theoretisch einen herrschaftsfreien Diskurs, führt aber aktuell eher zu einem babylonischen Medienmix: Fake News, Propaganda und PR stehen gleichrangig neben seriösen Informationen. Viele reden, aber kaum jemand hört zu. Diese Entwicklung unterhöhlt die Geschäftsmodelle klassischer Medien und stürzt den Journalismus in eine Legitimitätskrise. Der Text analysiert diese Entwicklung und benennt die großen Herausforderungen für Medien und Gesellschaft.

Im Kulturkampf Rechte Medien und die Bedeutung von Sicherheitsthemen bei den US-Wahlen 2024

Von Fred Vultee | Die US-Wahl 2024 verdeutlicht, welche politische Sprengkraft eine medial erzeugte oder verstärkte Unsicherheit in der Bevölkerung hat – jenes Gefühl also, kulturelle Werte und das soziale Gefüge seien in Gefahr. Dieses Gefühl wird ununterbrochen durch episodische Nachrichten bestärkt, beispielsweise zu den Themen Migration und Kriminalität. Die einzelnen Informationen müssen nicht falsch sein, durch ständige Wiederholung und besondere Sichtbarkeit einzelner Ereignisse entsteht aber das verzerrte Bild eines Landes, das in einem Notstand und nur durch extreme politische Aktionen zu retten sei. In den USA fördern parteiische Medien wie Fox News solche Vorstellungen eines Kulturkampfes.

Was ist ein Plagiat im Journalismus? Maßstäbe, nach denen sich Redaktionen richten können

Von Klaus Meier | Der Begriff und die Bedeutung von »Plagiat« wurden in jüngster Zeit aus der Wissenschaft in den Journalismus unreflektiert übernommen. Das ist hochproblematisch und gefährlich, weil für beide Professionen andere Standards und Maßstäbe gelten, aber alleine der öffentliche Vorwurf des Plagiats das Potenzial hat, Ruf und Karrieren zu zerstören. Dieser Essay möchte zu einer differenzierten Debatte beitragen und damit auch dazu, dass Skandalisierungen zum Thema Plagiat im Journalismus vermieden werden. An welchen Maßstäben kann man sich also orientieren? Bei der Recherche und beim Schreiben – ebenso wie bei aufkommenden Vorwürfen nach der Veröffentlichung? Was ist eine gängige, was eine angemessene journalistische Praxis – und was ein »No go«?

Gegenerzählungen für »Selberdenker« Ein Versuch der Einordnung von »Alternativmedien« im konservativen Spektrum

Von Luis Paulitsch | Im digitalen Raum haben »Alternativmedien« für die extreme Rechte an Bedeutung gewonnen. Daneben lässt sich in den vergangenen Jahren eine Zunahme ähnlicher Plattformen beobachten, die tendenziell dem rechtskonservativen Spektrum zugeordnet werden. Derartige Medienprojekte vertreten zwar alternative Positionen, allerdings erweist sich ihr Verhältnis zum kritisierten »Mainstream« als deutlich ambivalenter. In diesem Essay werden mehrere Alleinstellungsmerkmale aufgezeigt, die eine Abgrenzung rechtskonservativer von anderen »Alternativmedien« erlauben. Als Beispiele hierfür dienen die Publikationen Tichys Einblick, eXXpress und NIUS.

Fixer im Krieg Die unsichtbaren ortsansässigen Journalist:innen ausländischer Medien

Von Maryna Grytsai | Sie werden selten als Mitglied journalistischer Teams erwähnt, aber ihr Beitrag zur Auslands- und speziell zur Kriegsberichterstattung ist enorm – auch jetzt in der Ukraine. Die sogenannten Fixer:innen sind Ratgeber und »Führer« (guides) der Auslandskorrespondent:innen; sie helfen diesen, sich in einem fremden Land, einer anderen Sprache und Kultur zurechtzufinden. Zugleich sind sie oft am wenigsten geschützt. Zu den jüngsten Fällen, die das zeigen, gehört der Tod des ukrainischen Journalisten-Fixers Bohdan Bitik, der in Cherson mit einem Korrespondenten der italienischen Zeitung La Repubblica zusammenarbeitete. Nicht nur dieser Fall wirft Fragen auf: Unter welchen Bedingungen arbeiten Fixer, wie ist ihre Arbeit geregelt? Was gehört zu ihren Aufgaben und (wie) werden ihre Rechte geschützt? Der Beitrag sucht Antworten darauf und präsentiert Einschätzungen von Journalist:innen und Medienexpert:innen.

Wie Sprach-KI die Journalismusausbildung verändern kann Ein Werkstattbericht

Von Gabriele Hooffacker | Was generative Sprach-KI leisten kann und wird, ist in Ansätzen zu erkennen. Den Journalismus, den »Beruf zur Öffentlichkeit« (Pöttker 2010), wird sie verändern. Wie sieht Journalismus-Lehre unter diesen Bedingungen aus? Welche Kompetenzen sollten vermittelt werden, welche Kenntnisse und Fähigkeiten konkret? Anstelle einer theoretischen Abhandlung versucht dieser Essay eine Annäherung über eine gemeinsame Erkundung des Themas mit Studierenden. Er gibt einen Werkstattbericht, formuliert mögliche Lernziele für Studierende wie für Lehrende und ermutigt dazu, über erforderliche Kompetenzen für den Beruf zur Öffentlichkeit nachzudenken.

Content Creation Eine neue Phase des Journalismus?

Von Gabriele Hooffacker | Neben die klassischen Anbieter von Nachrichten und Journalismus sind neue Akteure getreten, die mit Begriffen wie »Influencer« oder »Content Creatoren« beschrieben werden. Während unter der Stellenbeschreibung »Content Creator« meist Berufe aus dem Umfeld des Content-Marketing verstanden werden, finden sich unter den erfolgreichen Content Creatoren solche mit journalistischem Anspruch, die auch entsprechend rezipiert werden. Am Beispiel des »Computerspiele-Journalismus«, der in den 1990er- und 2000er-Jahren in Printmedien betrieben wurde, zeichnet Hooffacker Entwicklungsphasen nach, die auch für andere journalistische Themen und Ressorts vorstellbar sind.

(M)ein idealer Schrebergarten Kommunikationswissenschaft auf Besuch bei der Medienregulierung

Von Roger Blum / In den Gremien der Medienregulierung – in Presseräten, Rundfunkräten, Fernsehräten, Publikumsräten, Medienräten – und in den Medien-Ombudsstellen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz wirken absurd wenig Fachleute aus der Kommunikationswissenschaft und dem Medienrecht mit. Das ist ein Mangel. Kenntnisse der Grundrechte und des Medienrechts, der Medienethik, der Journalistik, der Medienstrukturen und der Medienwirkungsforschung helfen, sinnvolle Lösungen zu finden.

Das Elend mit den Bildern Quellenanalyse und Faktenprüfung in Kriegszeiten

von Peter Welchering / Fotos und vor allem Videos werden im hybriden Krieg zur Waffe, Bildmaterial wird gnadenlos gefälscht. Deshalb ist es für Journalist*innen wichtig, grundlegende Kenntnisse der Quellenanalyse und bildforensischer Methoden zu haben. Damit kann man zwar keine Kriegsverbrecher*innen überführen, aber es können durchaus erste Indizien auf Tatzeiten und Tatorte recherchiert werden.